In Spardorf eine Woche ohne Geld leben

17.7.2019, 20:11 Uhr
In Spardorf eine Woche ohne Geld leben

© Foto: Roland G. Huber

Das dürfte viele Erwachsene überraschen: Die größte Diskussion gab es nicht ums Handy. Die größte Debatte gab es, weil nicht gekocht werden sollte. Denn auch Strom kostet. Eine Woche ohne Geld heißt also auch: eine Woche ohne Elektrizität.

Davon musste Julia Plott ihre Schüler erst einmal überzeugen, und fast wäre das Projekt daran gescheitert. Die 13 Jugendlichen des Emil-von-Behring-Gymnasiums in Spardorf hatten sich ihr P-Seminar, das geben sie ganz offen zu, schon ein wenig – sagen wir angenehmer – vorgestellt. Aber die Lehrerin blieb hart: Ohne Geld auszukommen bedeutet nicht nur, ein paar lustige Tage auf dem Schulgelände zu zelten und das selbst gezogene Gemüse zu essen. Ohne Geld auszukommen bedeutet vor allem: Verzicht.

Seit Anfang des Schuljahres planen die Elftklässler ihr Projekt, jetzt wird es bis Ende der Woche durchgezogen. Die Euphorie anfangs war groß, die Ideen vielfältig. Noch im Herbst wurden fleißig kleine, saure Äpfelchen von den vielen Bäumen um die Schule herum geerntet und daraus Apfelmus zubereitet. Geplant war außerdem: ein selbst angelegtes Gemüsebeet, Lebensmittel-Containern von Supermärkten, Leihhühner. Und was wurde umgesetzt?

Die Nahrungsversorgung war als erstes gesichert: So richtig containert, also weggeworfene Lebensmittel aus Müllbehältern gesammelt, haben die Schüler zwar nicht. Aber zwei Supermärkte, ein Bio-Laden und eine Bäckerei stellen ihre aussortierten Produkte zur Verfügung.

"Bedürftigen etwas wegnehmen"

In drei Schichten radeln die Jugendlichen morgens, nachmittags und nach Ladenschluss hin und holen sich die Sachen ab. "Ihr wisst schon, dass ihr damit Bedürftigen was wegnehmt", hat ein Supermarkt-Mitarbeiter zu bedenken gegeben. Das ist einer von vielen Momenten mit Aha-Effekt, der vom Projekt hängenbleibt.

Was die Jugendlichen außerdem gelernt haben: Vieles, was zuerst einfach oder wie eine tolle Idee klingt, ist komplizierter als gedacht – oder überhaupt nicht durchführbar. Das Zelten auf dem Schulgelände zum Beispiel musste erst einmal von den Behörden genehmigt werden. Die Anreise mit Gepäck und allem Drum un Dran ohne Auto ist ganz schon mühsam. Und die Leih-Hühner? Waren keine so gute Idee. "Wir dachten, wir erlösen welche aus der Legebatterie, hatten aber nicht überlegt, was nach den vier Tagen mit den Tieren passiert", sagen die Schüler.

In Spardorf eine Woche ohne Geld leben

© privat

Frustrierend war auch das Anlegen des Gemüsebeetes. Riesig war die Arbeit – erst das Unkraut beseitigen, dann Erbsen, Radieschen, Salat, Rote Beete, Karotten einpflanzen, dann kümmern, kümmern, kümmern – und der Ertrag? "Den hat die Hitzewelle vernichtet", sagt Elftklässlerin Rebecca.

Und dann kam auch noch Julia Plott und fordert Konsequenz ein: kein Geld heißt kein Strom, mahnt die Lehrerin. Was ist mit Wasser? "Wir haben uns darauf verständigt, dass wir uns das Wasser, also Duschen- und Toilettennutzung in der Turnhalle, und Trinkwasser verdienen", sagt Schülerin Alina. Sehr zur Freude des Hausmeisters, denn gerade fallen einige Veranstaltungen an. Die größte Lektion, die die Schüler am Ende der Woche mit nach Hause nehmen, formuliert Laura: "Ohne Geld zu leben ist quasi unmöglich."

Und die Smartphones sind daheim? Naja, nicht wirklich. "Wir sollen ja den Aufenthalt dokumentieren", sagt Alina. Aber aufladen dürfen sie die Geräte nicht . . .

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