Grenzwerte am Limit

1.6.2012, 10:36 Uhr
Grenzwerte am Limit

© Renner

Zudem müssen die 950 Meter und 1300 Meter westlich von Indernbuch geplante Rotoren bei gewissen Sonnenständen ebenfalls stillstehen. Der Grund: Die Gesamtbelastung durch den Schattenwurf wird mit dem Bau der beiden Anlagen die geltenden Richtwerte übersteigen. Die Indernbucher hätten dann bis zu 50 Stunden Schattenwurf zu ertragen, zulässig sind aber nur 30 Stunden pro Jahr. „Deshalb müssen die Anlagen so ausgerüstet werden, dass bei bestimmten Sonnenständen abgeschaltet wird“, erläuterte Gutachter Dr. Reinhard Wunderlich vom Ingenieur-Büro IBAS.

Werden die beiden Anlagen der „Bürgerwind-Energie Kaltenbuch-Bergen“ gebaut, drehen sich elf Rotoren auf der Jura-Höhe zwischen den drei Dörfern. Derzeit stehen dort sieben Windräder, zwei weitere der Weißenburger Stadtwerke sind schon im Bau. „Die Belastungen sind bald nicht mehr zu ertragen“, machte Gerlinde Auernhammer aus Indernbuch deutlich. Sie forderte namens der Bürgerinitiative Weißenburger Jura, die Mindestabstände von derzeit 800 auf 1500 Meter zu erhöhen, um die Bürger vor weiteren Belastungen zu schützen.

Das allerdings kann nicht in dem baurechtlichen Verfahren geschehen, sondern ist Sache des Gesetzgebers, machte Regierungsdirektor Klaus Wagner deutlich. „Wir haben zu prüfen, ob die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden“ erläuterte Utz Löffler, der das Sachgebiet Immissionsschutz am Landratsamt Weißenburg-Gunzenhausen leitet und die Einflüsse auf die Umwelt durch die beiden geplanten Rotoren abwägen muss.

Nachtabschaltung unumgänglich

Dass die beiden Anlagen zu hören sein werden, daraus machte Gutachter Wunderlich keinen Hehl. Er rechnete detailliert vor, dass die zur Nachtzeit zwischen 22.00 und 6.00 Uhr geltenden 45 dB(A) für das Dorfgebiet von Indernbuch zwar eingehalten würden, nicht jedoch der Grenzwert von 40 dB(A), der für ein in dem Ort ausgewiesenes  Wohngebiet gilt. Zu der errechneten Vorbelastung von 39 dB(A) kämen dort mit den beiden weiteren Rotoren 36 dB(A) hinzu, was in der technischen Lärmberechnung einen Wert von 40 dB(A) ergebe. Wunderlich: „Damit sind wir an dem Standort ausgeschöpft.“ Da der Lärm unter diesem Wert liegen müsse, sei eine nächtliche Abschaltung der nähesten zum Ort stehenden Anlage unumgänglich.

Gleiches gilt übrigens für die beiden Anlagen der Stadtwerke Weißenburg, da ansonsten die Lärmgrenzwerte für die Wohnbereiche am Klingengraben in Oberhochstatt nicht eingehalten würden. Alle künftigen Windkraftanlagen müssen damit deutlich weiter von den Orten entfernt sein oder erheblich leiser sein. Das betrifft auch das auf der Gemarkung Rohrbach (Gemeinde Ettenstatt) geplante Windrad.

Burgsalachs Bürgermeister Fried-rich Amler befürchtete, dass, durch die Ausschöpfung der Lärm-Grenzwerte eine mögliche Gewerbe-Entwicklung im Ortsteil Indernbuch verhindert werden könnte. „Weil eine andere Gemeinde die Windkraftanlagen an die Grenze baut, kann das Gewerbe bei uns im Ort nicht mehr erweitern.“ Diese Bedenken konnte der Gutachter entkräften, denn tagsüber gelte ein Grenzwert von 55 dB(A), der in Indernbuch bei Weitem noch nicht erreicht sei. „Zur Tagzeit wird Ihnen die Windkraft nichts wegnehmen.“

Weitere Argumente gegen die beiden Rotoren – etwa 30 Jura-Bürger hatten in dem laufenden Genehmigungsverfahren Einwendungen geltend gemacht – waren eine weitere Verschlechterung des Landschafts- und Ortsbildes und das Gebot der Rück-sichtnahme, das aus ihrer Sicht mit dem Bau weiterer Rotoren nicht mehr eingehalten werde. Dadurch entstünde auch eine „bedrängende Wirkung“. Letztere allerdings wird in der aktuellen Rechtssprechung nur dann gesehen, wenn der Abstand der dreifachen Höhe der Anlagen zum Ortsrand unterschritten wird. „Da sind wir weit davon entfernt“, wandte Utz Löffler ein. „Wir halten die baurechtlichen Vorschriften ein“, betonte „Bürgerwind-Energie“-Geschäftsführer Erich Wust in diesem Zusammenhang.

Er machte den Bürgern Hoffnung, dass die oft als störend empfundenen nächtlichen Blinklichter abgeschaltet werden können. „Eventuell gibt es eine Lösung in der Zukunft, dass die Blinklichter nur angehen, wenn sich ein Flugzeug nähert“. Derzeit seien die Lichter aufgrund flugrechtlicher Bestimmungen zwingend vorgeschrieben.

Zwingend nötig war auch eine spezielle artenschutzrechtliche Prüfung des Bauvorhabens, wie Karl-Heinz Dadrich von der Unteren Naturschutzbehörde betonte. Den Vorwurf der Bürger, die Auswirkungen auf die vorhandenen Fledermaus-Population und den Rotmilan seien nicht ausreichend untersucht, widersprach er. Die Fledermaus-Population in der Region sei gut kartiert. Das Gutachten zum Rotmilan steht noch aus, soll aber in diesen Tagen eintreffen und wird dann in die Bewertung einfließen, so Dadrich. Bei früheren Kartierungen durch den Landesbund für Vogelschutz (LBV) wurde zwar ein Horst des Raubvogels am Alptrauf bei Rohrbach vermutet, jedoch nicht nachgewiesen.

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