Interview mit Experten

Wie sinnvoll sind Versicherungen für Hunde?

10.10.2022, 11:00 Uhr
Wer sich einen Hund zulegt, stellt sich häufig die Frage, welche Versicherung das Tier überhaupt braucht.

© e-arc-tmp_20191014-123231-001.jpg, NN Wer sich einen Hund zulegt, stellt sich häufig die Frage, welche Versicherung das Tier überhaupt braucht.

Im Interview geben Birgit Nagel und Andreas Grüner einen Überblick über die Angebote und schildern ganz alltägliche Fälle, bei denen die Versicherungen greifen. Von voreiligen Abschlüssen raten Grüner und Nagel aber dringend ab. Denn wie bei allen Versicherungen beim Menschen gilt auch bei den Haustierversicherungen: Beratung ist sprichwörtlich viel Geld wert.

Frau Nagel, Herr Grüner: Für welche Tiere werden denn überhaupt Versicherungen angeboten?

Birgit Nagel: Die Versicherer beschränken sich in ihren Angeboten auf Hund, Katze und Pferd. Das ist von daher sinnvoll, weil diese Tiere die beliebtesten Gefährten der Menschen sind. Und vor allem, weil es sich bei diesen Haustieren im Falle von Personen-, Sach- oder Vermögensschäden um vergleichsweise hohe Summen handeln kann.

Bleiben wir doch gleich einmal beim Hund. Da kann man sich durchaus einige Fälle vorstellen, in denen eine Versicherung ratsam ist. Zu welchem Angebot raten Sie da einer Privatperson?

Birgit Nagel: Natürlich erst einmal zu einer Haftpflichtversicherung. Diese sollte eigentlich selbstverständlich sein. In vielen Bundesländern ist sie auch Pflicht. Die Haftpflicht springt bei allen Personen-, Sach- oder Vermögensschäden ein, von alltäglich bis exklusiv.

Das hört sich an, als hätten Sie da schon einige Fälle erlebt…

Birgit Nagel: Durchaus. Das beginnt mit der freudig erregten Dogge, die durch bloßes Schwanzwedeln mal eben den Laptop vom Schreibtisch fegt und zieht sich über Löcher in der Jacke, verursacht beim Hochspringen des Hundes, bis zum Beißvorfall. Wir hatten auch schon den Fall, dass ein am Stuhlbein angeleinter Hund mitsamt dem Möbelstück ausgebüchst ist. Bei der anschließenden Fangaktion demolierte der Hund mit dem Stuhl im Schlepptau fünf Autos. Der Besitzer war über seine Haftpflichtversicherung ziemlich froh… Aber auch in viel alltäglicheren Fällen greift eine Haftpflichtversicherung. Stichwort ungewollter Deckakt beispielsweise.

Das klingt plausibel. Eine Haftpflicht sollte also ein Must-have für die Hundebesitzer sein. Wie sieht es bei den Katzen aus? Gibt es hier auch Haftpflichtversicherungen?

Birgit Nagel: Nein, die Stubentiger sind praktischerweise schon in der Privat-Haftpflicht ihres Menschen mit eingeschlossen.

Die Versicherungsexperten: Birgit Nagel und Andreas Grüner.

Die Versicherungsexperten: Birgit Nagel und Andreas Grüner. © Thomas Ruffershöfer

Aber für Pferde gibt es bestimmt Angebote zur Haftpflicht?!

Birgit Nagel: Auf jeden Fall! Ein aufgeschrecktes Pferd, das den Reiter abwirft und durchgeht, ist kein Einzelfall. Und oft genug ist so eine Situation mit einem nicht unerheblichen Sach- oder gar Personenschaden verbunden. Deshalb ist eine Pferdehaftpflicht für die Halter ebenfalls ein Muss. Generell wichtig beim Abschluss einer Haftpflicht-Versicherung: Achten Sie immer auf eine möglichst hohe Deckungssumme.

Von welchen Versicherungssummen sprechen wir da?

