Sport, Musik, Klang

29.10.2017, 19:30 Uhr

Seine Schlagzeugbatterie über die ganze Bühnenbreite der Nürnberger Meistersingerhalle hin war schon aufgebaut, als das Publikum noch Wagners "Parsifal"-Vorspiel erwartete. Das diente mit seinem "Dresdner Amen"-Motiv als Klammer um ein Programm, das kurz vor dem Reformationstag mit Mendelssohns "Reformationssymphonie" endete. Und in dessen Mittelpunkt nun ausgerechnet ein Schlagzeugkonzert stehen sollte: Aber James MacMillan aus Schottland hat es "Veni, veni, Emmanuel" überschrieben und damit einen Adventsgesang zitiert. Die Londoner Uraufführung in der Royal Albert Hall war mit Evelyn Glennie ein Riesenerfolg, inzwischen wurde das halbstündige Stück über 400-mal gespielt.

Jetzt ist es ein Glanzpunkt von Rubinos Repertoire: mit einem riesigen kakophonen Akkord des Orchesters eröffnet, mit wuchtigem Gongschlag und einem Spurt des Solisten von den Gongs hinüber zum Marimbaphon und wieder zurück zur Trommelbatterie. Das entspricht Rubinos Konzept: "Sport, Musik, Klang – das kommt heute an."

Vergessen schien die "Parsifal"-Feierlichkeit zu sein, aber dann kamen die choralartigen Soli des Blechs und signalisierten, dass es nicht nur um eine selbstverliebte Show des Schlagzeugstars gehen sollte: "Ich habe Schlagzeug immer wie ein kleines Orchester empfunden." Auf seinen verschiedenen Ebenen der Modernität hat das Konzert viele Momente pulsierender Ernsthaftigkeit, eine enge Verzahnung von Solo und Orchester, was von Roger Epple am Pult höchste Koordination erforderte – auch für die typisch angelsächsische Munterkeit im Umgang mit religiösen Themen (wie etwa in John Rutters Chorwerken).

"Völlig misslungen"

Nach fulminanten Tempo- und Rhythmuswechseln spielt Simone Rubino im Mittelteil am Marimbaphon und realisiert sehr subtil MacMillans differenzierte Piano-Vorgaben in genauer Verzahnung mit den Orchesterfarben. Wenn das Stück schließlich wieder Fahrt aufnimmt, zaubert Rubino engelsgleichen Glanz auf dem Vibraphon, das finale Trommel-Solo verschwindet langsam in Triangelgeglitzer. Und der Schlagzeuger muss noch bis unter die Orgel der Meistersingerhalle zu seinen Klangstäben hinaufsteigen. Dann klingt alles mehr nach Osternacht als nach Reformationstag: der wunderbare junge Solist, die sehr konzentrierten Symphoniker.

Kein Wunder, dass die "Reformationssymphonie" lange keine gute Presse hatte, wenn schon Mendelssohn Bartholdy selbst sagte: "ein völlig misslungenes Werk". Aber seine Selbstkritik muss man nicht nachvollziehen, wenn man noch Leonard Bernstein im Ohr hat: nicht nur Mendelssohns feierliche Choral-Last, sondern Bauernkriegstumult, Tintenwurf und Thesenanschlag. Dem näherte sich Epples Imagination und Fantasie mit den Symphonikern immerhin Beifall fördernd an.

Nächster Symphoniker-Termin am 5. November: "Revolution!" mit Schostakowitschs Symphonie Nr. 12: "Das Jahr 1917"; Kartentelefon: 09 11/4 74 01 54

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