Wenn in der Klinik eine Musicalwelt entsteht

14.4.2007, 00:00 Uhr
Wenn in der Klinik eine Musicalwelt entsteht

© Ulrich Rach

Wer dann und wann die Bundesstraße13 von Ansbach Richtung Würzburg fährt, der hat nahe Strüth den imposanten Gebäudetrakt auf halber Höhe am Waldrand sicher schon einmal zur Kenntnis genommen: die Rangauklinik. Heute ist sie Krankenhaus für Onkologie, Allergologie und Lungenkrankheiten. Früher einmal war sie eine reine Lungenheilstätte.

Und dieser Tatsache, so ungewöhnlich das klingen mag, ist es zu verdanken, dass in dem Haus gerade ein Musical-Theater entsteht. Weil in früheren Jahrzehnten die Lungenkranken oft monatelang in den Sanatorien verbleiben mussten, baute der damalige Träger, die Landesversicherungsanstalt (LVA), auch ein Kino in das Haus ein. Ein richtig schönes Kino im Stil der 50er Jahre. Doch die Fortschritte in der Medizin bewirkten bald, dass die Verweildauer für die Patienten auch im Sanatorium von Strüth bei Ansbach immer kürzer wurden.

Die Folge: Das Kino wurde überflüssig und stand jahrelang mehr oder weniger leer. Bis es die «Werkstatt für Allerlei Kultur» (WAK) entdeckte. Diese Werkstatt ist ein gemeinnütziger Verein, der sich das besondere Ziel gesetzt hat, durch kulturelle Arbeit Kindern und Jugendlichen aus sozial schwächeren Familien zu helfen. Das geschieht in unterschiedlichen Projekten, immer mit der Zielrichtung, dass die jungen Menschen durch das kreative Tun Erfolgsgefühl erfahren und dieses auch mit in den Alltag nehmen. «Das funktioniert wirklich hervorragend», berichtet Günter Sauernheimer, der Vereinsvorsitzende. «Da verändern sich die jungen Menschen zusehends.»

Ganz besonders wurde das für die Mitarbeiter von der WAK deutlich, als sie 1999 bis 2002 das erste Musical angingen. 40 Kinder und Jugendliche und 40 Erwachsene wirkten auf und hinter der Bühne bei «Jona» mit. Sechs restlos ausverkaufte Vorstellungen in großen Sälen, wie dem Onoldia-Saal in Ansbach oder der Stadthalle in Gunzenhausen, Berichte in Fernsehen und Rundfunk und der Bayerische Heimatpreis waren der Lohn für die Mühen.

Geprobt wurde damals schon im alten Kinosaal des Krankenhauses. Die LVA hatte es für einen symbolischen Betrag an den Verein vermietet. Einzige Auflage: Die Vereinsmitglieder müssen für den Bauunterhalt sorgen. Das tun sie seitdem. Auch nachdem der Träger der Klinik wechselte - das ist jetzt die Diakonie -, hat sich nichts geändert.

Gefühl wie im Weltraum

Doch über die Phase des puren Bauunterhalts sind die Frauen und Männer vom WAK längst hinaus. Sie haben viel größere Pläne. Aus dem früheren Kino soll ein Musical-Theater mit allen Schikanen werden, ausgerichtet auf ein ganz bestimmtes Stück. Vereinsvorsitzender Günter Sauernheimer und seine Frau Christine, beides leidenschaftliche Musiker, schreiben gerade daran. Vom Inhalt wird noch nichts verraten. Nur so viel: Es geht um Science-Fiction, um Weltraumgefühl.

Zu diesem Zweck erhält der schlichte Kinosaal demnächst sogar eine Kuppel, um einen 180-Grad-Effekt erzeugen zu können. Das Geschehen, so berichten die Autoren, wird dann mit Hilfe von 3D-Filmtechnik von der Bühne in die Kuppel wechseln und dem Zuschauer das Gefühl vermitteln, sich mitten in der Handlung zu befinden.

Hunderte von Arbeitsstunden werden wohl noch nötig sein, um den Ausbau bis Mitte 2008 fertig zu bekommen. Tausende von Arbeitsstunden haben die gerade mal 26 Mitglieder der WAK schon in Strüth geleistet, an jedem Wochenende sind sie da. Viele haben ganze Urlaube für das Projekt geopfert. Das persönliche Engagement ist natürlich unentbehrlich, weil die Finanzmittel des Vereins eher bescheiden sind. Kleinere Sponsoren, ein paar Reste aus den Einnahmen des ersten Musicals, Zuschüsse der öffentlichen Hand und Gastspiele anderer Künstler nach der Fertigstellung im nächsten Jahr bilden die Basis für den Etat. Froh wären die Frauen und Männer der Kultur-Werkstatt, wenn sich einmal ein größerer Sponsor fände.

Inzwischen schneidern die WAK-Aktivisten schon mal die Kostüme und halten Ausschau nach jungen Künstlern, die ihren Kriterien entsprechen. Dann irgendwann soll das Stück stehen. Danach werden die Proben beginnen, die sich über drei oder vier Jahre hinziehen werden. Erst dann wird es heißen: Bühne frei für das erste Musical in Deutschland, das einen festen Spielort in einem Kliniktheater hat.