Ein Ellinger Leben im Zeichen der Tiere

20.4.2020, 13:59 Uhr
Ein Ellinger Leben im Zeichen der Tiere

© Foto: Peter Schafhauser

Mit einem Glas Brombeersekt auf der Terrasse stieß das Ehepaar gut gelaunt auf ihr "eisernes Jubiläum" an. Und nach 65 Ehejahren durften natürlich auch ein paar Erinnerungen nicht fehlen. "Damals, in den 60er-, 70er- und 80er-Jahren gab es noch sehr viele kleine Landwirtschaften in der Region", erinnert sich der passionierte Tiermediziner. Da war er von morgens bis spät abends und gelegentlich auch des Nachts in den Dörfern unterwegs.

Hinweise per Rotlicht

Der Einzugsbereich war enorm und an Mobiltelefone noch lange nicht zu denken. In der Praxis daheim stand noch das klassische Telefon – mit Hörer, Schnur und Wählscheibe. "Die Leitung stand selten länger still", weiß Eva-Maria Buff zu erzählen. Sie hatte quasi permanent Telefondienst und organisierte den Einsatz ihres Mannes. "Technisch war alles noch sehr schlicht, meinen Mann konnte ich unterwegs fast nie erreichen, nur den Einsatzplan hatte ich zu Hause."

Der findige Tierdoktor wusste sich für Notfälle allerdings auch hier zu helfen: Auf dem Praxisdach ließ er an einer langen Stange ein rotes Licht anbringen. Wenn das von Ferne her blinkte, wusste er, dass er sich vor seinem nächsten Einsatz erst zu Hause melden musste, um neue Order zu empfangen. Später half im näheren Umfeld wenigstens ein Funkgerät.

Kennengelernt haben sich die Lehrerin Eva-Maria Puche und der Tierarzt Bruno Buff 1952 in Hannover. Weil der junge Herr Doktor drei Jahre später in Ellingen eine Tierarztpraxis übernahm, musste möglichst schnell geheiratet werden. "Ich brauchte meine zukünftige Chefin für das Telefon", wie Bruno Buff dazu schmunzelnd bemerkt. Der Beruf wurde ihm rasch zur wahren Leidenschaft. "Als Kind wollte ich Schäfer werden", sagt er, "dann hätte ich nicht so lange zur Schule gemusst."

Flausen, die ihm der Vater sehr schnell austrieb. Apotheker sollte er werden oder Rechtsanwalt. "Dann werde ich eben Tierarzt", entschied der Junge. Nach und nach wurde daraus ein Leben ganz im Zeichen der Tiere. An Urlaub kann sich das Ehepaar kaum erinnern. Mal ein verlängertes Wochenende, ja, das warʻs dann aber auch. Selbst von einer Fahrt nach Rom gibt es das Bonmot: "In Ellingen bin ich viel lieber." Für den engagierten Tierarzt war die Arbeit echte Berufung. Oft, so erinnert sich Frau Eva-Maria, "hat er kranke Tiere mit nach Hause gebracht." Selbst Schafe und Kühe waren dabei. Die wurden auf dem Grundstück hinter der Praxis wieder aufgepäppelt. Und Kleintiere landeten nach der Behandlung nicht selten im privaten Wohnzimmer der Buffs. "Da ging es oft auch um die seelische Betreuung der Besitzer", erinnert sich das Jubelpaar.

Trotz anstrengender Klein- und Großtierpraxis mit wechselnden Praktikanten und Assistentinnen sowie wissenschaftlichem Austausch mit Hochschulen in München und Hannover schafften es die Buffs, sieben Kinder erfolgreich großzuziehen. Auch die waren häufig im Außeneinsatz dabei. Ein Patent von Bruno Buff findet heute noch weltweiten Einsatz in der Rinderheilkunde. Darüber hinaus hat der ehemalige Tierarzt das kulturelle Leben Ellingens mit Tatkraft und Ideen stark bereichert. Vor allem die sommerlichen Konzerte in der Schlosskirche gingen auf seine Initiative zurück. Die Gattin kümmerte sich dabei 40 Jahre lang um die üppigen Blumenarrangements – sowohl zur Deko als auch für die zahlreichen Orchestermitglieder.

In den 80er-Jahren war Ehemann Bruno Gründungsmitglied des Barockvereins und der Freien Wählergemeinschaft in Ellingen, für die er 18 Jahre im Stadtrat saß. Als gläubiger Christ ist er bis heute ein eifriger Mitstreiter der Ökumene. Dennoch saß ihm schon früher gern der Schalk im Nacken. Solange es gesundheitlich ging, ließ er keinen Faschingszug mit originellen Ideen aus – einmal sogar auf dem Rücken des Elefanten "Baby". Elefanten? "Als ein Zirkus die Tierbehandlung nicht zahlen konnte, ließ ich mich zur Entlohnung auf ,Baby‘ durch Ellingen führen", erzählt Bruno Buff heute noch voller Freude. Das mit dem Dickhäuter war eine kleine Sensation im Ort, auch spuckende Lamas zogen schon mal im Faschingszug mit. Ältere Ellinger mögen sich vielleicht noch an diese Gaudi erinnern.

Atom-Bunker als Kleintierpraxis

Nicht weniger originell klingt in heutigen Tagen der Bau eines zweistöckigen Atom-Bunkers gegenüber dem Wohnhaus. Das war Ende der 70er-Jahre. Es war die schreckliche Zeit des Kalten Krieges, als Pershing-Raketen mit atomaren Sprengköpfen in deutschen US-Stützpunkten gelagert wurden. Der Bunker am Rauschenberg hatte immerhin für 50 Personen Platz, war also auch für die Bevölkerung gedacht. Nach der Entspannung wurden im oberen Stockwerk Kleintiere behandelt und operiert. Heute wohnt ein Familienmitglied in dem erdbebensicheren Haus.

Im Jahr 2000 gaben die Buffs den anstrengenden Praxisbetrieb endlich auf. Da war der Veterinär bereits 74 Jahre jung. Doch ganz ohne Tiere war ein Leben für ihn nicht vorstellbar. Nach wie vor stand er mit Rat und Tat zur Verfügung, unter anderem bei der Pferdesportgemeinschaft Ellingen. Dann aber der herbe gesundheitliche Einschnitt: 2004 erlitt Bruno Buff einen schweren Schlaganfall, der ihn halbseitig lähmte. Seinen wachen, lebendigen Geist hatte die Krankheit gottlob verschont.

So freut er sich schon heute darauf, in einigen Tagen den 94. Geburtstag zu feiern. Wahrscheinlich wieder in allerkleinstem Kreise. Und wahrscheinlich fallen ihm dann weitere Geschichten aus seinem bewegten Tierarztleben ein. Was er sich nach 65 Ehejahren wünscht? "Dass wir es auch weiterhin gut miteinander aushalten." Eva-Maria Buff bestätigt kopfnickend diesen Wunsch.

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