Boxen in Nürnberg: Awdijan erreicht "neues Level"

19.7.2017, 09:25 Uhr
Boxen in Nürnberg: Awdijan erreicht

© Roland Fengler

Der Gong hat zur siebten Runde geschlagen, Wanik Awdijan springt vom linken auf das rechte Bein, holt mit der linken Faust aus – und schlägt an seinem Gegner vorbei. Nkululeko Mhlongo kontert mit einer Geraden. Awdijan geht in die Defensive und lässt sich von seinem Kontrahenten in die Ecke treiben. Ein Schlag trifft ihn am Kopf, er versucht, sich Raum zu verschaffen, und tänzelt nach rechts. Die Boxer landen in den Seilen, erst der Ringrichter kann das Menschenknäuel entwirren.

Strapaziöse Vorbereitung

Zwei Monate lang hat sich Wanik Awdijan auf diesen Kampf vorbereitet. Jeden Tag hat er vier Stunden trainiert, er ist in den österreichischen Bergen gejoggt, und er hat im heimischen Sportcentrum auf den Sandsack eingeprügelt. Nkululeko Mhlongo dürfte sich nicht minder gut vorbereitet haben. Der 32 Jahre alte Südafrika-Champion ist für seine Angriffslust bekannt. 58 Prozent seiner Gegner hat er durch K.o. ausgeschaltet. Selbst ist er aber noch nie außer Gefecht gesetzt worden.

Awdijan hat sich diesen Kontrahenten ausgesucht, um in der Weltrangliste nach oben zu rutschen. Mhlongo hat dem Kampf sofort zugesagt. Auch er war sich sicher zu gewinnen. Nur die allerbesten Profiboxer können mit ihrem Sport auch Geld verdienen. Besonders lukrativ ist der Faustkampf in den USA.

Bis dahin kämpft Awdijan in Nürnberg, im Alex Sportcentrum, das den Namen seines Vaters, Trainers und Box-Weltmeisters von 2007 trägt. 500 Menschen haben auf den Stühlen rund um den Boxring Platz. Dort, wo sonst Hobby-Kampfsportler das Schattenboxen üben oder Profis ein Pratzentraining absolvieren.

Nun steht Awdijan in dem Ring, wo er sonst gegen seinen Vater Alexander im Training antritt, und muss seinen bislang härtesten Gegner besiegen. "Dieser Kampf zeigt, ob Wanik zur Weltspitze gehört – oder nicht", sagt sein Vater und Trainer zwei Tage zuvor. Der ehemalige jüngste Profiboxer will sein Image des Youngsters endgültig ablegen.

Mhlongo hat den Kampfnamen "Bulldogge" – und ist doch alles andere als stämmig. Er ist ein schlaksiger Mann mit harten Schlägen, die so ungelenk daherkommen, dass sie an ein ausschlagendes Pferd erinnern. Awdijan hingegen ist das flinke Wiesel, das ausweicht und um den Gegner tänzelt. Immer wieder ermahnt der Ringrichter ihn, sich aufzurichten. "Unverständlich" findet Alexander Awdijan das, wie er später sagt.

Lokalmatador trifft Nationalhelden

"Schau ihn an", ruft er seinem Sohn während des Kampfs zu. Die Boxer stehen sich schwer atmend gegenüber. Der Nürnberger Lokalmatador und der Nationalheld in Südafrika. Ihre Sprache ist der Faustkampf. Mhlongo holt mit seiner Linken aus, und Awdijan antwortet mit einer Schlagabfolge aus einer Geraden, einem Haken und einem Aufwärtshaken. Der Schweiß spritzt in sichtbaren Tröpfchen in der dunklen Halle in die Luft.

In den ersten Runden dominiert Awdijan durch seine Schlagabfolge und Taktik. Er ist schnell, verpasst Mhlongo in der fünften Runde einen Cut am rechten Auge. Aber immer wieder beginnt er zu klammern. Sein Kontrahent ist aggressiv und sucht den Nahkampf. "Dieser Gegner war ein neues Level für mich", sagt Awdijan. Mhlongo kann mit klaren Treffern punkten. Als nach der achten Runde alles vorbei ist, stehen zwei vom Kampf gezeichnete Männer mit geschwollenen Gesichtern im Ring. 77 zu 75 lautet das Urteil der Punktrichter. Ein knapper Sieg für Awdijan.

Keine Kommentare