Nach Hochwasserkatastrophe

Warnung bei Katastrophen: Wie zuverlässig geschieht das von Bayerns Behörden?

19.7.2021, 16:33 Uhr
Wie zuverlässig warnen Bayerns Behörden bei Katastrophen?

© Christoph Hardt via www.imago-images.de, imago images/Future Image Wie zuverlässig warnen Bayerns Behörden bei Katastrophen?

Für viele kamen die Wassermassen in den vergangenen Tagen zu schnell, mehr als 160 Menschen verloren bei den Überflutungen in Deutschland ihr Leben. Bei solchen Katastrophen kommt es auf Minuten an - und darauf, wie die Warnungen die Bürgerinnen und Bürger erreichen. Wie alarmiert der Freistaat in einem solchen Fall und was sind die Probleme dabei? Kann denn auch zu oft gewarnt werden? Einige Antworten:

Auf welche Systeme setzt Bayern bei der Warnung der Bevölkerung?

Es gibt mehrere Standbeine, bei der Information der Menschen vor drohenden Gefahren. Dazu gehören die klassischen Wege der Rundfunkwarnung und Sirenen. Bei der Warnung über Radio- und Fernsehsender könnten auch gleich Verhaltenshinweise übermittelt werden, informiert das Innenministerium in München über einen Vorteil des Systems.

Die Sirenen sollen die Menschen insbesondere dazu animieren, sich aus den Medien über die Details zu informieren. Da mittlerweile in einigen Gegenden kein Sirenensystem mehr vorhanden ist, fahren dort dann die Feuerwehr und die Polizei durch die Straßen und warnen per Lautsprecher.


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Ergänzt werden diese altbekannten Systeme durch moderne Smartphone-Apps. Die App Nina wird dafür vom Bund betrieben, um über Katastrophen und andere bedrohliche Ereignisse wie Großbrände mit starker Rauchentwicklung zu informieren. Die App Katwarn der Fraunhofer-Gesellschaft funktioniert ähnlich, der Deutsche Wetterdienst bietet die App Warnwetter an. Ein Vorteil der Handy-Systeme ist, dass auch Gehörlose mittels Vibrationsalarm gewarnt werden können.

Insgesamt setzte Bayern "auf einen gut ausgewogenen Warnmix", erklärt Ministeriumssprecherin Verena Gros. "Ein bestimmtes System wird nicht bevorzugt."

Sind diese Systeme zuverlässig?

Der erste bundesweiten Warntag im September des vergangenen Jahres hatte die Schwächen offengelegt. Aufgrund von technischen Problemen wurden Warnungen nicht oder zu spät auf die mobilen Telefone übermittelt. Mancherorts warteten die Menschen vergeblich auf Sirenengeheul, mitunter weil viele Sirenen längst abgebaut sind, beispielsweise in München. Das Bundesinnenministerium bezeichnete den Probealarm als "fehlgeschlagen".


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Der ursprünglich für den bevorstehenden September geplante nächste Warntag wurde bereits abgesagt, der nächste nationale Test ist nun erst 2022 geplant. Bis dahin will das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe das System optimieren. Der Aufbau neuer Sirenen und die Instandsetzung alter Anlagen wird laut dem Innenministerium in Berlin mit 88 Millionen Euro gefördert. Die Nina-App wurde bereits auf 40 Millionen potenzielle Nutzer ausgebaut. "Warnsysteme kann es nicht genug geben, deshalb ist ein Ausbau oder eine Verbesserung bestehender Systeme immer zu unterstützen", sagt Gros dazu.

Zudem gibt es Forderungen, künftig auch an alle Mobiltelefone im Notfall automatisch Warn-SMS zu verschicken. Dies verlangt auch der Präsident des Deutschen Landkreistages, Reinhard Sager. "Das sollte bei größeren sich anbahnenden Katastrophen damit auch auf älteren Handys und ohne zu installierende Apps möglich sein", sagte der CDU-Politiker nach den jüngsten Überflutungen. Die Zusammenarbeit zwischen Kommunen, Ländern und dem Bund müsse beim Katastrophenschutz ebenfalls noch besser werden, meinte er.

Hätten die Menschen in den betroffenen Gebieten früher gewarnt werden können?

Der FDP-Fraktionsvize im Bundestag, Michael Theurer, sieht ein "erheblichen Systemversagen" beim Bevölkerungsschutz. Doch andere sind zurückhaltender. So teilt der Bürgermeister vom niederbayerischen Simbach am Inn, das vor fünf Jahren von einer Flut verwüstet worden war, die harte Kritik nicht. "Ich denke nicht, dass der Katastrophenschutz versagt hat", meint Rathauschef Klaus Schmid (CSU). "Es ist eine sehr, sehr schwierige Sache, die Warnungen zeitgerecht hinzubekommen."

Solche unwetterbedingten Fluten kämen sehr kurzfristig, gibt Schmid zu bedenken. Allerdings will auch Simbach das Warnsystem weiter verbessern und setzt dabei auf die altbekannte Sirene. Die damals nach der Überschwemmung beantragten Geräte sollten nun bald zur Verfügung stehen, sagt der Bürgermeister.

Kann auch zu oft gewarnt werden?

Ein drohender Gewöhnungseffekt kann gerade auch bei Unwettern zum Problem werden. Mitunter warnen die Meteorologen großflächig ganze Landstriche, die Warn-Apps leuchten dann in mehreren Landkreisen gleichzeitig auf. Auch Ministeriumssprecherin Gros sagt, es sei eine Herausforderung den richtigen Weg zwischen letztlich unnötigen Warnungen und verpassten erforderlichen Warnungen zu finden. "Was genau das richtige Maß ist, lässt sich aber häufig erst im Nachgang zutreffend feststellen", sagt sie.

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