Aus Eckental an die Spitze: Laura Gröll wird Deutsche Hochsprungmeisterin

25.2.2020, 10:34 Uhr
"Ich weiß nur noch, dass ich ausgeflippt bin", sagt Laura Gröll im Nachhinein.

© Foto: Jens Büttner/dpa "Ich weiß nur noch, dass ich ausgeflippt bin", sagt Laura Gröll im Nachhinein.

Am Montagvormittag stand Roland Gröll wieder an den Maschinen. Der Vorsitzende der LG Eckental arbeitet in der Fertigung. "Ich komme langsam wieder zur Ruhe", sagte Gröll, "das war alles viel zu nervenaufreibend."

Am Sonntag in Leipzig, bei den Deutschen Leichtathletikmeisterschaften, da war Roland Gröll Fan gewesen, aber vor allem Papa. Tochter Laura Gröll stand im Hochsprung-Finale. Mit sechs Jahren hatte er sie erstmals mit auf die Sportanlage des Gymnasiums genommen, auf der die LGE trainiert. "Jetzt saß ich mit meiner Frau auf der Tribüne. Aber das Genießen fiel schwer: Das ist nicht schön, man leidet furchtbar mit."

Leiden deshalb, weil Laura Gröll in den vergangenen Jahren so oft nur ein paar Zentimeter zum Sieg fehlten. Um diese wenigen Prozent aufzuholen und ihr Psychologiestudium zu beginnen, wechselte sie im Oktober 2017 zur LG Stadtwerke München und Trainer Sebastian Kneissl. "Ich bin aber der große Familienmensch geblieben", sagt die 21-Jährige.

Lockeres Liebäugeln mit einer Medaille

Also gingen auch in der mit 3750 Zuschauern ausverkauften Halle in Leipzig immer wieder die Blicke hinauf in den Rang, wo die Eltern saßen. "Aber mehr als ein Grinsen", sagt Laura Gröll, "kann man da ja nicht hinaufschicken, um sie zu beruhigen."

Sie selbst war im wichtigsten Wettkampf ihrer jungen Karriere die Ruhe selbst. Ohne Druck war Gröll nach Leipzig gefahren, auch wenn sie überall gelesen hatte, wie groß die Chancen waren. Mit der derzeit zweitbesten Höhe der ganzen Republik kam sie in die Halle, "es war mir bewusst, dass ich gut in Form bin. Ich wusste, dass 1,81 oder 1,82 locker drin sein werden. Aber ich habe es irgendwie geschafft, den Druck nicht an mich ranzulassen. Das ist, glaube ich, neben dem Sprung das, worauf ich jetzt am meisten stolz sein kann." Ob Platz drei oder fünf, das war Laura Gröll gar nicht so wichtig. "Ich habe mit einer Medaille geliebäugelt. Aber ich hatte die Einstellung: Ich spring’ mein Bestes – dann schauen wir einfach, was am Ende rauskommt." Diese Lockerheit war es, die sie am Ende fliegen ließ. Höher hinaus als jemals zuvor.

Die Lockerheit behielt sie bei, als nur noch drei Athletinnen im Rennen waren. Oben auf der Tribüne, sagt Roland Gröll, war das der Augenblick, als ihm die Achseln schweißnass wurden, als er es kaum noch aushielt zuzusehen. Unten, sagt Laura Gröll, hatte sie es gar nicht mitbekommen, dass sie eine Medaille sicher hat. "Ich habe nur weiter aufs Publikum gelauscht, ob die Konkurrentinnen drüber sind oder nicht."

Im Tunnel

Als die 1,88 Meter auflagen, schafften sie es nicht mehr. Alle drei Versuche nicht. Und auch Gröll scheiterte in den ersten beiden Anläufen. Trotzdem blieb sie wieder cool: "Ich stand am Anlauf und habe gemerkt, wie ich in den Tunnel komme." Sie sagt, sie hört dann das Publikum nicht mehr klatschen. Auch die Eltern waren nicht mehr im Kopf. "Der Kopf war leer. Ich hab nur noch die Latte gesehen." Als sie wenig später auf der Matte wieder zu sich kam, sah sie gleich zur Stange, sah sie, wie die noch immer dort oben lag, in 1,88 Metern Höhe. "Wie ich das geschafft habe, weiß ich nicht. Ich weiß nur noch, dass ich ausgeflippt bin und mir die Freudentränen kamen." Wie den Eltern auf der Tribüne.

Olympia, sagt die Deutsche Meisterin im Hochsprung, kommt ihr zu schnell: 1,96 ist die Norm. Die 1,90 für die EM in Paris sind greifbar. "Paris", so Gröll, "ist ein gutes Ziel." Wenn es nicht klappt, sagt sie auch, wird die Welt nicht untergehen. Sie will es wieder ganz locker angehen.

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