Pfiffiges Gastro-Konzept aus Pappenheim

10.5.2020, 08:02 Uhr
Pfiffiges Gastro-Konzept aus Pappenheim

© Foto: Jan Stephan

Es wird ein Ausnahme-Sommer für die Gastro bleiben. Deshalb wird man in der Pappenheimer "Sonne" kreativ, um die Küche zu den Kunden zu bringen. Die sogenannte "Glücks-Box" ist eine von mehreren Ideen, die auch nach der Krise eine Berechtigung haben könnten. Denn: "To-go wird bleiben", denkt Steffi Glück.

Und das wäre ja tatsächlich eine erfreuliche Folge der ganzen Malaise. In der ambitionierten Küche waren Bring- und Holservice bislang kein Thema. Aber warum sollte man to-go eigentlich der schnellen und nicht besonders einfallsreichen Küche überlassen? Wer einmal das Abenteuer gewagt hat, ein deutsches Gericht auf der Karte von Pizzalieferdiensten zu bestellen, weiß, dass es diesbezüglich Luft nach oben gibt.

Aber die Sache ist eine Herausforderung, wie Steffi Glück weiß. "Pizza lässt sich besser liefern, bei der deutschen Küche ist das nicht so leicht." Zumindest nicht, wenn sie auch so schmecken soll, wie man sich das in der "Sonne" vorstellt, die als einer der besten kulinarischen Adressen im Landkreis gilt. Deshalb hat man nun also die Glücks-Box erfunden. Hinter der verbirgt sich ein viergängiges Menü für vier Personen auf höchstem Niveau für zu Hause. "Wir wollen einfach auch unsere Gäste erreichen, die zehn oder 15 Kilometer oder noch weiter weg sind, und da wird es mit dem Abholen dann einfach schwierig", erzählt die Restaurantbetreiberin. Die Boxen-Idee lässt sich ganz gut an. Bis von Ingolstadt und Roth kommen Kunden.

Die ebenso einfache wie einleuchtende Idee des Box-Systems: Das Vier-Gänge-Menü ist so fertig wie es sein muss, dass die Gerichte hervorragend schmecken, und so unfertig, wie es Sinn macht, dass man sie zu Hause heiß auf den Tisch bringen kann. Den Salat holt man aus der Papp-Box. Er ist adrett und frisch angerichtet, das Dressing gibt’s extra dazu. Gleiches gilt für den Spargelsalat, den man perfekter kaum hinbekommen kann. Knackige Stängchen, die genug von dem cremig-kräuterigen Dressing inhaliert haben, um nach einem Wald im Frühling zu schmecken. Dazu ein paar Tomaten, die eine Geschmacksexplosion auslösen. Komplettiert wird der erste Gang von hausgebeiztem Cassis-Lachs, der die Aromen von Beere und Fisch sehr unaufdringlich zusammenbringt.

Der Salat-Gang ist einfach. Man verlegt ihn einfach mit ein bisschen Geschick von der Box in die Schüssel und gibt das Dressing zu. Kaum aufwendiger ist es bei der Kalbstafelspitz-Suppe mit Klößchen, die im Weck-Glas kommt und einfach aufgewärmt werden muss.

Der Hauptgang wird ein bisschen anspruchsvoller für den Zuständigen am heimischen Herd. Jede Zutat ist in einem vakuumierten Beutel, die man alle zusammen für acht Minuten ins kochende Wasser gibt. Danach nimmt man sie heraus, schneidet sie auf, gibt den Inhalt in Schüsseln und richtet auf den Tellern an. Konkret finden in diesem Fall nun dort Krautwickel in Kümmel-Biersauce mit Rahm-Wurzelgemüse und Kartoffelbrei zusammen. Zudem vegetarische Maultaschen mit Bärlauchsauce und Frühlingsgemüse. Das Ergebnis ist sehr überzeugend. Bemerkenswert vor allem, dass auch das Gemüse noch seinen Biss hat.

"Man kann das nicht mit jedem Gericht machen. Am besten eignen sich zum Beispiel Schmorgerichte wie Krautwickel oder auch Rouladen", erzählt Steffi Glück. Aber auch Atlantik-Steinbutt, Ochsenbacke oder Lammstrudel stehen zur Wahl. Man brauche Gerichte und Zutaten, die das Aufwärmen ohne Qualitätsverlust überstehen. "Wir hatten auch schon überlegt, nur die Zutaten mit Rezepten zu liefern, so wie das Hello Fresh zum Beispiel macht, aber wir wollten ja, dass das unsere Küche ist. Dass das unsere abgeschmeckten Saucen sind . . ." Für die Zukunft hat man sogar schon überlegt, ob man gleich ganze Köche ausleiht. "Für Feste, wo nur im kleinen Rahmen zu Hause gefeiert wird, mit zehn, 15 Gästen wäre das schon eine Option", erzählt die Gastronomin.

Die erzwungene Auszeit nutzte man auch dazu, um über weitere Projekte nachzudenken. So will man im Erdgeschoss des Gasthauses, wo früher die Metzgerei Wörlein untergebracht war, ein Café eröffnen. Das ließe sich dann auch als To-go-Ausgabestelle nutzen. "Man muss mal sehen, aber ich denke, im Moment ist eine gute Zeit, ein paar Sachen auszuprobieren", erzählt Steffi Glück. Es geht auch darum, die Mitarbeiter aus der Kurzarbeit zu holen. Auch der Ruhetag könnte mittelfristig gestrichen werden, um die eingeschränkten Gastkapazitäten besser zu nutzen.

Die Krise hat das Wirtsehepaar Steffi und Sven Glück getroffen. "Das ist massiv, klar, aber es bringt jetzt nichts auszuflippen, es geht jetzt auch um unternehmerischen Weitblick." Man habe sich so aufgestellt, dass man im normalen Betrieb nicht auf Kante genäht sei, und könne die Situation eine Zeit lang aushalten. Doch natürlich freuen sich die Wirtsleute, dass es jetzt langsam wieder Perspektiven gibt, Gäste im Gasthaus zu bewirten.

Die Glücks-Box soll aber auch über die Gastronomie-Öffnung hinaus erhalten bleiben. Und dass das eine gute Idee hat, stellt man spätestens fest, wenn man den Nachtisch des Vier-Gänge-Menüs verkostet hat. Zweierlei Schokomousse mit Rhabarber-Ragout.

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