Nicht ohne mein Schatzi!

4.11.2017, 10:00 Uhr
Nicht ohne mein Schatzi!

© Cartoon: Alexander Pfefferle

Man erkennt die besagten Pärchen schon auf zehn Kilometer Entfernung: Eine leuchtende Aura der Glückseligkeit umgibt sie, die sie wie ein teures Kleidungsstück stolz vor sich hertragen. Am deutlichsten merkt man es anhand der Sprache: Die Stimmlage erhöht sich jedes Mal, wenn mit Schatzi gesprochen wird. Sie wird dann zu einem Piepston, in dem man sonst nur zu Kindern oder Katzenbabys spricht.

In jedem zweiten Satz fällt Schatzis Name, und überhaupt ist alles besser, und schöner, was Schatzi macht. Apropos Schatzi: So heißen beide, denn klassische Vornamen sind für das Pattex-Pärchen völlig überbewertet.

Verlust des Ichs

Ein weiteres Anzeichen ist der zunehmende Verlust des "Ichs". In Unterhaltungen geht es nur noch um "Wir" und "Uns", schön auch in Kombinationen wie "Wir mögen keinen Knoblauch". Oft führt das auch zu folgenschweren Verwechslungen: Die Einladung "Wir könnten abends weggehen" an die beste Freundin bedeutet nämlich nicht, dass sich zwei Mädels einen schönen Abend machen. Es bedeutet, dass das Pattex-Pärchen ausgeht und in seiner unermesslichen Güte eine Audienz gewährt. Die beste Freundin darf also mit und das dritte Rad am Wagen spielen.

Interessant werden die Freunde vor allem wieder, wenn der Partner mal ein Wochenende verhindert ist. Dann überschlägt sich der weibliche Teil des Paares mit kreativen Vorschlägen für die Wochenendplanung und würde am liebsten von Freitag bis Sonntag bei seiner besten Freundin einziehen. Denn ohne Schatzi kann sie nicht schlafen. Da sollte man direkt dankbar sein, dass sie noch allein atmen, essen und aufs Klo gehen kann.

Wo ist da nur die Individualität hin, nach der alle immer schreien? Jahrelang geht man ausgefallenen Freizeitaktivitäten nach und versucht, sich von anderen abzugrenzen – und dann ist das auf einmal hinfällig, wenn das andere Geschlecht ins Spiel kommt? Da werden Hobbys plötzlich vernachlässigt oder aufgegeben, die mit großer Ausdauer betrieben wurden.

Oder die Freundin entdeckt über Nacht neue Leidenschaften an sich, die Schatzi zufällig auch hat. Statt am Wochenende auf dem Sportplatz zu stehen, kniet sie im Kräutergarten. Was kommt als Nächstes – regelmäßig gemeinsam "Sportschau" gucken?

Eine solche Symbiose wirft vor allem die Frage auf, wie diese Duos nur ihr Leben vor der Verschmelzung ertragen konnten, als sie noch allein vor sich hinvegetierten. Langweilige Mädelsabende in rein weiblicher Umgebung, Shoppingtrips nur mit Freundinnen, Urlaube ganz ohne männliche Begleitung. Eine grauenvolle Vorstellung.

Denn so ein Mädelsausflug ins Schwimmbad ist natürlich viel schöner, wenn Schatzi dabei ist, den ganzen Tag schweigend auf der Decke liegt und wie ein Stasi-Spitzel den weiblichen Erzählungen lauscht. Dabei steigt der Spaßfaktor für alle Beteiligten ins Unermessliche.

Warum treten also viele Pärchen nur noch als Duo auf? Ist es wirklich so, dass ohne den Partner nichts mehr Spaß macht? Man kann eine gewisse Verbindung zwischen Beziehungswillen und Klebebereitschaft sehen: Je größer die Torschlusspanik, desto höher der Klebefaktor.

Und dann redet man sich und seinem Umfeld den Partner auch gern schöner als er ist: "Er ist einfach sehr schüchtern" klingt natürlich viel akzeptabler als "Er hat keinen Bock auf meine Freundinnen". Das ist besser als schöntrinken, aber auch keine Basis für eine dauerhaft glückliche Beziehung zu allen Beteiligten.

Es ist ziemlich selbsterklärend, dass diese Pärchen nicht darüber nachdenken, wie sie auf andere wirken. Die Krone dieser Schöpfung sind allerdings diejenigen, die lautstark über andere Pattex-Pärchen lästern.

Das ist wie ein Obsthändler, der gegen die faulen Früchte der Konkurrenz wettert, aber den Kunden selbst angeschimmelte Äpfel andreht. Ist es bei diesen Pärchen vielleicht auch nur ein großer Konkurrenzkampf à la "Mein Liebesglück ist besser als deins", das sich später oft zu "Mein Kind ist besser als deins" wandelt?

Noch mal zum Mitschreiben: Es heißt Zweisamkeit, weil sie für zwei Menschen gemacht ist. Daran muss man nicht rund um die Uhr das gesamte Umfeld teilhaben lassen. Aber das geht nur, wenn man noch so weit über den beziehungstechnischen Tellerrand hinausschauen kann, dass man dahinter andere Menschen erkennt, die einem etwas bedeuten.

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