Der defensive Offensive: Fürths Ernst ist variabel

16.3.2018, 12:30 Uhr
Der defensive Offensive: Fürths Ernst ist variabel

© Sportfoto Zink / WoZi

Im Büro, das Rachid Azzouzi im November am Trainingsgelände der Spielvereinigung bezogen hat, hängt eine Magnettafel mit einem Fußballfeld darauf. Für jeden seiner Spieler hat der Sportdirektor des Kleeblatts einen Magneten, im Winter hingen sie dort schon säuberlich aufgehängt. Für jede Position zwei Magneten.

Nur bei Maximilian Wittek, dem Linksverteidiger, hätte eigentlich kein weiterer Stein haften dürfen. Denn einen weiteren echten Linksverteidiger hat Fürth nicht im Kader. Und doch stand Witteks Name nicht allein, ihm war ein Spieler beigeordnet, den man dort nicht vermutet hätte: Sebastian Ernst.

Besonders sorgfältige Abwehrarbeit 

Der Linksfuß war eigentlich als Spieler für die offensive Außenbahn verpflichtet worden oder als hängende Spitze. Durch besonders sorgfältige Abwehrarbeit war der 23 Jahre alte Ernst bis dahin nicht aufgefallen.

Aber Azzouzi war zuversichtlich, dass die Umschulung, die schon im Oktober begonnen hatte, Erfolg haben würde. Musste er vielleicht auch. Ein Verein wie die Spielvereinigung, das predigen die Verantwortlichen gerne, muss ungewöhnliche Wege gehen. Und im Winter, angesichts der sportlichen Krise und fehlender Mittel, waren die mehr denn je nötig.

Spricht man Sebastian Ernst nach fünf Monaten Training auf seine Metamorphose an, klingt er zwar nicht gerade begeistert, aber doch zufrieden: "Ich muss sagen, dass man es im Spiel schon merkt. Man hat ein besseres Gefühl für den Mann hinter sich und die Wege nach hinten", sagt er. Seine Zufriedenheit hat vielleicht auch damit zu tun, dass es zuletzt wieder ganz gut lief bei ihm. Vier Einsätze in den vergangenen vier Spielen über 90 Minuten, ein Tor – davon konnte er im Winter nur träumen. Ernst, den Ex-Trainer Janos Radoki noch zum "Gewinner der Vorbereitung" ausgerufen hatte, war unter dessen Nachfolger Damir Buric lange außen vor, saß auf der Bank. Oder war gar nicht erst im Aufgebot.

Gespielt hat Ernst zuletzt allerdings gar nicht als Linksverteidiger. Denn Maximilian Wittek ist auf der Position gesetzt. Also lief Ernst vor ihm auf. "Wenn es mal zwicken sollte, würde ich auch links hinten ins Spiel gehen. Aber grundsätzlich bin ich Offensivspieler", betont er.

Manchmal ist er auch schon jetzt links hinten zu sehen. Zum Beispiel im Derby, als er immer wieder Teil einer Fünferkette wurde, wenn Nürnberg über die rechte Seite angriff. So passt auch Ernst gut in das variable Defensivsystem, das Buric seinem Team verordnet hat. Für Ernst bedeutet das: Er muss weite Wege gehen, die er bisher aber engagiert abspult. Und auch wenn er immer noch eher zu den Leichtgewichten gehört, führt er die Zweikämpfe inzwischen mit einer anderen Intensität.

Lob von Azzouzi

Vom Sportdirektor gibt es nur Lob für die Entwicklung: "Das Training hat ihm gut getan", sagt Azzouzi: "Er ist ein Beispiel dafür, wie sich Spieler aus schweren Situationen befreien können."

Und so steht Ernst mit seiner Entwicklung auch stellvertretend für das Kleeblatt in den vergangenen Wochen, in denen sich Fürth mit 13 Punkten aus fünf Partien aus eigener Kraft aus den Abstiegsplätzen geschossen hat. Ein entscheidendes Tor, gegen Braunschweig, hat auch Ernst dazu beigetragen. Er wünscht sich mehr Treffer, dann könnte die für ihn bislang wechselhafte Saison noch zu einer besseren werden. Die Chancen stehen gut. Denn Tore schossen in Fürth zuletzt vor allem die Abwehrspieler. Und Ernst ist ja jetzt einer von ihnen.

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