Steinabbau

Bund Naturschutz gegen Steinbrucherweiterung in Weißenburg

3.9.2021, 09:32 Uhr
ERWEITERUNG AB 2022: Das Schotter- und Steinwerk Weißenburg (SSW) möchte das derzeitige, 70 Hektar große Areal um weitere 35 Hektar erweitern und dort bis 2040 Stein abbauen. Der Bund Naturschutz fordert vom Landratsamt, die Genehmigung nicht zu erteilen. (Foto: www.limes-luftbild.de)

© www.limes-luftbild.de, NN ERWEITERUNG AB 2022: Das Schotter- und Steinwerk Weißenburg (SSW) möchte das derzeitige, 70 Hektar große Areal um weitere 35 Hektar erweitern und dort bis 2040 Stein abbauen. Der Bund Naturschutz fordert vom Landratsamt, die Genehmigung nicht zu erteilen. (Foto: www.limes-luftbild.de)

Einen einzelnen Hauptgrund wollen und können die Vertreter der BN-Kreisgruppe gar nicht benennen. „Es sind eigentlich mindestens 20 Mosaiksteine, die ein Gesamtbild ergeben“, erklärt der stellvertretende Vorsitzende Karl-Heinz Schork. Das fängt bei Formfehlern an und endet bei großen Fragen, wie: Wem gehört eigentlich der Stein und welche Verantwortung haben wir gegenüber den nachfolgenden Generationen?

Der Bund Naturschutz führt nun in seiner Stellungnahme etliche Gründe auf, warum der Antrag seitens des Landratsamtes abgelehnt werden sollte. „Da steht zum Beispiel noch der vorherige Besitzer im Grundbuchauszug“, stellte BN-Kreisvorsitzende Brigitte Löffler als einen Formfehler fest. „Es macht den Eindruck, dass da gesagt wurde: Das drücken wir jetzt noch schnell durch, bevor eventuell mit der Bundestagswahl eine neue, grünere Regierung kommt, oder das Klimaschutzurteil des Verfassungsgerichts konkrete Folgen hat.“

Vorwurf: Gutachten unvollständig und veraltet

Auch seien die beigefügten Unterlagen veraltet und unvollständig, findet der BN und bezieht sich dabei auf die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung und die vegetationskundlich-floristische Untersuchung, vor allem aber die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP). Dort werden etwa Schnecken und Moose nicht berücksichtigt, und auch nicht, dass der Weißenburger Wald inzwischen Wolfstreifgebiet ist.

Und es gebe keine nachvollziehbaren Aussagen zu den Auswirkungen der geplanten Waldrodung auf die unmittelbare Umgebung wie etwa Wasserhaushalt, Waldklima und Klimaschutz insgesamt. „Der Wald wird aber leiden“, prognostiziert Dr. Erwin Hussendörfer, stellvertretender Kreisvorsitzender und Professor für Waldbau und Waldwirtschaft. An den Rändern der gerodeten Fläche würden Wärme, Trockenheit und Sturmbelastung zunehmen. „Das hat einen Dominoeffekt.“

Die angekündigte Wiederaufforstung könne den Verlust nur schwer kompensieren. „Bis es so weit ist, gehen mindestens 50 Jahre ins Land“, erklärt Hussendörfer.

Auflagen nicht eingehalten?

„Eigentlich müsste man deswegen schon vor der Rodung mit der Aufforstung beginnen, um die Klimaschutzfunktion aufrecht zu erhalten.“ In Baden-Württemberg etwa wird das so gehandhabt: Hier kann mit Ausgleichsmaßnahmen in Vorleistung gegangen werden.

Das fände der BN auch im Weißenburger Steinbruch sinnvoll – zumal er anklagt, die bisherigen Auflagen aus den letzten Steinbrucherweiterungen 2004 und 2014 seien schon jetzt nicht eingehalten worden. So fehle etwa bis heute ein Wildschutzzaun, und auch der Abbauplan und die Renaturierung würden nicht nach den geforderten Bedingungen laufen. Aufgrund dieser „Unzuverlässigkeit“ bezweifelt der BN, dass bei einer Genehmigung zur Erweiterung des Steinbruchs neue Auflagen eingehalten werden.

