Zwei Filme made in Weißenburg

15.12.2018, 06:00 Uhr
Zwei Filme made in Weißenburg

© Ingwer Productions

Am Ende gab es tosenden Applaus und Jubelrufe. Gut, das war nicht so schwer, da der Kinosaal zu guten Teilen mit Freunden, Bekannten und den Familien der rund 20-köpfigen Crew besetzt war. Und die strahlte so viel jugendlichen Enthusiasmus aus, dass es einem schwerfiel, dieses Projekt nicht grundlegend sympathisch zu finden. Restlos unmöglich wurde das, nachdem man die beiden Kurzfilme gesehen hatte. Klar, das war jetzt nicht Hollywood, aber das war auch alles andere als Hobbyspielerei.

Die Zuschauer im Weißenburger Kino sahen zwei Filme auf beeindruckendem Niveau. Und das in einem Genre, in dem es viel schwieriger ist, als bei Musik oder Theater zu einem für den „Nutzer“ ordentlichen Eindruck zu kommen. Schon weil man als Zuschauer fast nur professionelle Machwerke kennt und die Technik eine viel größere Rolle spielt.

Teilzeitverrückte mit Talent

Hinter den Ingwer Productions ste­cken ein paar Köpfe im Zentrum und eine Reihe weiterer Helfer, Schauspieler, Statisten und Freunde. In der fröhlichen Selbstbeschreibung auf Facebook hört sich das wie folgt an: „Wir sind ein kleines großes Team von Teilzeitverrückten, die in ihrer Freizeit gerne Kurzfilme produzieren.“ Zu den führenden Verrückten gehören in diesem Sinne Kai Uffelmann und Gerrit Raabe. Der eine produzierte, führte Regie und schrieb mit am Drehbuch zu „Crash“, der andere schrieb „Gefangen in Freiheit“, spielte die Hauptrolle in „Crash“ und übernahm die Regie bei „Gefangen in Freiheit“.

Zwei Filme made in Weißenburg

© Ingwer Productions

Hinzu kommen mit Kamermann Jonas Schmidt und Lukas Kamm für den Ton zwei weitere wichtige Personen, die nicht nur bei der Produktion, sondern auch in der Nachbearbeitung eine dreistellige Anzahl von Stunden  verwendeten. Das Ergebnis ließ die Mühen angemessen erscheinen. Binnen einer Woche gelang es dem Team, Material für 40 Minuten Kinoerlebnis abzudrehen. „Im Nachhinein würde ich das als Fehler bezeichnen“, stellte Uffelmann inzwischen allerdings fest.

Kein Wunder, der Zeitrahmen war eng und ließ wenig Luft für Wiederholungen. „Da waren Drehtage dabei, da ging das von 8 Uhr morgens bis um 4 Uhr früh. Und dann wieder los“, erinnert sich der Regisseur. Klar, das ganze Team aus Freunden, Bekannten und weiteren Teilzeitverrück­ten hatte sich eine Woche freigenommen, um diesen Kraftakt zu stemmen. Nach Ablauf dieser Frist kehrten alle wieder in ihre Studienorte zurück. Was bis dahin nicht im Kasten war, würde dorthin auch nicht mehr kommen.

Man merkt den Filmen diesen Zeitdruck nur an wenigen Stellen an. Genauso wenig wie man ihnen anmerkt, dass sie nicht von Filmhochschulstudenten, sondern von ambitionierten Laien gemacht wurden. „Wir studieren fast alle, aber keiner was mit Film“, lacht Uffelmann. Ganz ausschließen mag er eine berufliche Beschäftigung mit diesem Thema allerdings nicht, zu groß scheint die Leidenschaft für die Regie. Und immerhin haben die Ingwer-Jungs auch schon einen Preis gewonnen. Sie wurden Zweite beim Mittelfränkischen Jugendfilmfest im vergangenen Jahr.

