Ellinger Storchenjunge sind bereit für die Welt

12.7.2020, 10:45 Uhr
Ellinger Storchenjunge sind bereit für die Welt

© Foto: Miriam Zöllich

Es ist das erste Mal, dass sich ein Storchenpaar dort niedergelassen und gebrütet hat. Darum strömen auch gleich zahlreiche Nachbarn

von Familie Adebar herbei, als die Feuerwehr mitsamt Drehleiter anrückt, um den Storchen-Experten des LBV zum Nest in luftiger Höhe
zu bringen. Monatelang haben die Anwohner von ihren Wohnungen aus tagtäglich den Baufortschritt, das Brüten und schließlich das Schlüpfen und Aufwachsen der Storchenjungen beobachtet. Auch Katalin Fürstin von Wrede ist zur Stelle, um die gefiederten Schlossnachbarn aus der Nähe kennenzulernen und zu begrüßen. Das kann auch nicht je-
de Storchenfamilie von sich behaupten.

Vom Nachbarschlot aus beobachtet ein Storchenelternteil skeptisch den Tumult und das Aufgebot samt Feuerwehrauto auf der Straße. "Meistens ziehen sich die Eltern dann zurück und verfolgen das Geschehen aus sicherer Entfernung", weiß Bernhard Langenegger, der für das Beringen der Störche im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen zuständig ist. Und tatsächlich: Sobald die Leiter ausgefahren wird und sich der LBV-Mann dem Nest nähert, breitet der erwachsene Storch seine Flügel aus und lässt sich 50 Meter weiter auf dem Rathausdach nieder.

Ellinger Storchenjunge sind bereit für die Welt

© Foto: Miriam Zöllich

Die beiden Jungvögel hingegen ducken sich reglos in ihr Nest über den Dächern von Ellingen. Es sei ihr Instinkt, sich totzustellen, erklärt Langenegger. Die Situation ist für die Tiere zwar beängstigend, erleichtert aber natürlich das Beringen enorm. Vorsichtig zieht Bernhard Langenegger den Fuß des Stochenjungen zu sich, ölt den Ring kurz ein, und schließt ihn um das Bein. Mit geübten Handgriffen ist binnen einer Minute alles geschehen.

Verwunderlich ist das nicht, denn Langenegger hat schon zig Störche im Landkreis beringt. Mehr aus Zufall kam der Alesheimer vor etwa zehn Jahren an dieses Ehrenamt: Als sich in seiner unmittelbaren Nachbarschaft Störche ansiedelten, beobachtete und betreute er sie und kam so mit dem LBV in Kontakt. Als er dann gefragt wurde, ob er die Nachfolge des Beringers im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen antreten will, sagte er zu.

Bernhard Langenegger absolvierte eine Ausbildung in der Vogelschutzwarte und holte sich die Genehmigung von der Regierung. Das muss schon alles Recht und Ordnung haben, denn Störche und andere Gebäudebrüter wie etwa Schwalben sind gesetzlich ein heikles Thema. "Einen Brutplatz zu entfernen, ist strafbar, das wissen viele nicht", mahnt er. Und wer ein Storchennest entfernen will oder muss, bekommt von der Unteren Naturschutzbehörde die Auflage, eine neue Nisthilfe zur Verfügung zu stellen.

Zwei Junge auch in Weißenburg

Das könnte beispielsweise in Weißenburg irgendwann der Fall sein. Auf dem Kamin des Anselm-Geländes zwischen Parkhaus und Lidl hat sich heuer ebenfalls ein Storchenpaar niedergelassen und zwei Junge ausgebrütet. Falls die Gebäude in naher oder ferner Zukunft abgerissen werden, muss der Grundstücksbesitzer einen Nistmast als Alternative aufstellen.

Derzeit aber dürfen die Storchenjungen noch auf ihrem Schlot mit Blick über die Weißenburger Altstadt aufwachsen. Beringt werden konnten sie allerdings nicht. Die vielen Regenfälle der vergangenen Wochen haben den Boden um das Gebäude herum aufgeweicht und ein Anfahren mit dem Feuerwehrauto wäre schwer möglich gewesen. So werden die Weißenburger Störche unregistriert in etwa einer Woche ihr Nest verlassen.

So weit sind die Ellinger Störche nicht, sie sind etwa zwei Wochen jünger. Weil sie noch ein bisschen in ihrem Nest bleiben, prüft Bernhard Langenegger nach dem Beringen noch die Beschaffenheit der Behausung. "Oft verbauen die Störche Plastikmüll", weiß er. "Im Nest auf dem Kornhaus in Spalt haben wir zum Beispiel eine Mund-Nasen-Schutzmaske gefunden." Gutes Baumaterial ist Kunststoff allerdings nicht, denn er könnte bei Regenfällen dazu führen, dass das Wasser nicht abfließen kann.

Im Ellinger Storchennest scheint hingegen alles einwandfrei, keine Spur von Plastik. Stattdessen befinden sich im Nest feste Ballen mit Nahrungsresten, die von den Vögeln aufgrund der Unverdaulichkeit erbrochen werden. Ein paar Federn und Teile einer Maus kann man darin erkennen. Das Nahrungsangebot in der Region scheint gut zu sein.

Das ist auch einer der Gründe, weshalb die Storchenpopulation in Altmühlfranken immer weiter zunimmt, erklärt Langenegger. Die wichtigen Feuchtwiesengebiete, wo die Störche ihre Beute suchen, werden wieder mehr. Darüber hinaus greifen jahrelange internationale Schutzprogramme, die auch dafür sorgen, dass Störche unbeschadet wieder aus ihren Winterquartieren in Afrika und Südeuropa zurückkehren.

Während die Feuerwehrleiter langsam wieder zurückgefahren wird, macht der Storchenbeauftragte noch ein wenig kostenlosen "Zusatzservice" und entfernt überschüssiges Nistmaterial vom Dach und der Regenrinne des Rentamtgebäudes. Beim Nestbau kommt nämlich allerhand Ausschussware zusammen. Unterdessen ist auch der zweite Storchenelternteil in der Nähe angekommen und wundert sich über den Tumult an seinem Zuhause. Sobald der LBV-Mann samt Feuerwehr, Fürstin, Presse und Nachbarn wieder abgerückt ist, können sie zu ihren Jungen zurückkehren.

 

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