Der Fußballpendler der Kreisliga

Keiner kennt die Strecke Bayreuth-Ramsberg so gut wie Dominik Seitz

23.1.2022, 10:56 Uhr
mmer voller Einsatz für die SG Ramsberg/St. Veit: Dominik Seitz (vorne links am Ball, hier im Punktspiel Ende August 2021 gegen den SV Wettelsheim) ist seit zehn Jahren Leistungsträger und Führungsspieler bei dem Fußball-Kreisligisten. Zu den Partien seiner Mannschaft reist er stets aus Bayreuth an. 

© Uwe Mühling, WT mmer voller Einsatz für die SG Ramsberg/St. Veit: Dominik Seitz (vorne links am Ball, hier im Punktspiel Ende August 2021 gegen den SV Wettelsheim) ist seit zehn Jahren Leistungsträger und Führungsspieler bei dem Fußball-Kreisligisten. Zu den Partien seiner Mannschaft reist er stets aus Bayreuth an. 

Während der Saison geht das jede Woche so. Rund 260 Kilometer pro Spiel. Sonntagsausflug in Sachen Fußball. Und in Sachen Familie. Vormittags ist Abfahrt in Bayreuth, dann trifft man sich zum Mittagessen im Elternhaus in Veitserlbach. Anschließend geht es für den Abwehrchef der SG zum einen Kilometer entfernten Ramsberger Fußballplatz (oder zum jeweiligen Auswärtsmatch) und schließlich wieder zurück in die oberfränkische Festspielstadt. Wenn kein Fußball angesetzt ist, wie jetzt in der Winterpause, versucht Dominik Seitz zumindest alle zwei Wochen nach Veitserlbach zu kommen.

Großfamilie mit sechs Kindern

Er ist einer, der das „Großfamilien-Feeling“ mag und braucht. Ihm ist es ein echtes Anliegen, regelmäßig bei der Familie zu sein. Als ältestes von sechs Geschwistern ist er in dem Pleinfelder Ortsteil aufgewachsen. Vor seinen Eltern hat er „allergrößten Respekt, wie sie es geschafft haben, uns allen sechs gerecht zu werden“. Zu den drei Mädels und drei Jungs kamen teils noch bis zu vier Pflegekinder, welche die Familie bei sich aufgenommen hat. Umso mehr ist Dominik Seitz seinen Eltern dankbar, dass er der Erste sein durfte, der aus der Großfamilie studieren konnte.

Fühlt sich in seiner Wahlheimat Bayreuth sichtlich wohl: Dominik Seitz, hier vor dem berühmten Richard-Wagner-Festspielhaus auf dem Grünen Hügel.

Fühlt sich in seiner Wahlheimat Bayreuth sichtlich wohl: Dominik Seitz, hier vor dem berühmten Richard-Wagner-Festspielhaus auf dem Grünen Hügel. © Privat, WT

Der 31-Jährige hat mittlerweile selbst eine Familie und ist verheiratet. Seine Frau Vera ist Bayreutherin, zusammen haben sie einen kleinen Sohn namens Noah. Das zweite Kind ist unterwegs. „Es wird ein Mädchen“, freut sich der junge Familienvater. In Bayreuth zu bleiben, hatte er anfangs nicht am Plan, als er im Sommer 2011 zum Studium in die 80 000-Einwohner-Stadt ging. Doch die Liebe und die berufliche Entwicklung sorgten für ein Umdenken. „Inzwischen weiß ich die Vorzüge des Stadtlebens zu schätzen und fühle mich in Bayreuth sehr wohl“, sagt Dominik Seitz, den viele „Deddi“ rufen. „Dieser Spitzname ist während des Schullandheims in der sechsten Klasse entstanden und hat sich seither hartnäckig gehalten“, erzählt Seitz.

Ursprünglich wollte er in Bayreuth Sportökonomie studieren. „Bei der Vorbereitung auf den Leistungstest habe ich es wohl ein wenig übertrieben“, erinnert sich Seitz augenzwinkernd. Verletzungsbedingt fiel der Test flach, er entschied sich um, startete ein Studium der Gesundheitsökonomie und war „schon nach einem halben Jahr sehr zufrieden damit“. Und er blieb dabei.

Angehender Doktor

Dem Bachelor ließ er den Master folgen und 2016 wurde er als wissenschaftlicher Mitarbeiter für Lehre und Forschung an der Universität Bayreuth angestellt. Obendrein startete er seine Promotion, in der es um die Akzeptanz von Apps im medizinischen Bereich geht. Bei seiner Doktorarbeit liegt er „in den letzten Zügen“, wie er sagt. Sie soll im ersten Quartal 2022 fertig werden. Dann könnte bald ein „Dr.“ in der Ramsberg-Veiter Aufstellung auftauchen.

Stolzer und glücklicher Familienvater: Dominik Seitz mit seinem Sohn Noah.

