Sein letzter Gang

14.1.2021, 21:15 Uhr
Olympiasieger! Am 3. September 1972 ließ sich Bernd Kannenberg (Arm in Arm mit dem Zweitplatzierten Weniamin Soldatenko) im vollen Münchner Olympiastadion feiern. 

© e-arc-tmp-20111109-153451-0001.jpg, NN Olympiasieger! Am 3. September 1972 ließ sich Bernd Kannenberg (Arm in Arm mit dem Zweitplatzierten Weniamin Soldatenko) im vollen Münchner Olympiastadion feiern. 

Die Kannenbergstraße in Fürth ist etwa 350 Meter lang. Hübsch ist sie, am Ende lassen Ahornbäume den Blick auf einen Sportplatz zu. Aber eben nur 350 Meter lang. Man müsste sie 143 Mal rauf- und runtergehen, um Bernd Kannenberg eine letzte Ehre zu erweisen.

So wie er selbst am 3. September 1972 in 3:56 Stunden am Stück 50 Kilometer lang gegangen ist, 143 Mal die Straße entlang, die man später in Fürth-Dambach nach ihm benannt hat. Begleitet von 100.000 Menschen auf der Strecke und empfangen von einem Jubelsturm im Olympiastadion von München. Hildegard Falck hatte an diesem Sonntag über 800 Meter gewonnen, Klaus Wolfermann aus Altdorf hatte seinen Speer in einem legendären Duell mit dem lettischen Bären Janis Lusis zwei Zentimeter weitergeworfen. Und dann war da noch Bernd Kannenberg, ein erstaunlich kräftiger junger Mann, der dafür sorgte, dass in Deutschland zumindest für einen Tag eine Disziplin populär war, die nur Eingeweihte nicht belächeln.

Gewichtheber, Ringer, Geher

Für Kannenberg war es ein langer Weg, viel länger als jene 50 Kilometer, auf denen er in München seine Konkurrenz dominiert hatte. Geboren in Königsberg, mit der Oma an der Hand vor der Roten Armee auf der „Wilhelm Gustloff“ geflohen, in Remscheid aufgewachsen, ein Gewichtheber und Ringer, der bei der Bundeswehr Gefallen am Marschieren fand. Kannenberg wurde Geher, erst beim 1. FC Nürnberg, dann beim jungen LAC Quelle in Fürth. Schon ein Jahr später war er in München erst noch mit dem Sowjet Weniamin Soldatenko unterwegs, ab Kilometer 35 alleine im Kampf gegen seine Erschöpfung, aber getragen von einer unglaublichen Münchner Begeisterung für große und kleine sportliche Leistungen. Mit Kannenberg fing in Fürth vieles an, beeindruckt von Kannenberg bezahlte Quelle-Patron Gustav Schickedanz die Kunststoffbahn an der Pierre-de-Coubertin-Straße. Gegenüber vom Eingang beginnt die Kannenbergstraße.

Kannenbergs Karriere endete schon 1976, sie war zu kurz, um zum Boris Becker des Gehens zu werden. In Fürth aber trauert man um einen ganz großen Sportler, der am Mittwoch im Alter von 78 Jahren an Organversagen gestorben ist.

5 Kommentare