"Voll überzeugt": Bayern rüstet seine Grenzpolizei auf

9.1.2020, 13:45 Uhr
Innenminister Joachim Herrmann hat nun erstmals eine Bilanz gezogen: 31.500 Straftaten haben die Grenzpolizisten im vergangenen Jahr aufgedeckt.

© Lino Mirgeler/dpa Innenminister Joachim Herrmann hat nun erstmals eine Bilanz gezogen: 31.500 Straftaten haben die Grenzpolizisten im vergangenen Jahr aufgedeckt.

Hannah Pauli sitzt in einem der 16 neu angeschafften Großraumfahrzeuge der Grenzpolizei. Der Transporter steht zur Vorführung vor dem Eingang des Albrecht-Dürer-Flughafens in Nürnberg. Innen haben zwei bis drei Beamte bequem Platz. Die 25-jährige Polizistin führt das im Wagen verbaute Dokumenten-Prüfgerät vor. Mit dem Apparat können die Einsatzkräfte schnell feststellen, ob ein Personalausweis oder ein Reisepass echt oder gefälscht ist. Außerdem, so Pauli, lasse sich damit herausfinden, ob nach dem Inhaber des Dokuments gefahndet wird.

"In dem System sind Vergleichs-Dokumente aus 210 Ländern hinterlegt", sagt sie und schiebt einen Pass in das Lesegerät, ein Dokument, den die Grenzbeamten einst sichergestellt hatten. Dass er gefälscht ist, lässt sich an bestimmten Merkmalen feststellen. Hier stimmt das Infrarot-Merkmal nicht, der Ausweis bekommt eine auf dem Monitor eine giftgrüne Farbe. Zum Vergleich stelle ich ihr meinen Personalausweis zur Verfügung. "Hier passt alles. Das Dokument ist echt - und Sie werden auch nicht gesucht", sagt sie und lächelt.

Verdacht der Geldwäsche

Zu den 16 Großraumfahrzeugen inklusive Prüfgerät hat der Freistaat für die Grenzpolizei auch Nachtsichtgeräte, Anlagen für die Erkennung von Kfz-Kennzeichen und Wärmebildkameras angeschafft. In einem Konferenzraum des Airports haben Sicherheitskräfte einen Teil der Ergebnisse aus Kontrollen aufgebaut: Hier liegen Schusswaffen, hochpreisige Rolex-Uhren und ein durchsichtiger Plastiksack voll mit Euro-Banknoten. Mehr als 330.000 Euro sind darin verpackt.

Geld, das Grenzpolizisten im oberbayerischen Raubling in einem Pkw entdeckt hatten, der auf der A8 aus Österreich kam. "Der Fahrer gab an, dass in dem Sack mehr als 100.000 Euro seien. Das Nachzählen hat sich bewährt: Es sind 330.000 Euro gewesen", berichtet Grenzpolizei-Chef Alois Mannichl. Der Verdacht der Geldwäsche steht bei so einem hohen Barbetrag nun im Raum, die zuständige Staatsanwaltschaft ermittelt derzeit.

Heftige Kritik in der Vergangenheit

Die Grenzpolizei startete Mitte 2018 mit 480 Beamten, ihr Sitz ist die Direktion in Passau. Ab 1. Januar 2020 ist das Personal auf 671 aufgestockt worden, zum 1. März 2020 sollen es 721 sein. "Unser Ziel ist es, die bayerische Grenzpolizei bis einschließlich 2023 auf insgesamt 1000 Stellen zu verstärken", so Innenminister Joachim Herrmann (CSU). Mit eingerechnet in diese Zahl werden seit 1. Januar 2020 auch die Beamten der Polizeiinspektion Flughafen, die aktuell zur Grenzpolizeiinspektion umbenannt wurde. Gleiches gilt seit 1. Januar für die Verfügungsgruppe Flughafen der Polizeiinspektion Memmingen, auch sie zählt durch den dortigen Airport heute zur Grenzpolizei.

Herrmann bezeichnet die Gründung und den Ausbau der Grenzpolizei als "Sicherheitsgewinn". Alleine bei den Fahndungstreffern habe es einen Zuwachs von 40,8 Prozent gegeben - gemessen ab dem Zeitpunkt 2017 vor der Gründung. Ohne Grenzpolizei griffen Schleierfahnder 2017 rund 11.000 gesuchte Personen auf. Mit den zusätzlichen Kräften sind es im vergangenen Jahr 15.500 gewesen. Ähnliche Steigerungen verzeichnet die Statistik auch bei Urkundendelikten (etwa gefälschte Ausweispapiere), bei Funden von Waffen und Sprengstoffen sowie Betäubungsmittel- und Verkehrsdelikte.

Für den bayerischen Sonderweg musste die Staatsregierung in den zurückliegenden Monaten teils heftige Kritik einstecken. Nach Ansicht der Grünen hat der Freistaat nicht die Kompetenz, eine Grenzpolizei einzusetzen, das sei Sache des Bundes. Im Mai vergangenen Jahres reichte die Ökopartei deswegen Klage beim bayerischen Verfassungsgerichtshof ein. Der Beschluss steht derzeit noch aus.

"Bajuwarisches Bollwerk"

Minister Herrmann ist zuversichtlich: "Mittlerweile empfiehlt der europäische Gerichtshof sogar den EU-Mitgliedsländern die Schleierfahndung. Wir haben mit unserer Arbeit voll überzeugt."

Die innenpolitische Sprecherin und Fraktionsvorsitzende der Landtags-Grünen, Katharina Schulze, hat dazu eine klare Meinung: "Die heute vorgestellte Bilanz zeigt: Die Grenzpolizei, die als bajuwarisches Bollwerk gegen eine vermeintlich unkontrollierte Migration startete, ist ein völlig überdimensionierter Ausbau der Schleierfahndung in einem nebulösen Konstrukt namens bayerische Grenzpolizei."

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