Der einsame Kampf gegen Rechtsradikale

3.8.2013, 10:00 Uhr

Seit über einem Jahr tourt er mit Filmvorführungen und anschließenden Diskussionen durch Deutschland. Er machte auch in der Region schon einige Male Station, etwa in der Werner-von-Siemens-Realschule in Erlangen. Dort stand der in Freiburg lebende Filmemacher den interessierten Schülern Rede und Antwort. Und informierte sie darüber, dass Neonazis nicht nur durch Glatze und Springerstiefel auffallen, sondern sich unerkannt unters Volk mischen.
 

Es ist dunkel und laut. Hunderte angetrunkene Menschen singen in einem stickigen Raum brutale Lieder, in denen sie rechtsradikale Gewalt verherrlichen. Mitten unter ihnen steht Thomas Kuban mit seiner im Knopfloch versteckten Kamera und zeichnet das Geschehen auf – immer der Gefahr ausgesetzt, dabei erwischt zu werden.

Der Journalist Thomas Kuban filmt Konzerte in der rechten Szene und veröffentlicht sein Material, wenn möglich. Da er von der ständigen Gefahr umgeben ist, von Nazis attackiert zu werden, sind sein wahrer Name, sein Wohnort und seine Arbeitsstelle unbekannt. Um seinen Aufnahmen ein breiteres Publikum zu verschaffen, hat sich der Journalist mit Regisseur Peter Ohlendorf und wenigen anderen daran gemacht, den Film „Blut muss fließen“ zu produzieren.

Der Film zeigt, wie Thomas Kuban mit versteckter Kamera auf Rechtsrock-Konzerte geht und schockierende Ton- und Bildaufnahmen macht. Er muss sich Texte wie in dem Lied „Blut muss fließen“, nach dem der Film benannt wurde, anhören. Zeilen, die eindeutig gegen die Verfassung verstoßen und deren Abspielen eine klare Straftat darstellt.

Politiker lenken ab

Der Dokumentarfilm führt dem Zuschauer aber auch vor Augen, wie unglaublich gering das Interesse der Politik und der Medien an der Arbeit Kubans ist. Vor allem der damalige bayerische Innenminister Günther Beckstein lenkte bei einen Pressekonferent den Fokus immer wieder auf den Islamterror, als sich zu den schockierenden Ergebnissen des Journalisten zu äußern.

Eine wichtige Erkenntnis liefert „Blut muss fließen“ den Schülern beim Filmgucken: Neonazis nutzen gerade die Musik, um anfängliche „Fans“ mit ihren Texten zu radikalisieren. Gerade in den tristen Gegenden Bayerns und Ostdeutschlands ist es fast schon „normal“ zu Rechts-rock-Konzerten zu gehen. Auch sind Konzerte im Ausland, wie zum Beispiel in Italien, Österreich und vor allem Ungarn, keine Seltenheit mehr.

Die Schüler brauchen nach dem Filmschauen augenscheinlich einige Zeit, um sich zu sammeln und die gewonnenen Eindrücke auf sich wirken zu lassen. Nach kurzer Zeit entwickelt sich eine angeregte Diskussion mit Regisseur Peter Ohlendorf.

Ob es jemals wieder eine NS-Regierung in Deutschland geben wird, fragt ein Schüler. Ohlendorf antwortet nachdenklich: „Es ist nicht auszuschließen, gerade da extremistische Denkweisen immer mehr Rückhalt in der Bevölkerung finden.“ Doch er und viele andere kämpfen gegen die Ausbreitung rechtsradikaler Gedanken und hoffen, dass die Deutschen aus ihrer Geschichte gelernt haben.

Mehr Eingriffe der Polizei fordert der Filmemacher, als er die Frage nach einer Chance zur Eindämmung der Konzerte beantwortet. „Nur wenn der Staat Druck ausübt, und die Polizei nicht mehr tatenlos Straftaten gewähren lässt, ist es möglich, solche Konzerte zu verhindern.“

Ob es sinnvoll sei, die rechte Partei NPD zu verbieten, dazu ist Ohlendorf zweigeteilter Meinung: „Es wäre ein Schritt in die richtige Richtung, die größte rechtsradikale Partei Deutschlands zu verbieten.“ Doch sei Vorsicht geboten. Wenn man die NPD verbiete, sei es umso schwerer, die Nazis unter Kontrolle zu halten. „Sie sind ja damit nicht weg! Es würden augenblicklich Folgeorganisationen entstehen und der Effekt wäre der gleiche“, erklärt der Regisseur. Ein Verbot wäre nur die Spitze des Eisbergs.

 

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