Das Kreuz mit dem Kreuz

5.6.2018, 06:11 Uhr
Das Kreuz mit dem Kreuz

© Landratsamt

Wie zum Beispiel die Stadt Treuchtlingen (wir berichteten).  Der dortige Rathauschef Werner Baum argumentierte gegenüber dem Treuchtlinger Kurier, dass das Kruzifix nach seiner Ansicht Privatsache sei und er deshalb auch nicht vorhabe, im Foyer des Rathauses ein Kreuz aufzuhängen: „Wir sind eine weltoffene Stadt mit vielfältigen Kulturen und Religionen und werden uns nicht als etwas anderes inszenieren.“

Drei Tage nach dem Inkrafttreten von Söders Anordnung scheint noch Unklarheit darüber zu herrschen, wen der Erlass eigentlich genau betrifft und wie er umzusetzen ist. Denn genaue Vorgaben zur Gestaltung oder Größe des Kreuzes gibt es nicht. Bislang hängen in den meisten Klassenzimmern in staatlichen Schulen und in und Gerichtssälen Kreuze.

Seit vergangenen Freitag gilt der Paragraf 28 der Allgemeinen Geschäftsordnung für bayerische Behörden. Dieser sieht vor, dass „im Eingangsbereich eines jeden Dienstgebäudes als Ausdruck der geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns gut sichtbar ein Kreuz anzubringen ist.“

Unterschiedliche Umsetzung

Umgesetzt wird er in der Region offenbar unterschiedlich. Während Bürgermeister Baum keinen Handlungsbedarf sieht, ließ Landrat Gerhard Wägemann gestern von seinem Hausmeister im Foyer des Weißenburger Landratsamtes noch vor der Sitzung des Kreisausschusses ein Kreuz aufhängen. Angefertigt wurde das Kreuz von der regionalen Schreinerei und Kunstschnitzerei Heiß aus Raitenbuch.  Pressesprecherin Lena Ellinger argumentierte: „Wir sehen uns teils als kommunale, teils aber auch als staatliche Behörde.“ Insofern fühle man sich zur Umsetzung des Kreuz-Erklasses verpflichtet.

Bei der Stadt Weißenburg sieht man das anders. „Wir sind keine staatliche Behörde“, argumentiert Oberbürgermeister Jürgen Schröppel (SPD), der generell die Ansicht vertritt, dass sich der Staat eigentlich aus allen weltanschaulichen Fragen heraushalten sollte. Die Änderung der Geschäftsordung sei nur für Staatsbehörde verbindlich, den kommunalen Behörden (Gemeinden ,Landkreis und Bezirk) werde es lediglich „empfohlen“ im Eingangsbereich auch ein Kreuz aufzuhängen.

Schröppel sieht sich deshalb durch den Kreuz-Erlass auch nicht veranlasst etwas an der Praxis zu verändern, die er bei seinem Amtsantritt im Jahr 2008 vorgefunden und von seinem Vorgänger Reinhard Schwirzer so  übernommen hat: Im Rathaus und auch im Sitzungssaal hängen keine Kreuze.

Schulen würden sich Schröppel zufolge dagegen an der Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte orientieren. Letzter entschied 2011, dass das Anbringen eines Kruzifixes keinen Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) darstelle und Kreuze in Klassenzimmern nicht gegen die Religionsfreiheit verstoßen.

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