Schotter- und Steinwerke mit neuem Produkt

Warum versucht man in diesen Zeiten einen Steingarten zu vermarkten?

22.6.2021, 08:00 Uhr
Richtig angelegt kommt mit dem Bienotop von SSW am Ende tatsächlich ein sehr artenreicher Steingarten heraus. Allerdings muss man auch ein bisschen Arbeit reinstecken.

© SWS, NN Richtig angelegt kommt mit dem Bienotop von SSW am Ende tatsächlich ein sehr artenreicher Steingarten heraus. Allerdings muss man auch ein bisschen Arbeit reinstecken.

Gut, dass Jens Geiger, Prokurist von SSW, die Erklärung von Naturstein-Anwendungen zu seinen Hobbys zählt. Und so beginnt man mit einer kleinen Typologie der Gartengestaltung. „Es gibt Schottergärten und es gibt Steingärten“, erzählt Geiger. „Das eine sind die Gärten des Grauens, das andere sind wertvolle Biotope für Bienen, Insekten und Amphibien.“

Ein Schottergarten mit untergelegtem Unkrautvlies ist dafür gedacht, dass dort nichts wächst - außer vielleicht dem einsamen Buxbaum, den man im Schotterbett versenkt hat. Ein Steingarten dagegen ist so konzipiert, dass dort vor allem Besonderes wächst.

Spezialisten, die auf normalem Gelände keine Chance gegen die Generalisten hätten, deren Stunde aber schlägt, wenn die Bedingungen extrem werden. Und das sind sie in einem Steingarten.

Karges Angebot für Spezialisten

Das Prinzip ist ähnlich wie beim Kalkmagerrasen des Altmühltals. Ein Lebensraum mit außerordentlich schlechten Bedingungen: wenig Nährstoffen, dünner Erdauflage, hohen Temperaturen und schlechter Wasserspeicherung. Aber gerade deshalb ist er so artenreich, weil er nur Spezialisten in vielen kleinen Nischen ein Auskommen bietet.

Der Witz ist also, dass der als eine Ausgeburt der Hölle geltende Steingarten punktuell sogar eine Bereicherung für die Natur sein kann. Wenn er denn richtig gemacht ist.

Vor allem für Bienen, Insekten und auch Amphibien wie Eidechsen bieten sich in den natürlichen Höhlen und Löchern Rückzugsplätze und Brutmöglichkeiten. Das mit dem Richtigmachen ist beim Steingarten allerdings gar nicht so einfach.


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Und hier setzt Jens Geiger mit seiner Projektidee an. „Bei uns kann man den Steingarten zum Selbermachen mit einem Klick im Onlineshop nach Hause bestellen“, erzählt er. „Samt Material und Pflanzen.“ Bienotop hat man das Produkt genannt. Einen bienenfreundlichen Steingarten von der Palette.

Warum versucht man in diesen Zeiten einen Steingarten zu vermarkten?

© Jan Stephan, NN

Das klingt recht harmlos - bis man sich so einen Steingarten aus dem Sack mal auf dem Werksgelände von SSW angeschaut hat. Man redet hier immerhin von rund 1000 Kilo Stein. Und zwar unterschiedlichster Körnung und Größe. Sauber getrennt im großen Sack in vier verschiedenen Fächer.

Das natürliche Unkrautvlies

Die Körnung des Kalksteins ist das Geheimnis, dass es etwas mit der Artenvielfalt wird. Nur, wenn sich größere Findlinge, mit grobem Geröll und feinem Stein-Lehm-Granulat mischen entsteht ein strukturreicher Lebensraum.

Die eine Tonne Material samt der rund zehn bis 20 Pflanzen reicht gerade für rund zwei Quadratmeter fachgerechten Steingarten. Geiger: „Man muss rund 30 Zentimeter Steinboden haben, damit das richtig funktioniert. Erst dann wirkt diese Schicht wie ein natürliches Unkrautvlies.“

Was an Spezialisten im persönlichen Steingarten wachsen soll, kann man sich im Online-Shop selbst auswählen. Die Bandbreite reicht von Halbschatten über Heilpflanzen bis zu Edition „Schamane“.

Die Pflanzlisten hat Gerd Meyer von Botanik in Weißenburg zusammengestellt. Von ihm kommen auch die Pflanzen. „Wir haben da darauf geachtet, dass das Pflanzen sind, die da auch ohne Pflege definitiv gedeihen. Außerdem sind sie alle biologisch produziert und bienenfreundlich.“ Die Auswahl ist zudem so, dass während der gesamten Vegetationsperiode verschiedene Pflanzen blühen.

Die Anlage des eigenen Steingartens ist dann allerdings schon eine Aufgabe für ein arbeitsreiches Wochenende. „Das ist schon so ein Do-it-yourself-Ding. Es gibt auch eine Anleitung, wie man das richtig einbaut“, erklärt Geiger lachend.

Ein ganz neuer Kundenkreis

Er selbst hat einen Versuchsgarten bei sich zuhause angelegt und weiß, dass man ordentlich mit der Schaufel zu tun hat, bis man die Erde draußen und den Stein drinnen hat. Vom Ergebnis allerdings ist er sehr angetan.

Deswegen ist man nun im Schotter und Steinwerk nun auch ganz offiziell in den Vertrieb eingestiegen. Unter der Adresse www.bienotop.de ist der Online-Shop eröffnet worden und man hofft nun auf Kunden. Für das Schotter- und Steinwerk ist das ein völlig neues Geschäftsfeld. Sonst verkauft man Schotter, Mauersteine oder Marmorblöcke an Bauunternehmen, Landschaftsarchitekten oder Weiterverarbeiter, jetzt wendet man sich mit einem Produkt direkt an den Endverbraucher.

Fasziniert von der Hartnäckigkeit

„Da stecken bei uns jetzt auch drei Jahre Planungen und Überlegungen in einem kleinen Team drin“, erklärt Geiger auf der Treppe des Bürogebäudes als das Gespräch schon fast vorbei ist. Dann fällt ihm ein, dass er den Stein des Anstoßes noch gar nicht gezeigt hat.

„Eigentlich hat es mit dem hier angefangen“, erzählt Geiger und klopft einem großen Natursteinfindling vor dem Bürokomplex auf die Schulter. „Ich hab mich immer gewundert, wie in diesem Ding hier was wachsen kann. Unter den denkbar schlechtesten Bedingungen. Zwischen all dem Staub, der Hitze und fast keinem Wasser.“ Tatsächlich aber streckt eine Pflanze ihre dicken, fleischigen Blätter aus einer Mulde des Steins heraus. Das war der Impuls sich mit dem Thema Vegetation und Stein einmal genauer auseinanderzusetzen. Herausgekommen ist das Bienotop. Mal sehen, was der Markt und die Bienen dazu sagen.