Stolzer und glücklicher Familienvater: Dominik Seitz mit seinem Sohn Noah. © Privat, NN

Zeitlich erschwert hat sich das Projekt nicht zuletzt durch einen beruflichen Wechsel. Seitz arbeitet seit Anfang 2020 in der freien Wirtschaft. Als Berater bei „Zimmer Biomet“– einer amerikanischen Firma für Medizintechnik – hat er nicht die klassische 40-Stunden-Woche, sodass sich die Arbeit an der Promotion verstärkt aufs Wochenende verlegte und dort mitunter für einen „Spagat“ sorgte . . .,

. . . denn es gibt ja auch noch den Fußball im Leben des Dominik Seitz. Immer wieder mal hat er sich in den vergangenen Jahren überlegt, ob es noch Sinn macht mit all dem Aufwand. Die Antwort war bislang aber immer „Ja“, weil Beruf, Familie und Sport sich aus seiner Sicht gut vereinen lassen. Da er nicht regelmäßig ins Vereinstraining geht, sich stattdessen selber fit hält und ansonsten nur die Spiele an den Wochenenden sind, bleibt der zeitliche Aufwand in Grenzen.

Hinzu kommt, dass er nach wie vor gerne zur „SG vom See“ kommt. Dort trifft er viele langjährige Freunde und Bekannte. Dem Verein und den Leuten gegenüber ist er „sehr dankbar, denn hier durfte ich die coolste Zeit meiner Fußballerlaufbahn erleben“. In der Tat hat Dominik Seitz den kompletten Aufschwung der Spielgemeinschaft von der A-Klasse bis zur festen Größe in der Kreisliga oder auch viele Erfolge in der Halle miterlebt und als Leistungsträger (und mehrere Jahre als Kapitän) entscheidend mitgeprägt.

Wechsel zum TSV 1860 Weißenburg

In Ramsberg hat Seitz einst als fünfjähriger Junge mit dem Fußball begonnen. Weil es dort an Jugendteams fehlte, wechselte er nach Pfofeld und Pleinfeld. Sein Talent fiel auch dem TSV 1860 Weißenburg auf. „Hier wurde ich zum ersten Mal richtig gefordert, das hat mir extrem viel gebracht“, findet der Defensivspieler. Beim TSV spielte er in der U17, U19 und schließlich als Youngster bei den Herren.

Studium in Bayreuth und Bezirksliga-Fußball in Weißenburg ließen sich auf Dauer aber nicht verbinden. „Ohne regelmäßiges Training war das schwierig, die Belastung war einfach zu groß und der Spaß am Sport hat gelitten.“ Deshalb entschied er sich in der Winterpause 2011/2012, also vor genau zehn Jahren, zu einem Wechsel in die A-Klasse zur SG Ramsberg/St. Veit. Dort traf er nicht nur etliche alte Kumpels wieder, sondern fand mit Jörg Hertlein auch einen „sehr guten Trainer“ vor, der die SG im Sommer 2013 in die Kreisklasse und ein Jahr später per Durchmarsch in die Kreisliga führte.

Neben langjährigen Freunden wie Tobias und Patrick Fuchs, Michael Huf oder Nico Schwarzer, war Willi Birkhan in all den Jahren immer eine wichtige Bezugsperson für Dominik Seitz. Letzterer ist nicht nur sein Nachbar in Veitserlbach, sondern auch sportlicher Leiter der SG. Birkhan schwärmt regelrecht von Seitz: „Deddi ist ein außergewöhnlicher Sportler und Mensch, der mit großem Einsatz dazu beigetragen hat, das wir seit 2014 in der Kreisliga spielen dürfen. Es gibt wenige Leute, die so viel Einsatz für ihren Verein zeigen wie er. Bei der SG sind wir sehr stolz, einen solchen Spieler in unseren Reihen zu haben, denn er hätte gewiss auch woanders unterkommen können.“

Seitz hat sich zwischenzeitlich natürlich auch die Frage gestellt, ob er es in Bayreuth einmal höherklassig bei einem Landesliga-Verein versuchen und „sportlich mehr herausholen“ sollte. Es wäre allerdings ein weitaus größerer Aufwand gewesen. Trotz sportlichen Ehrgeizes war für ihn der Unterschied nicht so groß, um den Schritt tatsächlich zu gehen, zumal für Seitz schon länger klar war: „Ich werde ja kein Profi mehr.“

Über 200 Punktspiele für die SG

Und was vor allem ausschlaggebend war: Ihm macht es bei den Ramsberg-Veitern einfach Spaß. Er spricht von „besonderen Zeiten“ für die beiden Fußballdörfer. Über 200 Punktspiele mit 15 Toren hat der spielstarke Innenverteidiger für seinen Heimatverein inzwischen absolviert, muss mit seinem Team in der laufenden Saison (derzeit Relegationsrang zwölf) allerdings gegen den Abstieg kämpfen. Der Klassenerhalt in der Kreisliga ist das große Ziel.

Und noch einen Wunsch hätte Dominik Seitz. Gerne würde er einmal zusammen mit seinem jüngsten Bruder Bastian auflaufen, der momentan an einem Kreuzbandriss laboriert. Vielleicht klappt es ja nach der Genesung. Die Fahrt von Bayreuth nach Ramsberg würde Dominik Seitz dann besonders gerne antreten. Den Weg kennt er ja bestens nach über zehn Jahren als Fußball-Pendler.

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