Aus erzählerischer Sicht ist „Gefangen in Freiheit“ das ambitioniertere Projekt. Im Stile einer amerikanischen Short Story wird man als Zuschauer in eine Barszene geworfen. Da berühren sich zwei Leben, die sonst nicht viel zu tun haben. Da wäre der Jugendliche von der Straße, der Stress mit den Eltern hat, stolz ist auf seine Unbeugsamkeit, aber viel mehr als die auch nicht hat. Max Schaffrath spielt diesen prolligen, aber aufrechten Kerl so körperlich, dass man seine Ungewaschenheit fast zu riechen meint.

Sein Gegenüber ist die gelangweilte Tochter aus gutem Hause, die an der Bar versucht, ihren Nachmittag zu vertrinken. Ziemlich großartig und charmant gespielt von Clarisse Jähn. Sie ist fasziniert von der Kraft dieses Kerls, der sich nichts gefallen lässt. Er genießt die Bewunderung und plustert sich auf. Eine schöne Konstellation, die auch zu ein paar relevanten Fragen führt und mit guten Dialogen überzeugt, die nur an ein paar Stellen vielleicht ein bisschen zu groß für ein echtes Kneipengespräch wirken.

Einfach alle Fehler weglassen

Filmisch ist „Crash“ das aufwendigere Projekt. Die Basis-Story – Party, Mädchen, Verliebtheit, betrunkene Autofahrt, Unfall – samt „Don’t-Drink-And-Drive-Moral, kommt ein wenig hausbacken daher. Aber sie ist dramaturgisch interessant erzählt, sodass der Zuschauer lange im Unklaren bleibt, was genau geschehen ist. Zudem überzeugen die Ingwer Productions auch in schwierigen Drehsituationen. Eine abendliche Gartenparty, eine Autofahrt, eine Unfallszene bei Nacht . . . Gerrit Raabe zeigt darüber hinaus, dass er auch vor der Kamera eine gute Figur abgibt, und Victoria Weninger gefällt in der Rolle des geheimnisvollen Schwarms.

„Wir sind wirklich in allen Bereichen besser geworden“, zeigte sich Kai Uffelmann zufrieden. „Kameraführung, Dialoge, Ton . . . Wir haben einfach die Fehler weggelassen, die wir das letzte Mal gemacht haben.“ Ein Prinzip, das sein Ende nicht erreicht hat, denn „besser“ heißt eben noch längst nicht „optimal“. Uffelmann und seine Teilzeitverrückten haben bereits ein paar Dinge im Blick, die sie beim nächsten Mal anders machen würden. Und das soll kommen. Vielleicht schon 2019.

Bei „Crash“ wirkten mit: Gerrit Raabe, Victoria Weninger, Clarisse Jähn, Lukas Flierler, Jan Cumme (Schauspieler), Produzent: Kai Uffelmann; Regie: Gerrit Raabe & Kai Uffelmann; Kamera: Jonas Schmidt; 2. Kamera: Volker Uffelmann; Maske: Sarah Engeler; Continuity: Tanja Katinger; Klappe: Jule Engeler; Ton: Lukas Kamm; Technik & Licht: Fabian Lensing; Musik: Lukas Kamm; Musik-&Audio-Produktion: Simon Schön; Dokumentation: Katja Uffelmann.

Bei „Gefangen in Freiheit“ wirkten mit: Max Schaffrath, Clarisse Jähn, Jan Cumme, Marvin Fallenbacher (Schauspieler); Produzent: Kai Uffelmann; Regie: Gerrit Raabe; Kamera: Jonas Schmidt; 2. Kamera: Volker Uffelmann; Maske: Sarah Engeler; Continuity: Tanja Katinger; Klappe: Jule Engeler; Ton: Lukas Kamm; Technik & Licht: Fabian Lensing; Musik: Lukas Kamm; Mu­sik&Audio-Produktion: Simon Schön; Dokumentation: Katja Uffelmann.

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