»Die Fürther hatten schon vor dem Spiel die Hosen voll»

12.3.2010, 00:00 Uhr
»Die Fürther hatten schon vor dem Spiel die Hosen voll»

© Schmidtpeter/Archiv Fengler

NZ: Herr Gerling, in den nächsten Tagen stehen drei Derbys zwischen dem »Kleeblatt» und dem Club im Nachwuchsbereich ins Haus – das ist ja wahrscheinlich immer noch etwas Besonderes, auch für die Spieler?
Günter Gerling:
Es ist etwas Besonderes. Das war es schon zu meiner Zeit, als ich Jugendspieler beim Club war. Ich finde das auch gut so. Wenn man Leistungssport machen will, muss man solche besonderen Situationen haben. Ich freue mich darauf, und ich sage: ja, natürlich ist ein Spiel gegen den Club, ist das Kräftemessen auch etwas, wo man sagt, man muss sich in der Hierarchie wieder einordnen. Aber ich sehe es positiv. Was mich stört, ist, wenn man diese Fronten aufbaut – Hasstiraden dürfen nicht sein. Ich damals als Cluberer habe mich besonders gefreut, gegen Fürth zu gewinnen, und als Trainer in Fürth habe mich natürlich auch gefreut, gegen den Club zu gewinnen. Als ich Club-Jugendtrainer war, war es mir mehr wert, die Fürther Jugend zu schlagen als Jahn Regensburg.

NZ: Das Erfreuliche ist ja wohl, dass die drei Derbys auf dem jeweils höchsten Level stattfinden?
Gerling:
Erfreulicherweise. Wir stehen natürlich schlechter da als der Club. Damit müssen wir leben, damit leben wir auch, weil wir andere Voraussetzungen und Möglichkeiten haben. Aber wichtig ist für uns, dass es in der gleichen Liga stattfindet. Dann macht es erst Spaß und ist auch ein echtes Kräftemessen.

NZ: Apart ist, dass auf Fürther Seite mehrere Ex-Cluberer dabei sind...
Gerling:
Das wird immer so sein. Wenn man im Fußball auf einem gewissen Niveau arbeitet, hat man in der Region nur den Club und Fürth. Wenn man (als Spieler) auf dem gleichen Niveau bleiben will, geht man da rüber. Ich habe damit kein Problem, ich komme ja selbst vom Club. Viele unserer Spieler waren beim Club, weil dort sehr gute Arbeit gemacht wurde.

NZ: Als wir uns vor einem Jahr unterhalten haben, sagten Sie, dass Sie es merken, dass sich in der Jugendarbeit beim Club vor ein paar Jahren etwas zum Positiven hin verändert hat, dass es für Sie schwieriger wird, junge Spieler nach Fürth zu locken. Der Club ist auch in der Jugend wieder die Nummer eins in der Region?!
Gerling:
Dass der Club die Nummer eins ist, liegt nicht an der Jugendarbeit, sondern daran, dass er einfach die Nummer eins in Nordbayern ist. Zum Club gehen die jungen Spieler vom Gefühl her, wir können nur über die Sache, den Erfolg, das Konzept überzeugen.

