Diese Woche gehen die Abi-Prüfungen los!

6.5.2013, 00:00 Uhr
Diese Woche gehen die Abi-Prüfungen los!

Hanna Meier (18):

„Endlich fängt das Abi an!“ Wenn ich diesen Satz laut ausspreche, bekomme ich von meinen Mitschülern verständnislose, zum Teil hasserfüllte Blicke ab. Bei Lehrern oder Eltern erscheint ein seliges Leuchten im Gesicht. „Welch fleißiges Kind das sein muss, wenn es sich sogar schon auf das Abi freut!“

Die Wahrheit ist aber eine andere: Ich habe keine Lust mehr. Seit ein, zwei Wochen verbarrikadiere ich mich ganztägig in meinem Zimmer. Wer es wagt, in dessen Umgebung auch nur zu flüstern, wird angemault. Schließlich muss ich mich „konzentrieren“. Aufräumen kann ich leider auch nicht, denn das kostet zu viel Kraft. Kraft, die mir dann bei der Konzentration fehlen würde.

Ich sitze also von morgens bis abends am Schreibtisch, umringt von Klamottenbergen und meinen gefühlten hundert Abiturtrainern und versuche – Betonung liegt auf „versuche“ – zu lernen. Freitagabends wird das ganze Szenario noch frustrierender: Um mein Gewissen und meine Mutter zu beruhigen, gehe ich nicht mehr feiern. Und das seit Wochen. Aber nicht mehr lange!


Mareike Torner (18):

Mein Universum unter der Woche ist begrenzt: Es besteht aus bunten Diddl-Blättern, meinem Taschenrechner, Kaffee, dem Lateinwörterbuch, viel zu vielen Schulbüchern und täglichen Abstechern morgens in die Schule und abends ins Schwimmbad. Ich sitze stundenlang an meinem Schreibtisch, notiere mir wichtige Fakten, rechne haufenweise Aufgaben oder lerne Daten auswendig.

Ich war schon immer ein Fan von Übersichtlichkeit, weshalb alles Wissen, das noch in meinen Kopf muss, fein säuberlich auf rosa Diddl-Blätter geschrieben wird. Beängstigend ist nur der Umfang der inzwischen zusammengekommenen Blätter: Das soll alles in meinem Kopf bleiben?! In Deutsch bin ich sehr zuversichtlich, denn die Epochen kann ich mir leicht merken, und vor dem Schreiben habe ich erst recht keine Angst.

Auch in Mathe habe ich mit vielen Übungen zum Glück den Punkt der Angst überwunden und hoffe jetzt nur noch, dass uns die Sinus- und Kosinusfunktion erspart bleibt. Was Latein, mein 3. schriftliches Abi-Fach, betrifft, habe ich beschlossen, auf Lücke zu lernen und auf meinen gesunden Menschenverstand sowie das Glück zu vertrauen.

Meine große Sorge ist allerdings die Allergie: Schon im Unterricht war es immer äußerst störend, jede Minute niesen oder sich die Nase putzen zu müssen – von den juckenden Augen abgesehen! Während der Prüfung möchte ich das ungern erleben. Hier hilft aber hoffentlich das Daumendrücken, dass es am 10., 14. und 17. Mai stark regnet!


Tim Klunker (19):

Tick, tack – die Zeit läuft ab, und das nicht gerade langsam! Und noch immer hat sich bei mir kein Gefühl der Panik eingestellt. Das mag zum einen daran liegen, dass ich dank des Realschulabschlusses schon einmal so einer wichtigen Prüfungssituation ausgesetzt war und damit umgehen kann. Zum anderen lenkt mich am Ende vielleicht eine emotionale Komponente von all dem Stress ab: Die Schule war jahrelang ein fester Bestandteil meines Lebens, der mich nicht nur mit Hausaufgaben, Referaten und Klausuren beglückte, sondern auch mit Freundschaften. Deshalb kann ich noch gar nicht fassen, dass das Ganze bald zu Ende sein soll.

Warum mich ausgerechnet jetzt eine „sentimentale Welle“ überfährt, weiß ich nicht. Aber bis Freitag konzentriere ich mich lieber auf die verbleibenden Kapitel in Religion und verschiebe das Schwelgen in Erinnerungen auf die Zeit nach dem Abi.


Shiva Kianpoor (19):

10. Mai? Ist das wirklich der 10. Mai? Die erste Abiprüfung naht mit einer unglaublichen Geschwindigkeit unschuldigen Abiturienten, die den Zeitaufwand der Vorbereitungen unterschätzt haben – und mit offenem Mund und weiten Augen auf das Datum starren. Alarmstufe Rot ist angesagt, und es findet sich absolut keine Zeit mehr für „unwichtige“ Dinge: Keine Zeit zum Ausschlafen, Fernsehen, für überflüssige Telefonate, Klatsch und Tratsch, Fußball-Siegesfeiern oder für „Ich bin cool, ich fange so spät wie möglich mit Lernen an“.

Denn jetzt ist es so spät wie möglich. Jetzt ist die Zeit für Woyzeck, Shakespeare und Integralfunktionen. Jetzt ist die Zeit, in der der Kopf schmerzt, die Augen müde und der Mund trocken werden, und jeder Tag mit weniger als sechs Stunden Schlaf beginnt. Wenn ich ehrlich bin, habe ich diese Zeit seit der 1. Klasse erwartet. Nämlich, dass dieses Projekt namens „Schule“ wieder vorbei ist.


Esther Krauß (17):

Spätestens als mich die zwölf Punkte in der letzten Matheklausur deprimierten, wurde mir klar: Ehrgeiz ist eine üble Sünde. Wer hohe Ziele hat, steigert sich so leicht unsinnig in Sachen hinein. Und selbst wer seinen Erwartungen gerecht wird, denkt darüber nach, wie man sich noch verbessern kann. Nicht nur mir geht das so. Es gibt auch Schülerinnen, die sich über 13 oder 14 Punkte aufregen. Wir vergessen dabei wohl, dass unsere Abiturnote nicht der Nabel der Welt ist.

Daher besteht nun meine wichtigste Aufgabe vor Freitag darin, die eigenen Erwartungen zu senken, um gelassener mit der ganzen Sache umzugehen. Dann kann ich auch nicht so enttäuscht werden. Seit den Ferien weiß ich, dass mein Gehirn für mathematische Transferaufgaben selbst mit Training begrenzte Kapazitäten hat. Außerdem werde ich wahrscheinlich auch nicht die Muse dazu haben, fünf Stunden am Stück tolle Gedanken in einen Deutschaufsatz umzuformulieren.

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