Wie ein Dorf sich selbst erneuern will

5.11.2010, 09:35 Uhr
Wie ein Dorf sich selbst erneuern will

© Sohr

Einen Laden gibt es in Haimendorf mit seinen rund 430 Einwohnern nicht, die letzte der beiden Wirtschaften hat vor einigen Jahren dichtgemacht. Ein Zustand, den viele Haimendorfer nicht mehr hinnehmen wollen, wie Hans Hartmann-Thoma sagt. „Im Ort gibt es keine richtige Möglichkeit sich zu treffen, nicht einmal für die Bürgerversammlung. Es geht einfach um einen wichtigen Teil gesellschaftlichen Lebens.“ Er und weitere Mitstreiter haben deshalb knapp 300 Unterschriften im Ort gesammelt und ein Konzept für einen Dorfladen mit Gaststätte ausgearbeitet. Beides in einem der traditionellen Bauernhäuser im Ort unterzubringen, scheidet aus. „Entweder die Hausbesitzer möchten das nicht oder der Umbau, zum Beispiel eine Scheune, wäre schlicht unbezahlbar.“ Daher setzt die Initiative auf das Feuerwehrhaus in der Ortsmitte.

Doch auch diese Lösung gibt es nicht gerade zum Spottpreis, wie in einer Bauausschuss-Sitzung des Stadtrates von Röthenbach an der Pegnitz deutlich wurde, in der Susanne Prechtel vom Bauamt entsprechende

Umbaupläne präsentierte. Demnach könnte die jetzige Garage für das Feuerwehrauto zum Gastronomiebereich werden. Ein würfelförmiger Anbau an der Nordwestseite würde den Dorfladen samt Küche und Lagerräumen beherbergen. An der Ostseite müsste eine neue Garage gebaut werden.

Initiative baut auf Genossenschaftsmodell

Mit geschätzten 400000 Euro würde allein der Umbau zu Buche schlagen, ohne Kosten für die Einrichtung. Finanziert werden soll das Ganze über ein Genossenschaftsmodell, das wie folgt aussehen könnte: Etwa 100000 Euro sollen durch mehrere „kleine“ Genossenschafter abgedeckt werden, die Anteile im Wert von je 250 Euro kaufen müssten. Etwa 400 Genossenschafter wären in diesem Fall notwendig. Mit 100000 Euro müsste sich die Stadt Röthenbach als „Großgenossenschafterin“ beteiligen. Die noch fehlenden 200000 Euro sollen über Kredite finanziert werden.

Rund 3000 Euro müssten dann monatlich an Zins und Tilgung gezahlt werden, und auch ein hauptberuflicher Wirt soll von dem Erlös noch leben können. „Wir sind uns schon bewusst, dass das ein sportliches Ziel ist“, sagt Hans Hartmann-Thoma.

Wie ehrgeizig dieses Ziel ist, zeigt ein Blick nach Lauf-Simonshofen, wo im April der erste genossenschaftlich organisierte Dorfladen im Landkreis geöffnet hat (die NZ berichtete). Hier wurden die Kosten für die Einrichtung, rund 40000 Euro, über 240 Genossenschaftsanteile á 180 Euro erwirtschaftet.

Das Gebäude selbst, das an der stark frequentierten Durchgangsstraße liegt und in Tausenden Stunden ehrenamtlicher Arbeit umgebaut wurde, kostete zirka 65000 Euro, pro Monat müssen 500 Euro an die Bank zurückgezahlt werden. Ein Teil davon fließt durch das Amt für ländliche Entwicklung wieder zurück, die das Projekt im Rahmen der Dorferneuerung bezuschusst hat. Die Stadt Lauf ist nur für die Neugestaltung des Vorplatzes und die Parkplätze aufgekommen.

Hans Hartmann-Thoma räumt ein, dass das Konzept in Haimendorf ein ganz anderes ist als das in Simonshofen. „Wir sehen das als professionelles Projekt mit Betreibern, die vom Gewinn ihre Existenz bestreiten müssen.“ Als Wirt ist Markus Haas vorgesehen, 2. Kommandant der Feuerwehr und gelernter Metzger, als Betreiber des Ladens Patricia und Helmut Schmidt, ein Bauernehepaar aus Haimendorf, das seine Produkte direkt vermarkten würde.

Leise Zweifel wurden lauter

Doch an diesem Modell wurden in der Bauausschusssitzung auch leise Zweifel laut. „Wir müssen uns schon fragen, ob wir es rechtfertigen können, 100000 Euro für eine mehr oder weniger private Initiative aus dem Stadtsäckel zu nehmen“, fragte etwa SPD-Stadträtin Ullrike Knoch. Und der Haimendorfer Ortssprecher Hermann Thäter meldete Bedenken an, ob das Feuerwehrhaus wirklich der geeignete Standort sei.

Prinzipiell jedoch bestand Einigkeit, die Initiative zu unterstützen. Vor allem Bürgermeister Günther Steinbauer (SPD) und die CSU-Fraktion forderten eine zeitnahe Entscheidung. Der Stadtrat hat zudem nun den Dorferneuerungsprozess in Gang gesetzt. Nicht nur die Politiker sollen sich Gedanken über die Zukunft des Ortes machen, auch die Einwohner können Ideen für die anstehenden Baumaßnahmen einbringen.

Überzeugt vom Konzept

Hans Hartmann-Thoma und die anderen Mitglieder der Initiative sind indes überzeugt, dass ihr Konzept aufgeht. „Wir haben die Leute mit dem wirtschaftlichen Know-How und wir haben tolle heimische Lieferanten, zum Beispiel einen Imker, einen Jagdpächter oder begnadete Kuchenbäckerinnen, die ihre Produkte im Dorfladen verkaufen würden.“ Das Feuerwehrhaus sei auch deshalb ideal, weil dort Wanderer auf ihrem Weg zum Moritzberg vorbeikommen.

Über die Dorferneuerung wollen die Initiatoren das Projekt nicht laufen lassen, obwohl das den Verzicht auf staatliche Zuschüsse bedeutet: „Das würde Jahre bis zur Umsetzung dauern“, so Hartmann-Thoma, der vorrechnet, dass die Stadt für die energetische Sanierung des Feuerwehrhauses in einigen Jahren rund 50000 Euro ausgeben müsste. Die würden durch den Umbau zum Dorfmarkt lediglich vorgezogen.
 

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