Weißenburger stehen gegen Rechts zusammen

16.7.2013, 18:47 Uhr
Weißenburger stehen gegen Rechts zusammen

© Robert Renner

Eine Sitzblockade auf der Nordseite des Spitaltors hinderte die Neonazis daran, weiter in Richtung Stadtmitte vorzufahren, so dass diese ihre Reden nicht am Marktplatz, sondern in einer kleinen Gasse abhalten mussten.

Bereits ab Vormittag war die Polizei mit Einsatzkräften der Bereitschaftspolizei Eichstätt und des USK vor Ort und patroullierten um den Marktplatz, der als eigentlicher Veranstaltungsort vogesehen war. Weil die NPD-ler jedoch nicht bis dort vordringen konnten und sich ihnen eine große Masse von Demonstranten entgegenstellte, hielten sie ihre Kundgebung gegen 14.40 Uhr in der Friedrich-Ebert-Straße ab.

Allerdings ohne den von ihnen beabsichtigten Erfolg: Die meisten Gegendemonstranten dürften von den Parolen, die Karl Richter vom Rednerpult aus unters Volk zu bringen versuchte, nur wenig gehört haben. Der NPD-ler ist derzeit als Leiter des Parlamentarischen Beratungsdienstes der NPD-Landtagsfraktion im Sächsischen Landtag und bei der Bürgerinitiative Ausländerstopp München (BIA) tätig, für die er im Stadtrat sitzt. Als er zu seiner Rede ansetzte und die Weißenburger als „liebe Bürgerinnen und Bürger begrüßte“, hallten ihm lautstarke Pfiffe, Trillerpfeifen und Megafone entgegen. „Wir stehen hier nur da, um die Demokratie und Freiheit zu schützen“, setzte Richter zu einem erneuten Versuch an und hielt rund 20 Minuten durch, um dann der familienpolitischen Sprecherin der Bayern-NPD das Mikrofon zu übergeben.

Doch auch Sigrid Schüßler erging es nicht viel anders als ihrem Vorredner. Die NPD-Spitzenkandidatin stand anfangs noch lächelnd vor dem Rendnerpult, als ihr zunehmend lauter werdende Nazi-Raus-Rufe und Trillerpfeifen entgegen schallten, verlor auch sie nach und nach die Contenance und verstieg sich in abenteuerliche Aussagen wie „Es ist ein irres Gefühl hier zu stehen und Eure Energie zu spüren“. Die ihr entgegengestreckten Mittelfinger kommentierte sie folgendermaßen: „Wisst ihr überhaupt, was das heißt? Das heißt Fick’ Dich! Ich ficke aber lieber mit Nazis!“ Kurz vor 15.30 Uhr beendete sie ihre Rede mit dem Satz: „O.K., ihr seid verloren. Ich hab’s euch jetzt gesagt! Es war schön mit Euch, wir kommen wieder.“

Punkt 16 Uhr mussten der NPD-Lastwagen mit dem Berliner Kennzeichen und der Kleintransporter rückwärts durch das Spitaltor rangieren und verließen über die Friedrich-Ebert-Straße die Stadt. Am Rande der Gegendemonstration hatte sich eine weitere Antifa-Gruppe beteiligt, deren Mitglieder aus ganz Bayern und überwiegend aus dem Großraum Nürnberg angereist waren.

Insgesamt friedlich verlaufen

Das Dutzend hatte gleich zu Beginn der Veranstaltung vor der Sparkasse Stellung bezogen und sich hinter dem NPD-Lkw niedergelassen und versucht nach der Kundgebung, die Weiterfahrt nach Lauf zu verhindern, wo von 16 bis 20 Uhr die nächste Station der NPD-Bayerntour angemeldet worden war. Die Einsatzkräfte der Polizei sorgten letztlich dafür, dass der Lastwagen die Stadt verlassen konnte, was auch bei Oberbürgermeister Jürgen Schröppel für Erleichterung sorgte.

Das Stadtoberhaupt hatte mehrmals selbst versucht, die „antifaschistische Aktion“ aufzufordern, den Weg für die Abfahrt der NPD frei zu machen – allerdings ohne Erfolg. Eine Sprecherin der überregionalen Gruppe argumentierte gegenüber unserer Zeitung, dass sie verhindern wollten, dass die rund zehn Mann starke NPD-Abordnung ihr nächstes Ziel erreicht. Aus Sicht des Polizeisprechers Robert Schmitt war die Veranstaltung in Weißenburg zwar nicht ganz so friedlich wie in Rothenburg ob der Tauber verlaufen, aber immerhin „friedlich“.

An dem friedlichen Protest gegen die Neonazis hatten sich auch die Kirchen beteiligt. Von 13 bis 16 Uhr läuteten jeweils zur vollen Stunde die Glocken von St. Andreas. Zur halben Stunde protestierten die Glocken von St. Willibald gegen den Neonazi-Aufmarsch am Marktplatz. „Wir hoffen damit ein Zeichen gesetzt zu haben und an den zu erinnern, der uns das Leben gab und der uns lehrt in Würde und Achtung vor dem Leben zu stehen“, erklärte Dekanin Ingrid Gottwald-Weber den Hintergrund der Aktion, die alle Mitstreiter des „Runden Tisches“ unterstützten. Auch die evangelisch-methodistische Kirche rief ihre Mitglieder im Gottesdienst dazu auf, sich an der Gegendemonstration zu beteiligen.

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