Auch auf der Liste der Kritikpunkte stehen die möglichen Auswirkungen auf das unter dem Abbaugebiet liegende Grundwasser und die sogenannte Steinriegelquelle, die bei Suffersheim austritt. „Da sieht man jetzt schon nach starken Regentagen eine deutliche Trübung“, berichtet Schork. Zwar werde diese Trinkwasserquelle derzeit nicht genutzt – doch man müsse hier weitsichtig planen. Die Steinriegelquelle könne eine Notreserve bei künftiger Trockenheit und dem Wegfall von Fernwasser sein.

Transparenz für Bürger

Ebenfalls nicht berücksichtigt worden sei bisher die Erholungsfunktion des Waldgebietes. Der Eichelberg ist eine beliebte Wander- und Joggingstrecke, und schon jetzt klafft dort der Krater des Steinbruchs in unmittelbarer Nähe zu den Wanderwegen. Lärm und Staub würden die Erholung erheblich stören, glaubt der BN. „Und sind die Weißenburger eigentlich mal gefragt worden, ob sie das wollen?“

Man müsse das Thema mit einer breiten Öffentlichkeit diskutieren und transparent machen, fordern die Naturschützer. Diese Aufgabe schreibt sich nun der BN auf die Fahne. Mit Infoständen während des Wochenmarkts am Samstag, 4. September, und Samstag, 18. September, wollen die Mitglieder Aufklärungsarbeit leisten.

Auch geführte Waldbegehungen in den betroffenen Gebieten sind geplant (eine Wanderung durch das geplante Abbaugebiet ist für Sonntag, den 12. September, 14.00 Uhr angesetzt. Treffpunkt Parkplatz B 13 gegenüber der Abfahrt nach Suffersheim/Heuberg.).

„Wir haben grundsätzlich nichts gegen den Steinabbau“, wirft Karl-Heinz Schork ein. Doch die Geschwindigkeit und Intensität sei nicht tragbar. „Hier wird offenbar aus wirtschaftlichen Gründen in kurzer Zeit so viel Stein wie möglich abgebaut“, kritisiert Günter Leikamm, der Ortsvorsitzende des Bund Naturschutz in Weißenburg. „Der Abbau ist ja unwiederbringlich und die Folgen treffen die nachfolgenden Generationen“, ergänzt Schork. Und Löffler schließt mit den Worten: „Das Kind darf gar nicht erst in den Brunnen fallen.“


Zum Thema: Die geplante Steinbrucherweiterung

Das Schotter- und Steinwerk Weißenburg (SSW) hat im Frühsommer beantragt, seinen Steinbruch südöstlich der Stadt zwischen B 13 und Eichelberg um 35 Hektar in südlicher Richtung zu erweitern. Waldrodung und Abbau sollten dort 2022 beginnen und in zehn Abschnitten – abhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung – bis 2040 erfolgen.

Derzeit bauen die SSW auf etwa 70 Hektar den Jurakalkstein ab (das entspricht in etwa der Fläche von Nennslingen). Er wird in Form von Natursteinblöcken über Mauersteine und Werkstein bis hin zum Schotter vertrieben. Der Absatz erfolgt regional, zum Beispiel im Straßenbau und im Garten- und Landschaftsbau, aber auch international. Dort kommt der Stein gerne bei Hausfassaden zum Einsatz.

Die Beantragung der Erweiterung wird als Formsache gesehen: Schon 2015 sind weite Teile des Waldgebiets im Regionalplan Westmittelfranken als Vorranggebiet für den Steinabbau eingestuft worden. Damals hatte sich das „Aktionsbündnis maßvoller Steinabbau“ heftig gegen den Regionalplan gewehrt und zumindest eine Reduzierung der ursprünglich vorgesehenen Flächen erwirkt.

Das Genehmigungsverfahren für die nun beantragte Steinbrucherweiterung wird vom Landratsamt mit Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt, der Auslegungszeitraum der Unterlagen war zwischen 14. Juni und 13. Juli, bis zum 13. August konnten Einwendungen erhoben werden. Der Stadtrat Weißenburg hat im Juli – mit einer Mehrheit von zwölf zu acht Stimmen – zu dem Vorhaben sein gemeindliches Einvernehmen erteilt.

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