Lesbisch, bi, trans - na und?!

9.6.2017, 09:00 Uhr
Lesbisch, bi, trans - na und?!

© Jugendinitiative

Im Gruppenraum riecht es lecker nach Spaghetti Bolognese. Heute ist es wieder so weit: Einmal im Monat kochen und essen die Jugendlichen zusammen. Denn hier wird Gemeinschaft großgeschrieben.

"Wir gestalten jedes Treffen ein bisschen anders", sagt Teamer Dominik Sichling. "Mal machen wir einen Spieleabend oder einen Infoabend zu Themen wie Aids oder vegane Küche. Mal bieten wir Outdoor-Action an oder grillen."

Dominik ist, wie die meisten anderen Teamer, ein ehemaliges Mitglied der Jugendinititative. Die besteht seit 2001 und hat ein klares Ziel: "Wir wollen den Jugendlichen Raum geben, sich nicht ständig erklären zu müssen", erklärt Teamerin Martina Scharrer.

Aber braucht es solche geschützten Räume überhaupt – in einer Gesellschaft, die sich als tolerant versteht? Ja, immerhin hat die Gruppe etwa 80 Mitglieder, die meisten aus Nürnberg und Umgebung, manche von weiter weg. Außerdem erzählt Martina: "Viele Jugendliche kostet es anfangs viel Überwindung, zu einem unserer Treffen zu kommen. Das allein zeigt, dass die Toleranz in unserer Gesellschaft ziemlich scheinheilig ist und auch politisch noch viel Handlungsbedarf besteht. So lange sich da nichts tut, sind wir für die Jugendlichen da."

Und das nicht nur bei den wöchentlichen Treffen. Es gibt außerdem die "t*time"-Gruppe für junge Transgender sowie das Schulprojekt "SchulPro", das mit Workshops und Projekttagen Aufklärungsarbeit leistet. Einmal im Jahr steigt ein Jugendinitiativ-Wochenende. "Und dann ist da unser Elternstammtisch", sagt Teamer Dominik. "Der bildet sich zwar gerade neu, kann aber besucht werden."

Bleibt noch eine Frage offen: Das Logo der Jugendinitiative ziert ein rosa Schaf. Warum? Das kommt von der Redewendung "das schwarze Schaf der Familie sein", erklärt Dominik. "Unser Logo soll sagen: Ich bin das rosa Schaf in der Familie. Das heißt, als queerer Mensch ist man auffällig und anders, aber nicht schlechter; sondern eben etwas Besonderes."

Und das erzählen die jungen Mitglieder über ihre Erfahrungen:

Wie hast du dich geoutet?
Arjan (16): Ich habe mich dann vor meiner ganzen Klasse auf einer Schulfahrt geoutet. Das kam bei allen positiv an und ich habe nicht mit Anfeindungen zu kämpfen gehabt.

Vivien, du bist bi. Wie gehen die Leute damit um?
Vivien (23)*: Ich persönlich habe mich auf meiner Arbeit und in meiner Familie noch nicht geoutet. Aber meine Freunde wissen Bescheid. Ich habe vorher woanders gewohnt  - und wurde dort sogar in meiner LBGT-Gruppe komisch angeschaut wegen meiner Bisexualität. Es sind öfters Kommentare gekommen wie: „Du musst dich für ein Geschlecht entscheiden!“ Aber ich brauche einfach beide Geschlechter, um glücklich zu sein.

Wer hat auf dein Outing besser reagiert: Familie oder Freunde?
Nico (20): Von meinen Freunden habe ich nur positive Reaktionen und jede Menge Unterstützung bekommen. Einige meinten, dass das viel erklären würde. (lacht) Meine Eltern jedoch waren am Anfang glaube ich, ein bisschen schockiert. Denn viele Erwachsene sind insgesamt zwar tolerant gegenüber Homosexuellen, aber nicht beim eigenen Kind. Inzwischen haben wir sogar ein besseres Verhältnis als davor.

Wo merkst du, dass die Gesellschaft Unterschiede zwischen Homo- und Heterosexuellen macht?
Peter (20)*: Ein aktuelles Beispiel ist meine letzte Matheklausur in der Uni. Da gab es eine Aufgabe, bei der aus einem Pool von Männern und Frauen Pärchen gebildet werden sollten. Am Schluss kamen nur heterosexuelle Pärchen heraus. Das hat mich wirklich gestört, da es wieder zeigt, wie festgefahren das klassische Verständnis von Beziehungen in unserer Gesellschaft ist. Um das zu thematisieren, habe ich gleich eine Mail an meinen Professor geschrieben und mich beschwert.

 

Die Jugendinitiative trifft sich jeden Dienstag von 19 bis 22 Uhr in der Sandstraße 7 in Nürnberg. Jeder ist willkommen – ganz ohne Voranmeldung oder Vereinsmitgliedschaft. Kontakt: www.jugendinitiative.com und www.facebook.com/JInuernberg

 

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