Konzept für neues Baugebiet in Weißenburg akzeptiert

5.6.2020, 06:32 Uhr
Konzept für neues Baugebiet in Weißenburg akzeptiert

© Foto: Robert Renner

Genau an diesem Punkt entspann sich eine längere Diskussion, denn die Freien Wähler (FW) sehen den Bedarf nicht als gegeben an, weshalb sie gegen das Vorhaben stimmten. Grünen-Stadtrat Gerd Meyer und

Victor Rother (Die Linke) lehnten es ebenfalls ab, nannten aber keine expliziten Gründe. Rother hatte allerdings während der Diskussion um den Flächenverbrauch eingehakt und dafür plädiert, "möglichst viel Wohnraum zu schaffen, wenn wir schon Flächen versiegeln". Die FW sehen generell nicht den notwendigen Bevölkerungszuwachs in den kommenden Jahren, um das Baugebiet zu füllen.

Entstehen sollen dort dem beschlossenen Konzept zufolge fünf Mehrfamilienhäuser mit 57 Wohnungen, sechs Einfamilienhäuser, zwei Doppelhaushälften und 43 Reihenhäuser, zusammen also 108 Wohneinheiten. Doch Weißenburg werde in den nächsten zehn Jahren dem Statistischen Landesamt zufolge nur um rund 100 Einwohner wachsen, gab Heinz Gruber (FW) zu bedenken. "Wir erschließen aber Baugrund für rund 300 Bewohner", assistierte FW-
Fraktionschef Wolfgang Hauber. Dem widersprach Uwe Döbler (SPD). Noch vor ein paar Jahren habe es geheißen, die Bevölkerungszahl in Weißenburg gehe zurück, was sich aber nicht bewahrheitet habe. Außerdem schaffe Angebot bekanntlich Nachfrage. Daher sprach sich der Sozialdemokrat für das neue Baugebiet aus.

Der Bauboom werde aber infolge der Corona-Krise abflauen, prognostizierte Gruber. Darüber hinaus hätten Anlieger bereits mit Klagen gegen das Vorhaben gedroht. Es werde also viel Geld für die Erschließung eines unsicheren Projektes ausgegeben. Dann sei Geld vergraben, das an anderer Stelle benötigt würde, gab Hauber zu bedenken.

Die Regierung von Mittelfranken sehe dies ebenso und habe darauf hingewiesen, dass bei der Realisierung dieses Baugebietes ein anderes zurückgezogen werden müsse, sagte Gruber mit Hinweis auf die geplanten weiteren Baugebiete am alten Umspannwerk bei Hattenhof und Am Hasenacker in Holzingen. "Wir sehen keine Notwendigkeit für das Baugebiet und lehnen es ab", unterstrich er.

Hauber erinnerte zudem an die Vorgaben der bayerischen Staatsregierung. Diese wolle den Flächenverbrauch im Freistaat reduzieren. Das Baugebiet stehe im "totalen Widerspruch dazu" und der Bedarfsnachweis sei nicht erbracht.

Sebastian Linsenmeier, zuständiger Mitarbeiter des Stadtbauamtes, erklärte, dass der Bedarfsnachweis und die neu anzuwendende Auslegungshilfe des Bayerischen Wirtschaftsministeriums dazu erstmals im Stadtbauamt angewandt werden. Der Bedarfsnachweis werde der Regierung von Mittelfranken mit den Planungsunterlagen vorgelegt. Dann werde sich zeigen, wie sie die Situation einschätze. Die Verwaltung jedenfalls sehe den Bedarf als gegeben an.

CSU-Fraktionsvorsitzender Klaus Drotziger bezeichnet es mit ironischem Unterton als "schön, dass die Freien Wähler dagegen sind, dass junge Familien in Weißenburg bauen können". Es gebe großen Bedarf an Bauplätzen und Weißenburg habe "über Jahre zugesehen, wie die jungen Familien abgewandert sind". Um überhaupt Bauland für sie zu schaffen, habe die CSU im vorberatenden Bauausschuss dem Kompromiss mit nur sechs Bauplätzen für Einfamilienhäuser zugestimmt.

Eine Frage des Preises

Gruber hielt dem entgegen, dass es Abwanderungen vor allem wegen der Baulandpreise in Weißenburg gegeben habe. Es könne oder wolle sich mancher das Bauen in Weißenburg schlicht nicht leisten. Die Stadt aber dürfe bekanntlich nicht ins Marktgeschehen eingreifen und Bauplätze einfach billiger anbieten.

Die sieht Andre Bengel ähnlich. Von privat könnten Bauplätze in der Stadt verkauft werden, aber eben zu entsprechenden Preisen, meinte der SPD-Fraktionsvorsitzende. Da stelle sich dann jedoch die Frage: "Will ich in Weißenburg wohnen und kann ich es mir leisten?"

Grundsätzlich sei aber wichtig, dass die Stadt etwas im Angebot habe. Nicht zuletzt in der Corona-
Krise habe sich gezeigt, dass kleinere Kommunen wie Weißenburg die flexibleren seien, daher werde der Trend hin zu den größeren Städten wohl zurückgehen, vermutete er.

Seine Parteifreundin Inge Pfitzinger-Miedel gab zu bedenken, dass es nicht nur neu hinzukommende Bürger, sondern sicher auch Familien in Weißenburg gibt, die schon länger nach einem Bauplatz suchen. Das Baugebiet sei zudem "sozial, ökologisch und nachhaltig geplant".

Es entstehe eine stadtnahe Wohnlage mit Reihenhäusern, für die weniger teurer Baugrund benötigt und damit ein Haus eben auch erschwinglich werde. Die Sozialdemokratin fände es gut, "wenn die Stadt in der Lage wäre, die Bebauung in die Hand zu nehmen", statt sie einem Bauträger zu überlassen. So könnten die Häuser günstiger angeboten werden.

Nach Lesart von Maximilian Hetzner ist es auch aus ökologischen Gründen wichtig, in der Kernstadt Bauplätze anbieten zu können, denn anders als auf den Ortsteilen brauche dort nicht jede Familie zwei Autos und generell seien die Wege kürzer. Außerdem werde mit Reihenhäusern verdichtet gebaut, und sie stellten eine Baumöglichkeit für Menschen mit nicht so dickem Geldbeutel dar.

Es stimme zwar, dass in den vergangenen Jahren in Weißenburg viel gebaut worden sei, er könne aber nicht sehen, dass es keinen Bedarf gebe, meinte der Grüne. Er sei daher für das neue Wohngebiet und das vorgeschlagene Bebauungskonzept, vorausgesetzt die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (saP) verlaufe positiv.

Auch Tobias Kamm, als Baufinanzierer bei der Sparkasse tätig, plädierte für das Baugebiet. Er sehe jeden Tag, dass junge Familien in Weißenburg bauen wollten. "50 bis 100 Bauplätze können wir in den nächsten Jahren an den Mann bringen", ist der Christsoziale überzeugt. Ziel müsse sein, dass Weißenburg ein Angebot schaffe und nicht immer der Nachfrage hinterherhinke und die Leute abwanderten.

Das wollte Bengel so nicht stehen lassen. In Weißenburg habe es an den Sperrwiesen und am Gartenfeld noch Bauplätze gegeben, als beispielsweise der Bauboom in Ellingen schon lief. "Es ist tatsächlich eine Frage des Preises", sagte der SPD-Fraktionschef und machte zugleich deutlich, dass das Baugebiet zur Rezat hin eine "gute Sache" sei. "Wenn wir es richtig angehen, kann dort eine schöne Wohngegend entstehen", ist er überzeugt.

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