Gesichtsschutz aus dem 3-D-Drucker

9.4.2020, 11:59 Uhr
Gesichtsschutz aus dem 3-D-Drucker

© Foto: Werner Motzet

Der Weißenburger probierte es auf gut Glück aus, und es funktionierte auf Anhieb. Zur Komplettierung der ersten Gestelle hat er eine Folie genommen, die der Haushalt zufällig hergab: "Meine Frau ist Lehrerin und hatte noch Overheadfolien zu Hause." Die Folien mussten nur noch gelocht und an der Halterung befestigt werden – fertig. Im Bürobedarf hat der Tüftler nun Folien für die weitere Produktion nachbestellt, und ist sogar noch auf günstigere Alternativen gestoßen. Mit Materialeinsatz und Strom für den Drucker kommt ein Gesichtsschutz auf unglaublich günstige Produktionskosten von rund 50 Cent. "Deswegen verschenke ich die Sachen auch – ich will kein Millionär damit werden", sagt Motzet.

Die Vorlage für den Gesichtsschutz wird von den schwedischen Entwicklern als Open-Source-Datei (also kostenlos und zur freien Nutzung für alle) bei Thingiverse zum Download zur Verfügung gestellt. Thingiverse – eine Mischung aus den englischen Begriffen "universe" und "thing", das Universum der Dinge. Und das ist die Welt der 3-D-Drucker tatsächlich.

Für den technikbegeisterten Werner Motzet ist es ein Hobby, hauptberuflich arbeitet er als Coach für Führungskräfte. Aber der studierte Theologe hat mit seinem Hobby und dem "Universum der Dinge" schon viel Gutes getan: Einen Kunststoff-Fenstergriff für die Nachbarin hat er gedruckt, der es ihr erspart hat, ein komplett neues Fenster kaufen zu müssen. Für seine Kollegen aus dem Coaching-Bereich entwickelte und druckte er Halterungen für Flipchart-Filzstifte und verschenkte sie.

Und jetzt leistet er seinen Beitrag, um mit dem Gesichtsschutz die Coronavirus-Ausbreitung einzudämmen. "Das Lob und das positive Feedback der Leute motivieren mich", sagt Motzet.

Spaß am Tüfteln

Aber natürlich macht ihm auch das Tüfteln an sich Spaß. Vor sieben Jahren hat er mit dem 3-D-Druck angefangen, da waren die Geräte schon für Hobby-Drucker erschwinglich. 500 Euro hat Motzet damals für sein erstes Modell gezahlt. Bei der Einarbeitung in die Software und beim Umgang mit den verschiedenen Materialien hat ihm sein Sohn, praktischerweise ein Kunststoff-Ingenieur, geholfen. "Dadurch konnte ich mir schon ein ganz gutes Fachwissen aneignen." Zum Beispiel auch die Idee, mit einem speziellen Werkstoff Gesichtsschutz-Halterungen zu produzieren, die durch das Formen im warmen Wasser auf den Träger individuell angepasst werden können.

Gesichtsschutz aus dem 3-D-Drucker

© Foto: Werner Motzet

Doch zunächst produziert der Weißenburger weiter die Modelle nach der schwedischen Vorlage. Zum Einsatz kommt dabei der Werkstoff PET-G, den man auch von Pfandflaschen kennt. Nur mit dem Zusatz "G", der für Glykol steht und die Verarbeitung im Drucker ermöglicht. Durch den elastischen und leichten Werkstoff wiegt der Gesichtsschutz am Ende nur 18 Gramm und passt auf jede Kopfform. "Man merkt ihn quasi gar nicht, wenn man ihn auf hat", berichtet Motzet, der das Produkt natürlich selbst getestet hat.

Die ersten zehn Modelle hat der Weißenburger dann an seine Hausarztpraxis verschenkt. "Die Sprechstundenhilfen haben sich sehr gefreut", berichtet Motzet. Gerade wenn sie engen Kontakt zu Patienten haben, etwa wenn sie bei Corona-Verdachtsfällen einen Abstrich machen, fühlen sie sich jetzt sicherer. Die Kunststofffolien können die Nutzer des Gesichtsschutzes dann im Bürobedarf kaufen und regelmäßig selbst wechseln.

20 Stück von den Kunststoffgestellen kann der Drucker am Tag ausspucken. "Das ist nicht sonderlich viel", räumt der Tüftler ein. Dafür hat der 3-D-Druck andere Vorteile. "Man kann den Bausatz auch optimieren und ist flexibel in der Produktion", erläutert er. Außerdem: Weil mittlerweile einige Menschen einen 3-D-Drucker haben, kann der Gesichtsschutz dezentral dort hergestellt werden, wo er gerade gebraucht wird. Darum hofft Motzet auch, dass sich noch weitere Hobbydrucker bei ihm melden, die mitmachen möchten. "Ich stehe dann gerne mit meiner Erfahrung zur Verfügung und helfe beim Einrichten und Einstellen der Parameter", kündigt der Weißenburger an.

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