Aus für Influencer

Zum Schutz der Natur: Selfie-Hotspot am Königssee wird für fünf Jahre gesperrt

30.6.2021, 19:05 Uhr
Die Gumpen am Königsbachwasserfall bei Schönau am Königssee sind zu einem Instagram-Hotspot geworden - und ab sofort für Besucher komplett gesperrt.

© Sabine Dobel/dpa Die Gumpen am Königsbachwasserfall bei Schönau am Königssee sind zu einem Instagram-Hotspot geworden - und ab sofort für Besucher komplett gesperrt.

Irgendwann ging es nicht mehr. Während Tag für Tag Hunderte Besucher durch Gebüsch und über Geröll kraxelten, um in einem der berühmt gewordenen Wasserbecken des Königsbaches ein Foto zu machen, zeigten sich in der umliegenden Natur immer deutlicher die Spuren des Besucheransturms. Bis zu 350 Menschen bestiegen an Spitzentagen die Berghänge am Ufer des Königssees im Nationalpark Berchtesgaden, um zu den Gumpen zu kommen. Auch an normalen Wochenenden kamen täglich weit über 100 Besucher, wie die Nationalparkverwaltung feststellen musste. Fotos von Badenden in dem natürlichen Infinity-Pool mit grandiosem Ausblick finden sich zu Tausenden auf Instagram und anderen sozialen Netzwerken.

Wo früher einer der Pfade in Richtung Königsbach begann, blockieren nun Stahlseile den Durchgang.

Wo früher einer der Pfade in Richtung Königsbach begann, blockieren nun Stahlseile den Durchgang. © Nationalpark Berchtesgaden

Statt zwei schmalen Pfaden, die früher nur wenigen Eingeweihten bekannt waren, hat sich in den vergangenen Sommern ein kilometerlanges, "weitverzweigtes Netz aus Trampelpfaden" gebildet, wie die Nationalparkverwaltung in einer Pressemitteilung schreibt. Alte Wege seien so stark frequentiert gewesen, dass sie auf eine Breite von mehreren Metern anwuchsen.

"Durch die Zerstörung der Vegetation liegt der Oberboden in den steilen Hängen frei", schreibt die Nationalparkverwaltung weiter. Hunderte Füße haben die Erde Stück für Stück abgetragen, bei Regenfällen tut die Wasser-Erosion ihr Übriges. An vielen Stellen lägen bereits "großflächig die Feinwurzeln der umgebenden Bäume frei". Hinzu kommt, dass zahlreiche Tierarten, darunter streng geschützte Vogelarten, wenig Wert auf die permanente Störung durch Fototouristen legen.

Bußgelder im dreistelligen Bereich

Der Nationalpark hat daher nun die Reißleine gezogen. Nach genauer Prüfung habe man beschlossen, den Bereich um den Gumpen für fünf Jahre zu sperren. Eine entsprechende Verordnung des Landratsamtes tritt ab dem 30. Juni in Kraft - bei Zuwiderhandlung drohen Bußgelder im dreistelligen Bereich oder auch höher. Gesperrt ist ein rund 10 Hektar großer Bereich rund um den Wasserfall.

Der gesperrte Bereich liegt am Ostufer des Königssees.

Der gesperrte Bereich liegt am Ostufer des Königssees. © Nationalpark Berchtesgaden

Die Verantwortlichen haben sich die Entscheidung laut eigener Aussage nicht leicht gemacht. Ihnen sei "bewusst, dass mit der Verordnung in das Grundrecht des freien Betretungsrechts der Bayerischen Verfassung eingegriffen wird". Dieses Recht habe allerdings Schranken und könne zugunsten des Naturschutzes eingeschränkt werden. Noch im Mai hatten der Gemeinderat in Schönau am Königssee und der Deutsche Alpenverein (DAV) sich gegen eine Sperrung ausgesprochen. Doch "Appelle an die Vernunft der Besucher und für einen freiwilligen Verzicht, diesen Bereich zu betreten, haben in der Vergangenheit leider keine Wirkung gezeigt."

Das wurde nicht nur der Natur, sondern auch einigen Abenteuerlustigen zum Verhängnis. Viele Fotojäger starteten mit ungenügender Ausrüstung und Kondition, manche überforderte der steile Weg am Ostufer oberhalb des Sees. Immer wieder musste die Bergwacht ausrücken, wenn Wanderer sich überschätzten, verliefen oder im unwegsamen Gelände verletzten. Und auch das Baden in den Gumpen hat seine Tücken. Das Bergwasser ist nicht nur eiskalt - "es ist neben dem naturschutzfachlichen Effekt auch noch brandgefährlich", sagt Nationalpark-Sprecherin Carolin Scheiter. 2019 starben zwei 21-Jährige in einer der tiefer gelegeneren Gumpen. Schilder warnen vor der "Gefahr durch Ertrinken".

Die Wasserfall-Kaskaden werden in den kommenden Jahren deshalb nur die Nationalpark-Ranger zu Gesicht bekommen. Sie kontrollieren die Einhaltung des Verbots - und können bald hoffentlich Fortschritte bei der Erholung der Umwelt dokumentieren.

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