Andreas Grüner: Diese Summen richten sich natürlich immer nach dem Angebot und den monatlichen Beiträgen. Fünf Millionen Euro sollten allerdings das Mindeste sein. Vielleicht mag das im ersten Augenblick als recht hoch klingen. Aber stellen Sie sich einfach mal den Fall eines ausgebüchsten Hundes vor, der vor ein Fahrrad läuft und einen Sturz verursacht. Wenn sich der Radfahrer verletzt, kommen Verdienstausfall und Schadensersatz auf den Halter zu. Von möglichen Anwalts- und Gerichtskosten mal abgesehen. Und im ganz extremen Fall kann sich nach so einem Unfall auch eine Berufsunfähigkeit anschließen.

Und welche Beiträge sind da monatlich bei den Haftpflichtversicherungen zu entrichten?

Andreas Grüner: Das kommt natürlich auf den Vertrag an. Prinzipiell bieten Versicherungen verschiedene Tarife an, das reicht von „Basis“ über „Premium“ und „Premium plus“ – das betitelt jede Versicherung lediglich etwas anders. Um eine effektive Versicherung abzuschließen ist aber immer eine ausführliche und vor allem individuelle Beratung vonnöten. So können wichtige Fragen geklärt werden, im Falle des Hundes zum Beispiel, ob die Fellnase mit auf Reisen geht, so dass sich die Haftpflicht eventuell auch auf das Mobiliar einer Ferienwohnung bezieht. Oder aber ob das Tier eine bestimmte Ausbildung besitzt. Ein Begleit- oder Rettungshund, aber auch ein Tier mit VDH-Hundeführerschein wird beispielsweise oft günstiger eingruppiert. Ein pauschaler Betrag ist demnach schlecht zu benennen, aber um einen Richtwert zu geben: Mit monatlichen Beiträgen von ca. 6 Euro sind bei Hunden die Hauptrisiken meist abgedeckt.

Das klingt ziemlich moderat. Wie schaut’s da bei den Pferden aus?

Andreas Grüner: Auch bei der Pferdehaftpflicht gibt es bei den Versicherungen ganz verschiedene Ausprägungen. Deshalb sind auch bei Pferden ein Gespräch und eine Beratung unverzichtbar. Denn Sie müssen selbst entscheiden, inwieweit Gastreiter, Reitbeteiligung, Turnierrisiko, Flurschäden, Schäden an gemieteten oder geliehenen Boxen für Ihr Pferd als Risiko in Frage kommen. Danach richtet sich letztlich nämlich die Prämie. Aber um auch hier eine Summe zu nennen: In der „Basis“-Form reden wir über ca. 9 Euro monatlich, bei detaillierteren Verträgen können allerdings auch schon 15 Euro monatlich zusammenkommen.

Gibt es für die Tiere – ähnlich wie bei Menschen – Zusatzversicherungen? Sprich: Kann ich meine Lieblinge auch für den Krankheitsfall absichern?

Andreas Grüner: Sicher. Die OP- und Krankenversicherungen für die Tiere werden immer beliebter. Das mag sich im ersten Augenblick vielleicht etwas dekadent anhören. Wessen Tier allerdings schon einmal unterm Messer gelegen hat, weiß, welche Kosten bei einer Operation auf den Halter zukommen können. Eine OP-Zusatzversicherung kann da richtig Geld sparen. Beispiel Pferd: Eine Kolik-OP kostet schnell mal ein paar Tausend Euro. Und die kann sich der Vierbeiner schon durch Spaziergänger, die ihm auf der Koppel das Falsche zu fressen hinhalten, zuziehen. Auch Hunde haben sich beim Toben schnell mal einen Kreuzbandriss zugezogen. Hier springt dann natürlich auch die OP-Zusatzversicherung ein.

Über welche Kosten sprechen wir bei diesen Zusatzversicherungen?

Birgit Nagel: Reine OP-Versicherungen beim Hund bewegen sich bei ungefähr 13 Euro monatlich. Aber Achtung: Die günstigsten Varianten der OP-Versicherungen decken meist nur den einfachen Gebührensatz der Tierärzte ab! Ein Tierarzt kann für seine Behandlung aber auch den doppelten Satz berechnen. Sprich: In solch einem Fall würden Sie auf der Hälfte der Kosten sitzen bleiben. Deshalb sollte man immer gleich den zweifachen Satz versichern. Der Unterschied im Monatsbeitrag macht zumeist auch nur wenige Euro aus. Lassen Sie sich hier also auch unbedingt ausführlich beraten!

