Unbürokratische Hilfe für Asylbewerber

6.4.2014, 08:30 Uhr
Unbürokratische Hilfe für Asylbewerber

© Markus Steiner

„Uns geht es in erster Linie gar nicht um das Vermitteln der perfekten Grammatik, sondern vor allem um eine Willkommenskultur“, sagt Norbert Schuster. Der dritte Bürgermeis­ter kümmert sich federführend um das Bürgerhaus und ist stolz darauf, dass es in so kurzer Zeit gelungen ist, den Asylbewerbern einen Sprachunterricht anzubieten. Denn offizielle Kurse dürfen die Aserbaidschaner, die zuvor im Aufnahmelager in Zirndorf waren, erst nach einem Dreivierteljahr in Deutschland belegen.


Ein Zeitraum, der Schuster und seinen Mitstreitern viel zu lange vorkam. Wie soll sich jemand zurechtfinden, wenn er sich nicht verständigen kann? Eine Frage, auf die Christa Bilke, Hans Gaube und Alfred Schönlein in ihrem Kurs Antworten geben wollen. Einmal pro Woche nehmen sich die drei Rentner Zeit und versuchen, den Asylbewerbern die wichtigsten Wörter und Begriffe beizubringen. So lernen Rena, Arzu, Samira, Amin oder Leyla, anhand von Bildwörterbüchern, was ein Sofa, ein Herd oder eine Lampe ist.


Unterricht mit Wortkarten


„Wir können hier freilich keinen didaktisch ausgefeilten Unterricht anbieten“, sagt Hans Gaube, während er Wortkarten hochhält, auf denen ein Badezimmer samt den üblichen Utensilien abgebildet ist. Der pensionierte Maschinenbautechniker war beruflich bei Mercedes, BMW oder Audi tätig und hat dort unter anderem als Handwerksmeister Lehrlinge unterrichtet. Deutsch als Fremdsprache ist aber auch für ihn Neuland.


Da hilft es ihm, dass es in der Lernwerkstatt der Grundschule Pleinfeld auch Materialien gibt, die für den Deutschunterricht mit Ausländern geeignet sind. Rektor Uwe Geuder hat den Raum kurzerhand und ohne bürokratische Hürden zur Verfügung gestellt. Was sich hier nicht finden lässt, holen sich die ehrenamtlichen Lehrkräfte selbst aus dem Internet.


Und so wird mit Wortkarten, Deutsch-Russisch-Wörterbüchern und auch mit Händen und Füßen kommuniziert. Die Frage, warum die Aserbaidschaner ihrer Heimat den Rücken gekehrt haben, wird in Pleinfeld aus­geklammert. Darüber, ob die 13 Neu-Pleinfelder für immer in Deutschland bleiben oder nicht, sollen sich die zuständigen Stellen den Kopf zerbrechen, findet Schuster. Dem dritten Bürgermeister ist es wichtig, dass sich die Asylbewerber in der Rezatgemeinde wohlfühlen.


Alfred Bartsch, der sein Haus in der Brückenstraße an die Regierung von Mittelfranken für Asylbewerber vermietet hat, ist froh, dass sich die Mitarbeiter vom Bürgerhaus so unbürokratisch um die Aserbaidschaner kümmern. Denn auch der Vermieter hat mit der Asylunterkunft Neuland betreten: „Ich hatte überhaupt keine Erfahrungswerte und konnte niemanden fragen.“ Eines war ihm jedoch von Anfang an klar: „Ein Sprachkurs muss unbedingt her.“


Denn auch Bartsch muss sich oft mit Händen und Füßen und Zeichensprache behelfen. Lediglich die 29-jährige Leyla kann ihm als Übersetzerin aushelfen und geht bei Einkäufen oder Arztbesuchen mit. Die junge Frau studierte in ihrer Heimat Internationale Wirtschaft und spricht bemerkenswert gut Deutsch. Leyla wollte auch gerne im Mehrgenerationenhaus oder im Seniorenheim mithelfen – aber auch das darf sie nicht. Solange die Asylbewerber auf ihr Aufnahmeverfahren warten, sind sie zur Untätigkeit verbannt.


Wissbegierige Schüler


Deshalb sind alle über die Abwechslung, die der Sprachkurs in der Grundschule mit sich bringt, dankbar. „Die Leute sind total wissbegierig und leicht zu führen“, stellt auch Alfred Schönlein seinen Schülern ein gutes Zeugnis aus. Der gelernte Konditormeister lernt als Rentner selbst noch einmal an der Volkshochschule Englisch und hat auch am Deutsch-Unterrichten seine Freude: „Mir macht das echt viel Spaß.“

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