Das Positive sehen: Lockdown als Hoffnung fürs Tennis?

26.3.2021, 16:02 Uhr
Noch sind die Tennisplätze in der Region nicht präpariert, in ein paar Wochen soll das Leben aber zurückkehren.

© Edgar Pfrogner, NN Noch sind die Tennisplätze in der Region nicht präpariert, in ein paar Wochen soll das Leben aber zurückkehren.

Als sich Boris Becker 1985 aufmachte, ein ganzes Land zu verzücken, da sprach noch niemand von einem Boom. Mit 17 Jahren gewann Becker damals als erster ungesetzter Spieler, als erster Deutscher und als jüngster Teilnehmer das Finale von Wimbledon, ein Jahr später wiederholte er diesen Triumph gegen Ivan Lendl. Tennis wurde mit den vielen Erfolgen Beckers immer beliebter, zuerst als Fernsehsport, dann auch auf den Sandplätzen, wo die Menschen das Spiel mit der Filzkugel auch einmal ausprobieren wollten.

Bum-Bum-Boris

Parallel dazu schaffte es die junge Steffi Graf in die Weltspitze, die Erfolge von "Fräulein Vorhand" und "Bum-Bum-Boris" sorgten tatsächlich für einen Boom in Deutschland. 1989 hatte der Deutsche Tennis-Bund erstmals mehr als zwei Millionen Mitglieder, 1994 erreichte der Aufschwung mit 2,3 Millionen seinen Höhepunkt.

Zwei solche Ausnahmetalente gibt es mehr als 25 Jahre später nicht, stattdessen sind viele andere Sportarten hinzugekommen. Manche sind nur ein vorübergehender Trend geblieben, andere wie American Football haben dem Tennis auch in Sachen Präsenz in der Öffentlichkeit viel streitig gemacht.

Das Positive sehen: Lockdown als Hoffnung fürs Tennis?

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Dennoch ist Tennis noch immer eine der beliebtesten Sportarten des Landes, der Deutsche Tennis-Bund verzeichnete zuletzt knapp 1,3 Millionen Mitglieder. Wenn es nach Peter Schneider und Jörg Wölfel geht, werden die Zahlen in der nächsten Zeit wieder steigen. Vor vielen Jahren war Schneider, ein 60-jähriger Nürnberger, der erste Trainer von Wölfel, der es später als Spieler unter anderem in die Tennis-Bundesliga schaffte und dort für Bamberg aufschlug.

Schnuppertage, Camps, Trainings

Heute betreiben beide eigene Tennisschulen, Schneiders "Tennis Factory" kooperiert seit Jahren mit Wölfels "WOW! TennisCompany". Gemeinsam betreuen sie viele Sportvereine in Nürnberg wie den Post SV oder den SV Laufamholz, aber auch im Umland (Röttenbach, Weisendorf, Ebermannstadt). Für die Vereine organisieren sie Schnuppertage und Camps – oder führen sogar das Vereinstraining durch, wenn die Klubs keine eigenen Lehrer haben.

Seit vielen Monaten sind die beiden praktisch arbeitslos, weil die Tennishallen geschlossen und die Freiplätze der Vereine noch im Winterschlaf sind. Doch wenn die Anlagen, die es in fast jedem Dorf gibt, wieder präpariert sind für den Frühling, Sommer und Herbst, dann könnten zu den 1,3 Millionen Tennisspielern einige hinzukommen, glauben Schneider und Wölfel.

"Sehr effizient"

In Zeiten von Abstandhalten und Kontaktvermeidung sei Tennis ein idealer Sport, von Grundlinie zu Grundlinie sind es ja 24 Meter. Deshalb wird Tennisspielen bald wieder möglich sein, während andere Sportarten noch lange warten müssen. Die beiden Tennislehrer hoffen darauf, dass die durch den Lockdown und den vielen Bewegungsmangel bisweilen eingerosteten Menschen demnächst wieder Lust auf Sport verspüren – und dann beim Tennis landen.

"Es ist ein sportlich und koordinativ äußerst anspruchsvoller Sport, der vom Kopf über die Arme bis zu den Beinen alles vereinbart", sagt Schneider. "Außerdem ist Tennis sehr effizient, weil es Körper, Kondition und Geist gleichermaßen fördert." Auch ältere Menschen könnten dort Beweglichkeit und Koordination trainieren – und natürlich mit jüngeren Leuten zusammenkommen, wenn das irgendwann wieder erlaubt ist.

Neuer Boom?

"Der Leistungsgedanke schwindet immer mehr", erkennt Wölfel. Das liege auch daran, dass es sehr viel Geld und Zeit braucht, um es nach oben zu schaffen, um mit dem Tennis Geld zu verdienen und in Wimbledon auf dem Platz zu stehen. So, wie es Steffi Graf und Boris Becker vor vielen Jahren geschafft haben.

Einen neuen Boom sehen sie zwar nicht kommen, doch "ich würde mich über ein paar 100.000 neue Spieler freuen", sagt Jörg Wölfel, Schneider glaubt sogar an mehr. In einer schweren Zeit, in einer negativen Phase für sie und ihren Sport sehen die beiden: das Positive.

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