Weißenburg: Das Auto als Waffe benutzt?

23.1.2020, 11:50 Uhr
Weißenburg: Das Auto als Waffe benutzt?

© Markus Steiner

 Die Verlesung der Anklageschrift durch Staatsanwältin Sarah Rudolph ließ dabei zunächst den Wutpegel durchaus steigen. Ulrich Wandinsky (die Namen aller beteiligten Personen wurden von der Redaktion geändert) soll mit seinem Auto zunächst nur knapp an Ina Christ vorbeigefahren sein, als diese eine Straße überquerte. Worauf sich zwischen Fahrer und Fußgängerin eine Diskussion entfacht habe, wie die Juristin verlas.

Danach habe der Ellinger mit seinem Pkw just in dem Augenblick rückwärts beschleunigt, als die Dame direkt hinter dem Wagen stand. Sie habe sich eine Hüftprellung zugezogen, während er dann einfach davongefahren sei. Weswegen Staatsanwältin Rudolph auch auf Körperverletzung und Fahrerflucht plädierte.

Aus dem Munde von Wandinsky hörte sich das Geschehen, welches sich im Juli 2019 auf dem Parkplatz vor der Weißenburger Post zugetragen hat, aber dann völlig anders an. Er sei auf Parkplatzsuche "vorsichtig und langsam" gefahren, als er eine Dame auf der Straße erspäht habe, "die scheinbar nicht auf den Verkehr geachtet hat". Ihre Geste habe er als ein Signal zum Weiterfahren gedeutet.

Trotz geöffneten Fensters habe er nicht verstanden, was sie ihm sagte, und zu ihr des Öfteren gerufen: "Ich verstehe Sie nicht!" Dann habe er einem ausparkenden Fahrzeug Platz machen wollen und sei deshalb rückwärts gefahren. Er habe sich dabei natürlich umgesehen und niemanden hinter dem Auto bemerkt – auch die Parksensoren des Wagens hätten nichts angezeigt. Als er erkannt habe, dass der frei gewordene ein Behinderten-Parkplatz ist, sei er davongefahren, um andernorts seine Suche fortzusetzen.

Die Version der 21-jährigen Geschädigten nahm sich dann vor Gericht deutlich verschieden aus. Die Krankenpflegerin aus Weißenburg betonte, dass sie sich beim Überqueren der Straße sehr wohl vergewissert habe, dass sie frei ist. Als sie diese zur Mitte überquert habe, sei dann allerdings ein "Pkw angerast" (den sie als abbiegendes Auto vorher nicht sehen konnte, wie eine genauere Beschreibung ergab). Nur dank eines Sprungs zurück habe sie verhindern können, dass der Wagen über ihren Fuß fuhr.

Erbost habe sie dann an die Fensterscheibe geklopft und den Fahrer zur Rechenschaft ziehen wollen. Als Antwort habe sie in aggressiven Ton erhalten: "Das ist kein Gehweg, sondern eine Straße!" Nach dem Disput sei sie zu ihrem, gegenüber der Post geparkten Auto gegangen und dabei von Wandinsky angefahren worden.

Sie habe aufgeschrien, sich dann aber doch Kennzeichen und Farbe gemerkt. Zwei Frauen am Posteingang hätten sich dann bereit erklärt, als Zeugen zur Verfügung zu stehen. Sie selbst habe eine Hüftprellung erlitten und sei "drei Wochen lang durch den Schmerz an die Begebenheit erinnert" worden. Ihre Bewertung: "Ich kann mir den Vorfall nicht anders erklären, als dass er mich absichtlich verletzen wollte."

Der Angeklagte konterte: "Haben Sie denn eine Idee, warum ich in einer solchen Absicht handeln hätte sollen?" Rechtsanwalt Antonius Lunemann zeigte sich im Folgenden verwundert darüber, dass Christ angab, all dies sei an einem Freitag geschehen, für den sie dann auch eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erhalten habe. Das folgende Wochenende hätte sie eh nicht arbeiten müssen. Das Geschehen habe sich aber an einem Dienstag abgespielt, monierte der Jurist.

Gestützt wurde die Aussage von Christ zunächst von einer der beiden Zeuginnen, die angab, dass das Auto des Angeklagten "richtig schnell gefahren" sei. Als er dann aber nach dem Disput seinen Wagen zurückgesetzt habe, sei er etwa einen halben Meter vor ihr zum Stehen gekommen, was wiederum nicht zu den Ausführungen der Geschädigten passen wollte.

Auf weiteres Nachfragen räumte die Zeugin aber dann ein, dass sie es "nicht mehr so genau weiß". Dass sie sagte, sie kenne den Angeklagten nicht, obwohl beide in der gleichen Straße wohnten, erschien dem Anwalt zudem recht seltsam. Er wie auch die Staatsanwältin erkannten Widersprüche in den Zeugenaussagen. Was zu einem Rechtsgespräch unter Ausschluss der Öffentlichkeit führte, um eine Lösung zu suchen.

Eine solche Einigung gab es denn auch. Als positiv wurde bewertet, dass ein schon vor der Verhandlung verhängtes Schmerzensgeld von 750 Euro umgehend bezahlt worden sei. Nun aber kommt auf den Beklagten noch eine größere Summe zu. Gegen Zahlung von 3000 Euro an die Jugendwerkstatt Langenaltheim stellte Richter Ludwig Strobl das Verfahren vorläufig ein. Sei die Summe entrichtet, sei der Fall dann völlig erledigt.

Der Richter aber gab dem Ellinger noch deutliche Worte mit auf dem Weg: "Reißen Sie sich künftig im Straßenverkehr mehr zusammen!" Er machte keinen Hehl daraus, dass er der Darstellung der Geschädigten weit mehr Glauben schenkte als jener des Angeklagten.

 

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