Andreas Grüner: Auch für Pferde kann man eine OP-Versicherung mit einem Monatsbeitrag von unter 15 Euro abschließen. Allerdings werden bei Pferden auch in der OP-Versicherung oft unterschiedliche Tarife angeboten. Man greift dort im Allgemeinen wieder auf ein Stufenmodell zurück. Abhängig von diesen Tarifen werden dann die monatlichen Beiträge berechnet, die sich natürlich abhängig von den angebotenen Mehrleistungen steigern. Auch hier empfehlen wir eine ganz individuelle Beratung. Und für Katzen wird ebenfalls eine reine OP-Versicherung sowie eine Krankenversicherung angeboten.

Und was versteckt sich hinter einer Krankenversicherung für diese Tiere?

Birgit Nagel: Grundsätzlich: In der Krankenversicherung für Tiere ist auch immer die OP-Zusatzversicherung mit enthalten. Dazu werden noch die Kosten für ambulante und stationäre Behandlungen erstattet sowie weitere Zusatzleistungen, wie beispielsweise Arzneimittel oder Nachsorge bei der OP ohne zeitliche Begrenzung. Die Krankenversicherung deckt also so ziemlich alles ab, was das Thema Tierarzt angeht.

Was sich dann aber wohl in den monatlichen Beiträgen niederschlägt…?

Birgit Nagel: Ja. Bei Pferden müssen Sie mit ungefähr 175 Euro monatlich rechnen, bei Hunden um die 100 und bei Katzen um die 36 Euro. Mit diesen Beitragssummen sollte aber auch der zweifache Satz der Gebührenordnung für Tierärzte mit abgedeckt sein. Doch auch hier gilt: Diese Zahlen können aufgrund der unterschiedlichen Tarife natürlich nicht als Standard, sondern nur als reine Orientierungshilfe gelten.

Angenommen, ich schließe für mein Haustier eine Krankenversicherung ab. Gilt hier auch eine Anzeigepflicht?

Andreas Grüner: Exakt. Vorerkrankungen müssen gewissenhaft bei Vertragsabschluss angegeben werden. Und was ebenso wichtig ist: Schließen Sie eine Krankenversicherung für Ihr Haustier möglichst zeitig ab! In den Verträgen ist zumeist ein Maximalalter angegeben, bis zu diesem die Versicherungen die vollen Erstattungskosten gewährleisten. Beratung ist natürlich auch bei Krankenversicherung unabdingbar, eine Einheitsaussage zu den Leistungen kann deshalb nicht gemacht werden.

Halten wir also fest: Eine Haftpflicht für Hunde und Pferde ist eigentlich Pflicht, eine OP-Versicherung dazu sehr sinnvoll. Eine Krankenversicherung klingt aber nicht nach einem unbedingten Muss…?

Andreas Grüner: Das kann man wohl so sehen. Bei einer Krankenversicherung, vor allem bei Hunden und Katzen, muss jeder für sich selbst einige Punkte klären, wie zum Beispiel: Ist die Rasse besonders krankheitsanfällig, in welcher Gegend, also ländlich ruhig oder innerstädtisch hektisch und vielleicht daher unfallträchtiger, wohne ich, usw. Oder auch, ob der Stubentiger Freigänger oder Wohnungskatze ist.

Wohingegen eine Lebensversicherung für Pferde durchaus wieder Sinn machen kann…

Birgit Nagel: Das stimmt. Für teure Pferde kann sie durchaus Sinn machen, vor allem ein Tarif mit Abdeckung der „dauerhaften Unbrauchbarkeit“. Das hört sich grausam an, bedeutet aber, dass beispielsweise das teure Springpferd durch einen Unfall zu einem „Koppelsteher“ geworden ist. Aber auch hier sollte man sich als Halter genauestens informieren.

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