Weiß, Grün, Wunderbar! Fürther Fanprojekt wird ausgezeichnet

14.11.2018, 12:26 Uhr
Die Verantwortlichen des Fürther Fanprojekts erhalten eine Auszeichnung.

© Hans-Joachim Winckler Die Verantwortlichen des Fürther Fanprojekts erhalten eine Auszeichnung.

Damit keine Missverständnisse aufkommen: Langeweile kommt bei Matthias Kosubek, Christjan Böncker und Martin Curi nicht auf, wenn sie ihrer Arbeit nachgehen. Das muss man wissen, wenn man Volker Goll von der Koordinierungsstelle für alle deutschen Fanprojekte sagen hört: "Das Schöne ist: In Fürth gibt es gar nichts zu tun." Was er damit meint, ist, dass es in der Stadt des Vereins mit dem Kleeblatt weder damals einen konkreten Anlass zur Gründung des Fanprojekts gab noch heute Fürther Fußballfans für beunruhigende Schlagzeilen sorgen.

Das, so Goll, sei in anderen Städten durchaus anders. Es gebe Fußballstandorte, da wurde es versäumt, rechtzeitig ein Fanprojekt zu gründen – als es dann eines gab, fand es bis heute keine Anerkennung bei den dortigen Anhängern.

Dass es dennoch eine Anlaufstelle für junge Kleeblatt-Fans gibt, entstammte damals dem Wunsch der aktiven Fanszene, die sich nach den Jahren in der sportlichen Versenkung in der jüngeren Vergangenheit größeren Zulaufs erfreute. Und dieser Wunsch stieß beim Verein, der Polizei und der Stadtverwaltung im Jahr 2014 auf offene Ohren. Der Zeitpunkt war kein Zufall, es war die Saison nach dem Ausflug der SpVgg in die erste Liga, infolgedessen viele neue Sympathisanten in den Ronhof kamen – darunter auch viele Jugendliche.

14- bis 27-Jährige sind die Zielgruppe, für die das Fanprojekt Fürth Anlaufstelle und Begleiter sein möchte – und das mittlerweile nachweislich auch ist. Das Problem, als Sozialpädagoge oder Erzieher in einer nach Unabhängigkeit strebenden Szene akzeptiert zu werden, scheint es in Fürth kaum zu geben.

"Skeptisch beäugt"

Zumindest erzählen das die drei Männer Kosubek, Böncker und Curi, die hinter dem Projekt stehen. Unter der Woche bieten sie einen offenen Treff in den Räumen der Kinderarche in der Theresienstraße an, an Spieltagen sind sie im Stadion als Ansprechpartner für die Nachwuchs-Schlachtenbummler. "Es gibt Vorbehalte", berichtet Christjan Böncker ohne Umschweife, "und das ist auch gut so." Natürlich würden er und sein Kollege Matthias Kosubek als ausgebildete Erzieher auch "skeptisch beäugt".

Doch sie werben umgekehrt mit großem Vertrauen in die Fans für sich: Die Jugendlichen dürfen den offenen Treff auch mit eigenem Schlüssel aufsperren, ohne dass "die Pädagogenottos", wie sie sich selbstironisch im Internet nennen, anwesend sind. In dieser Zeit basteln sie an ihren Fanutensilien, beraten sich oder organisieren Ausstellungen.

"Es war ein Glücksfall, dass wir uns für den Partner Kinderarche entschieden haben", sagt Fürths Bürgermeister Markus Braun heute, vier Jahre nach der Gründung. Und Volker Goll zeigt sich "beeindruckt von diesen Räumlichkeiten, das gibt es nicht überall so, mit Küche und Extra-Büros".

Die Kinderarche gGmbh ist eine gemeinnützige Stelle für Jugendhilfe und Jugendarbeit. Was so abstrakt klingt, wurde unter der Regionalleiterin Heidemarie Eichler-Schilling unter anderem mit dem Fanprojekt mit Leben gefüllt. Kurz vor dem baldigen Ende ihrer Amtszeit reformierte sie noch die Personalstruktur und installierte mit Martin Curi einen Leiter für das Fanprojekt (wie berichtet).

Sie selbst wird in wenigen Tagen beerbt von Birgit Schönknecht, die von der Stellvertretung nun in die Führungsposition aufrückt. Quasi zum Abschied nahm Eichler-Schilling das Qualitätssiegel, das erst zwölf Fanprojekten von der ersten bis zur fünften Liga in Deutschland überreicht wurde, als Anerkennung für ihre Arbeit entgegen.

Wobei laut Goll das Siegel keine Urkunde für Qualitätsmanagement ist. Da das Wort Fanprojekt kein geschützter Begriff sei, ging es der Koordinierungsstelle mit dem Qualitätssiegel darum, der Öffentlichkeit gegenüber endlich bestimmte Standards zu definieren – und Fürth erfüllt sie.

Integrative Kraft

Einen kleinen Schwachpunkt hat Goll jedoch auch in Fürth gefunden. Bislang trifft sich ein Beirat aus Vertretern von Jugendamt, SpVgg, Stadt, bayerischem Sozialministerium, Polizei und eben Fanprojekt einmal im Jahr, um über Probleme und Wünsche aller Seiten zu beratschlagen. "Wir wünschen uns diese Treffen zweimal im Jahr", sagt Volker Goll, der ansonsten bei seinen Untersuchungen feststellte: "Verein und Kommune bringen sich hier stark ein."

Federführend für den Part der Spielvereinigung ist Jürgen Schmidt, beratendes Mitglied im Präsidium des Vereins und Archivar. Er war es, der mit dem damaligen Fanbeauftragten Nicolas Heckel – mittlerweile nicht mehr im Verein tätig – und Bürgermeister Braun die Idee für eine Anlaufstelle für die Fans umsetzte. "Die Fußballszene entwickelt eine integrative Kraft", formuliert Schmidt die Tatsache, dass der offene Treff in der Theresienstraße ein Ort für Jugendkultur geworden sei.

Keine Kommentare