2:1 in der Verlängerung! Ice Tigers bestehen Meisterprüfung

6.10.2017, 22:01 Uhr
2:1 in der Verlängerung! Ice Tigers bestehen Meisterprüfung

© Sportfoto Zink/ThHa

Die Fakten: Thomas Sabo Ice Tigers 2, EHC Red Bull München 1. Das Gefühl in der Arena Nürnberger Versicherung: aufgebracht, begeistert, dankbar. Das Eishockey: spektakulär. Der Held nach 64 Minuten und 16 Sekunden: Philippe Dupuis.

There you Treutle

Niklas Treutle erkannte sofort, wer da auf ihn zulief – ein Linksschütze, eher schmächtig, Dominik Kahun, Nationalspieler, einer der torgefährlichsten Stürmer der Deutschen Eishockey Liga. Treutle machte sich groß. Kahun schoss. Treutle lenkte den Puck mit einem Schulterzucken ins Fangnetz. Danach nahm er einen Schluck aus seiner Flasche und schaute sich seinen Save noch einmal auf dem Videowürfel an. Treutle schien diesen Abend zu genießen.

Den 6196 Besuchern ging es nicht anders, dieses 2:1 (0:0, 1:1, 0:0, 1:0) zwischen den Ice Tigers und dem Meister aus München hielt alles, was Eishockey-Deutschland zuvor versprochen worden war. Nun genießt jeder anders: Treutle in aller Ruhe, die besonders fränkischen Fans schimpfend und beleidigend, weil der EHC München mit Steve Pinizzotto einen Spieler in seinen Reihen hat, der auch an diesem Freitagabend weitgehend toleriert von den Schiedsrichter sein Spiel aus Einschüchterung, Arroganz und Grenzüberschreitung vollführen durfte.

Vibrationen am Kurt-Leucht-Weg

Es gab aber auch diese großen Eishockey-Momente, als die Arena vor Freude über das Tempo und das Talent dieser vielleicht besten Mannschaften des Landes vibrierte. Als Brandon Segal zum Beispiel aus der neutralen Zone antrat, reagierte das Publikum mit einem selten beseelten Roarr. Als der ungemein dynamische Leo Pföderl auf das Münchner Tor zustürmte und im letzten Moment vom Dänen Markus Lauridsen gestoppt wurde, der kopfüber ins Gewühl rutschte (Pföderl krachte im Tiefflug in die Bande, sein Schlittschuh traf Lauridsen im Gesicht – beide konnten erstaunlicher Weise weiterspielen). Oder eben diese herrliche Vorbereitung des Nürnberger Führungstreffers, als Steven Reinprecht einen verunglückten Aufbaupass in vollem Tempo aufnahm, einen langen Querpass auf Yasin Ehliz spielte, der ihn direkt auf Petr Pohl, den Torschützen, weiterleitete.

Noch ein nur leicht übertriebener Satz der Würdigung dieses Spitzenspiels: Eine Deutsche Eishockey Liga auf diesem Niveau hätte kein Zuschauerproblem – noch nicht einmal im Frühherbst.

Natürlich Pinizzotto

Nüchtern betrachtet schafften es beide Mannschaften erstmals in dieser jungen Saison durchweg auf hohem Niveau anzugreifen und zu verteidigen. Ein Spiel ohne Fehler ist kurzweilig – und tatsächlich kurz. Im ersten Drittel war das Tempo nur so hoch, dass es den Abschlüssen an Präzision, an Wucht oder an beidem fehlte. Und so gab es nur einen echten Aufreger, als Nichlas Torp Pinizzottos natürlich nicht zufällige Attacke auf Treutle mit dem Schläger stoppte, sich der Schwede und der Deutsch-Kanadier näher kamen und beide erst durch die Sprecherbox zwischen den Strafbänken getrennt wurden. Dass den Ice Tigers sowohl Kapitän Patrick Reimer als auch Marco Pfleger (Knie), Patrick Köppchen (Knie) und Colten Teubert (Rücken) fehlten und beide Mannschaften unter der Woche aktiv waren, war dem Spiel da noch nicht anzumerken.

Jaffray, Milchsäure und die Tabelle 

Weil Reimer-Ersatz diesen präzisen Angriff souverän abgeschlossen hatte, rückte der gebürtige Treutle immer mehr in den Fokus. Wenn früher Don Jackson in der Stadt war, musste Treutle diese Spiele immer noch von der Bank aus mitansehen – allerdings war er da noch beim EHC München angestellt. Natürlich war es für den Nürnberger Torhüter ein besonderes Spiel, für alle anderen wurde es derweil mit jeder Szene unterhaltsamer: Ehliz startete in Unterzahl als Dritter, kam aber als Erster vor Leggio an, nur knapp verfehlt von einem Stockschlag Pinizzottos, verzog er knapp. David Steckel streichelte den Puck am Tor vorbei (35. Minute). Und kurz nachdem er sich auf dem Videowürfel beobachtet hatte, musste Treutle den Puck aus seinem Tor holen. Jason Jaffray hatte einen Schuss im Power-Play entscheidend abgefälscht (40.).

Im Schlussabschnitt drosselte die Milchsäure das Tempo. Erst in den Schlussminuten rettete Treutle in Unterzahl mit großartigen Paraden das Unentschieden, eine späte Überzahl konnten die Ice Tigers nicht nutzen. Zehn Sekunden vor der Verlängerung rutschte Fox' Schuss am langen Pfosten vorbei. Im Power-Play danach schlug Pinizzotto den Puck mit dem Handschuh aus dem Gefahrenbereich. Eine Chance aber hatten die Ice Tigers noch: Gilbert und Reinprecht bereiteten in aller Ruhe vor, Dupuis vollendete elegant unter die Latte.

Ach, ja: Nürnberg hat vor dem Sonntagsspiel in Straubing (16.30 Uhr) trotzdem die Tabellenführung verloren.

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