Fackelt die Feuerwehr die Dorflinde ab?

14.8.2018, 06:00 Uhr
Fackelt die Feuerwehr die Dorflinde ab?

© Robert Maurer

Das Aufstellen des Maibaums ist in Weiboldshausen ein richtiges Dorffest für alle. Nicht nur quer durch die Generationen, auch die Bewohner des alten Dorfes und der Siedlung feiern gemeinsam. 150 Besucher kommen, wenn das Wetter passt, schätzt Feuerwehrvorstand Wiedemann. Nachdem es ohne Wirtschaft immer schwieriger wird, eine Kirchweih auszurichten (heuer sieht es danach aus, dass es keine geben könnte), ist dies die einzige Veranstaltung, die wirklich den gesamten Ort verbindet.

Es wird gegrillt und ein großes Feuer geschürt – vor allem die Kinder legen mit großem Eifer immer wieder Holz nach. Die Flammen lodern hoch. Der Linde im Dorfzentrum bekommt die Hitze allerdings nicht besonders gut. Sie trägt immer wieder Schäden davon. Auch jetzt, drei Monate nach dem diesjährigen Fest, ist ein größerer Teil des Baumes noch braun und verdörrt.

Dieter Klein ärgert das. Und noch mehr ärgert ihn, dass es offensichtlich niemanden außer ihn ärgert. Er hat bei der Polizei Strafanzeige gestellt, die Untere Naturschutzbehörde am Landratsamt eingeschaltet, den Bund Naturschutz kontaktiert und natürlich hat er auch den Bürgermeister immer wieder gebeten, der Sache Einhalt zu gebieten. Schließlich gehört der Baum der Gemeinde.

Hans Seibold fühlt sich in der Angelegenheit offensichtlich zwischen den Stühlen. „Das Ganze ist tatsächlich ein alljährliches Ärgernis“, bekannte der Bürgermeister gegenüber unserer Zeitung. Auf sein Drängen hin hat die Feuerwehr das Feuer ins Felchbachbett verlegt, um ein biss­chen mehr Abstand zum Baum zu bekommen. Viel geholfen hat das aber nicht.

Verkohlte Holzreste im Bachbett

Dieter Klein verweist darauf, dass nicht nur der Baum selbst jedes Jahr durch das Feuer angegriffen wird, die Vogelbrutsaison hat in der Walpurgisnacht auch schon begonnen. „In der Linde nisten zu diesem Zeitpunkt längst Vögel.“ Er glaubt, dass das Feuer auch den im Felchbach le­benden Bachmuscheln nicht gut bekommt. Die stehen bekanntlich unter Naturschutz. Früher sei nicht nur sauberes Holz verschürt worden, sondern auch alte Türen oder Türstöcke seien im Feuer gelandet, beklagt er. Auch seien jahrelang die Asche und verkohlte Holzreste einfach im Bachbett liegen geblieben, bis ein Regen sie schließlich davongespült habe.

Mit dem Feuer noch weiter weg von der Linde zu rutschen, geht nicht. Es fehlt der Platz. Sonst rückt man schnell an Hecken oder andere Bäume heran, macht Bürgermeister Seibold das Dilemma deutlich. In Weiboldshausen einen anderen Platz für den Maibaum zu finden, ist ebenfalls schwierig. Rückt man an den Ortsrand, würde zwar niemand gestört. Doch haben die Organisatoren der Feuerwehr Sorge, dass das deutlich weniger Resonanz zur Folge haben wird. Und schließlich gehöre doch ein Maibaum auch ins Zentrum des Dorfes.

Auch Friedrich Wiedemann ist sich bewusst, dass dem Baum das Feuer zusetzt. Aber: Maibaum und Walpurgisfeuer gehören zusammen. „Ohne Feuer gibt es die Veranstaltung nicht“, ist deshalb die Überzeugung des Feuerwehrvorsitzenden. Eine Feuerwanne könnte zwar dafür sorgen, das Feuer besser unter Kontrolle zu halten, doch für Wiedemann und seine Kollegen ist das keine wirkliche Lösung: „Das Fest würde gewaltig leiden.“ Aus seiner Sicht wiegen Tradition, Gemeinschaft und Dorfleben als Argumente die Schäden an der Linde auf. Zumal das Ausmaß des Schadens ja am Wind liege und nicht in jedem Jahr gleich stark ausfalle.

Wiedemann ist überzeugt, dass die große Mehrheit im Dorf das ebenso sieht, und er findet es bedauerlich, dass einzelne mit gezielten Querschüssen solche Traditionsveranstaltungen torpedieren. Vor zwei Jahren ermittel­te wegen einer Anzeige Kleins sogar die Polizei gegen den Feuerwehrvorsitzenden. Das Verfahren wurde eingestellt, weil der Baum der Gemeinde gehört und die keine weitere Verfolgung wegen der Schäden wünschte.

Dieter Klein will sich dennoch nicht geschlagen geben. Er versucht, den Bund Naturschutz ins Boot zu holen, um nicht länger als Einzelkämpfer unterwegs zu sein. Der Konflikt bleibt also. Eine Lösung ist nicht in Sicht. Die Auseinandersetzung wird spätes­tens in neun Monaten – im wahrsten Sinn des Wortes – wieder aufflammen, wenn in Weiboldshausen der Maibaum in die Senkrechte gehievt und dazu das Walpurgisfeuer geschürt wird.

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