Club: Der Neue und sein Dolmetscher

3.8.2012, 07:00 Uhr
Unzertrennlich: Publikumsliebling Javier Pinola und Neuzugang Marcos Antonio.

© Sportfoto Zink Unzertrennlich: Publikumsliebling Javier Pinola und Neuzugang Marcos Antonio.

Der argentinische Publikumsliebling und „sein“ brasilianischer Neuzugang sind unzertrennlich, wie mit einer imaginären Fußfessel verbunden. Unnötig zu erwähnen, dass sie im Trainingslager im österreichischen Längenfeld ein Zimmer teilen. Und bei gemeinsamen Extraschichten scheint es, als wollten sie eine neue olympische Disziplin etablieren: Synchron-Situps.

Die Nähe hat einen Grund: eine verwandte Muttersprache. Pinola ist so etwas wie der Integrationsbeauftragte des Clubs, wenn es um Spieler geht, die spanischer oder portugiesischer Herkunft sind. „Wir reden viel miteinander und verstehen uns einfach richtig gut, wie Freunde“, erzählt Pinola, während Marcos Antonio neben ihm auf der Couch sitzt und darauf wartet, dass Pinola die nächste Frage des Journalisten aus dem Deutschen ins Spanische und irgendwie eben auch ins Portugiesische übersetzt.

Der 29-jährige Neuzugang vom rumänischen Erstligisten Rapid Bukarest hätte eigentlich viel zu erzählen. Beispielsweise, dass er wegen ausstehender Gehaltszahlungen bei Rapid seinen Vertrag fristlos gekündigt hatte, die FIFA aber erst nach Rechtsstreitigkeiten die Spielerlaubnis erteilt und er das Angebot des Clubs sehr gerne angenommen hat. Oder wie er den bei ihm diagnostizierten Kehlkopfkrebs besiegt und so noch mehr zu seinem Glauben gefunden hat.

Doch er hält sich zurück und beantwortet die vergleichsweise epische Übersetzung von Pinola eher einsilbig. Er liest hin und wieder in der Bibel und betet vor jeder Mahlzeit, verrät er. Am wichtigsten sei, dass ihn seine Familie überall hin begleitet und meint damit seine Frau Ana.

Über eine frühere Beziehung, der ein Kind entsprungen sein soll, schweigt er, ohne gefragt worden zu sein. Ein fürsorglicher Pinola winkt schon vorher ab: „Dazu will er sicher nichts sagen.“

Zumindest Trainer Dieter Hecking konnte sich schon ein genaues Bild von seinem neuen Innenverteidiger machen, weil Leistung eben auch für sich sprechen kann. Kantig und kompromisslos, deshalb auch nicht allzu filigran ist die Spielweise des Globetrotters, der außerdem schon in Brasilien, Portugal, Frankreich und Griechenland spielte. „Die Umstellung auf die höhere Intensität in der Bundesliga merkt man ihm an“, findet Hecking, der ihm einen ordentlichen Spielaufbau attestiert.

Auf dem Feld scheint Marcos Antonio, der wegen Timm Kloses Olympia-Teilnahme und Per Nilssons anfänglicher Verletzungspause bisher kaum eine Minute in den Vorbereitungsspielen fehlte, nie den Überblick zu verlieren. Und er weiß sich in den Zweikämpfen mit robustem Körpereinsatz zu behaupten, womit er Hecking vorerst zufriedenstellt.

Um die vorhandenen Fitnessdefizite zu tilgen, gibt ihm der Trainer noch die dreieinhalb Wochen bis zum Saisonbeginn: „Die charakterlichen und sportlichen Voraussetzungen sind sehr gut. Der wahre Prüfstand ist dann die Bundesliga.“

Aber Antonio muss keine Angst haben, er steht ja nicht allein auf dem Feld. Links neben ihm findet er Verteidiger Pinola. Und sollte er sich doch mal einen Fehler erlauben, wird Dolmetscher Pinola die Kritik des Trainers sicherlich auch ein wenig filtern – aus reiner Fürsorge versteht sich.

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