Den neuen Steinway eingeweiht

14.3.2015, 07:00 Uhr
Den neuen Steinway eingeweiht

© Robert Renner

Das Publikum im bis auf den letzten Platz besetzten Kulturzentrum erlebte ein musikalisches Gipfeltreffen der besonderen Art und eine Premiere gleichzeitig: Chefdirigent Alexander Shelley und sein Vater Howard musizierten zum ersten Mal gemeinsam auf einer Bühne. „Griff nach den Sternen“ gehört zur 69. Konzertsaison der Nürnberger Symphoniker und wird am kommenden Wochenende zweimal in der Meistersingerhalle aufgeführt. Dabei nimmt das Studio Franken des Bayerischen Rundfunks Rachmaninows 3. Klavierkonzert auf.

Die Aufführung in Weißenburg war quasi die Generalprobe dafür und zeigte, welche guten Kontakte zwischen der Weißenburger vhs und den Nürnberger Symphoniker bestehen. Volkshochschul-Vorsitzender Andreas Palme lobte denn auch ausdrücklich die Zusammenarbeit mit Intendant Lucius A. Hemmer.
Und den Nürnberger Symphonikern machte es Spaß, in Weißenburg zu musizieren. Alexander Shelley griff vor dem Konzert kurz zum Mikrofon. Es sei für ihn eine „besondere Freude“, mit seinem Vater aufzutreten. Sie könnten sich kaum einen „schöneren Rahmen als in dieser intimen Situation mit diesem wunderbaren Orches­ter zu musizieren“ vorstellen, meinte er mit Blick auf den für die Verhältnisse der Nürnberger Symphoniker kleinen Saal der Karmeliterkirche.

Alexander Shelley wird überall vom Publikum gefeiert. Das freilich verwundert wenig. Am Dirigentenpult strotzt er vor Energie. Eindrucksvoll ist dabei, dass er sowohl Mozarts Symphonie Nr. 41 als auch Rachmaninows Konzert für Klavier und Orchester Nr. 3 komplett auswendig dirigiert. Bei einem so bekannten Werk wie Mozarts Jupiter-Symphonie mögen dies Musikkenner von einem Dirigenten seines Formats noch erwarten, sicher aber nicht bei Rachmaninows ambitioniertestem Werk.
Dabei wirkt der 35-Jährige stets herzlich und freundlich. Einer Violi­nistin beispielsweise klopft der Brite, der bestens Deutsch spricht, anerkennend auf die Schulter, als er die Bühne verlässt.

Phasenweise schwelgerisch und mit eleganten Gesten führt er sein Orches­ter. „Beinahe fühlt man sich bei sei-
nen Bewegungen eingeladen mitzutanzen“, empfand auch Ute Jäger, 2. Vorsitzende der vhs und als Musikkennerin bekannt. Angesteckt von Shelleys Präsenz und Leidenschaft musizierten denn auch die Nürnberger Symphoniker auf höchstem Niveau. „Ein fabelhaftes Konzert“, schwärmte beispielsweise Hans Strößner, selbst anerkannter Violinist, und applaudierte kräftig.

Wie überhaupt das Publikum am Ende des Konzerts überaus lang anhaltend Beifall spendete, „Bravo“ rief und schließlich rhythmisch applaudierte, sodass Howard Shelley noch Mendelssohns „Lied ohne Worte“ und eine Prelude von Rachmaninow als Zugaben spielte.

Sein enormes Können hatte er zuvor schon bei Sergej Rachmaninows Konzert für Klavier und Orchester Nr. 3 d-Moll op. 30 eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Es gehört zu den größten Herausforderungen für alle Weltklasse-Pianisten. Howard Shelley, der nur wenige Tage vor dem Konzert seinen 65. Geburtstag feierte, zählt zu den  besten Rachmaninow-Interpreten weltweit. Von seinem fulminanten Spiel war das Weißenburger Publikum rundum begeistert. Musikliebhaber und vhs-Vorsitzender Palme  beispielsweise befand: „Eine ganz großartige Leistung.“

Den Daumen hoch

Shelley selbst zeigte sich vom weiteren Star des Abends begeistert, dem Steinway-Flügel, der mit dem Konzert eingeweiht wurde und die Karmeliterkirche in eine deutlich höhere Konzertsaalklasse hebt. Der Pianist deutete nach dem Konzert kurz auf das Instrument und streckte dann anerkennend einen Daumen in die Höhe.
Wie berichtet, hat die vhs das 1953 gebaute Instrument von den Nürnberger Symphonikern übernommen. Es ist ein Flügel mit der Bezeichnung „D-274“ – eine Reihe, die seit 131 Jahren fast unverändert gebaut wird, erzählte Palme dem Publikum. Im vergangenen Sommer wurde der Flügel bei Steinway in Hamburg in seine 12 000 Einzelteile zerlegt, generalüberholt und anschließend in Polen neu lackiert. Seit rund einer Woche ist er nun in Weißenburg beheimatet. Inklusive der Generalinstandsetzung waren dafür 40 000 Euro zu berappen.

Finanziert werden konnte das Instrument durch den Verkauf des Vorgängerflügels, einem Feurich, den ein Privatmann aus dem Weißenburger Land erstand, durch eine 5 000 Euro-Spende der Hermann Gutmann Stiftung und eine 2 000-Euro-Zuwendung der Sparkassen-Kulturstiftung. Au­ßerdem beteiligte sich die Stadt „ganz substanziell“, sagte Palme, der generell die Zusammenarbeit mit dem Stadtrat und Oberbürgermeister Jürgen Schröppel lobte.

Der Rathauschef gehörte am Donnerstagabend ebenso zu den Konzertbesuchern wie Angela Novotny, Vorstandsvorsitzende der Hermann Gutmann Stiftung, und Frank Sarres von der Sparkassen-Kulturstiftung sowie Thomas Becker, Präsident des Rotary-Clubs, und Markus Etschel, Präsident des Lions-Clubs.

Die beiden Clubs unterstützen die vhs beim anstehenden Benefizkonzert zugunsten des Flügels. Am Samstag, 18. April, werden es Anna Gabler (Sopran) und Paul Rivinius (Klavier) gestalten. Die international gefragte Sopranistin hat über ihren Mann Christoph Burdack Verbindungen in die Region. Zu hören gibt es Lieder von Franz Schubert, Johannes Brahms, Hugo Wolf, Arnold Schönberg und Richard Strauss.

Sensibles Instrument

Dabei wird natürlich auch wieder der Steinway erklingen. Dass er ein sensibles Instrument ist, zeigte sich am Donnerstag, als der Ellinger Helmut Bittner, der den Flügel betreut, und Michael Wiesengrund von der Nürnberger Firma Piano Haid unmittelbar vor dem Klavierkonzert nochmals Einstellungen vornehmen mussten.
Dann aber klang der Steinway op­timal. Fazit: Man darf es getrost als besonderes Glück bezeichnen, bei diesem außergewöhnlichen Konzert dabei gewesen zu sein.
 

Keine Kommentare