NZ: Sie haben 1979 mit der A-Jugend des Clubs das Endspiel um die deutsche Meisterschaft erreicht und knapp verloren. Wie hat es Sie dann nach Fürth verschlagen?
Gerling:
Zufall! Ich hatte, wie viele beim Club, in dem Jahr Ärger mit der Führung. Ich wollte bestimmte Dinge umsetzen. Fred Klaus und Stefan Reuther waren damals B-Jugendspieler, haben aber das ganze Jahr bei mir in der A-Jugend gespielt. Wir hatten das bayerische Endspiel verloren, und ich merkte, dass beide körperlich am Ende waren. Dann hatten wir ein B-Jugendendspiel um die mittelfränkische Meisterschaft – der damalige Jugendleiter wollte beide spielen lassen. Ich habe gesagt: Die spielen nicht, wir müssen an die Spieler denken. Doch sie waren am nächsten Tag dabei, gegen meinen Willen. Daraufhin habe ich aufgehört. Ich hatte immer nur Einjahresverträge, weil ich neben meinem Beruf als Lehrer frei sein wollte. Dann ist die Spielvereinigung Fürth 1983 aus der zweiten Liga abgestiegen, und plötzlich kam der Anruf von Helmuth Liebold: »Herr Gerling, können Sie sich vorstellen, unsere erste Mannschaft zu trainieren?» Das habe ich gemacht. Dann hatte ich in Fürth eine ähnliche Situation wie in Nürnberg. Ich war beim Club als A-Jugendtrainer zwei Jahre erfolgreich, dann meinte der damalige Jugendleiter, er müsse einen besseren Trainer holen. Aber nach zwei Jahren hat er mich zurückgeholt. Ich war fünf Jahre dort, dann bin ich nach Fürth gegangen. Da war ich drei Jahre, wie ich meine, sehr erfolgreich, ehe sie einen neuen Trainer holten. Sie sind in die Landesliga abgestiegen, und dann haben sie mich nach drei Jahren zurückgeholt.

NZ: Der Kontakt war nicht abgerissen?
Gerling:
Nein. Sie sind damals im letzten Spiel in Augsburg abgestiegen. Trainer war Franz Brungs, von dem sich Liebold trennte, weil er abgestiegen ist. Hätten sie in Augsburg nicht verloren, wären sie nicht abgestiegen, wäre ich nicht wieder Trainer geworden, sondern Brungs geblieben. Liebold hat mich damals wohl deshalb als Trainer nach Fürth geholt, weil er keine Spieler mehr hatte. Ich habe damals mehrere Jugendspieler vom Club mitgenommen, darunter Armin Störzenhofecker, Roland Reichel, Horst Schlerf und Dieter Tessmann.

NZ: Das war der Anfang der erfolgreichen Jugendarbeit beim »Kleeblatt»?
Gerling:
Das war der Anfang. Wir waren damals ja auch sehr erfolgreich, hatten in dem Jahr im Schnitt 6000, 7000 Zuschauer in der Bayernliga. Da war auch das legendäre Spiel gegen Bamberg vor 18000 Zuschauern. Ich habe in den drei Jahren, in den ich Trainer in Fürth war, eine ganze Menge Clubspieler geholt, die alle wegen mir kamen, darunter Günter Güttler, Günter Drews.

NZ: Und Sie selbst sind in Fürth hängengeblieben…
Gerling:
Ja, ich bin dann hängengeblieben. Ich bin zwar noch einmal ein Jahr zum Club, aber das war zum Scheitern verurteilt, aus, fertig. Ich habe aufgehört, und dann kamen die Fürther wieder.

NZ: Spielt es bei den Derbys eigentlich eine Rolle, wo sie stattfinden?
Gerling:
Für mich nicht! Ich glaube, das ist egal. Das war zu früheren Zeiten anders.

NZ: Haben Sie die Hinspiele der jetzt anstehenden Derbys gesehen?
Gerling:
Gegen die B-Jugend habe ich nicht zugeschaut. Die A-Jugend habe ich gesehen, das war okay. Ich muss sagen, wenn alle Derbys so ablaufen, finde ich das super. Nicht nur weil wir gewonnen haben. Da war ziemlich Feuer drin, da ist um jeden Ball gekämpft worden, aber nicht bösartig – das ist genau der Punkt: dass man sich behaupten will, dass man Fußball spielen will und nicht Federball, ist klar. Aber es geht darum, ob es bösartig oder aggressiv zur Sache geht, sowohl verbal als auch körperlich. Dass man auf so ein Spiel besonderen Wert legt, das muss ich erwarten. Das hat mir in diesem Spiel sehr gut gefallen, und ich hoffe, dass die Derbys alle so laufen – unabhängig vom Ergebnis.

NZ: Herr Gerling, haben Sie noch eine Derby-Anekdote aus Ihrer Zeit als Spieler oder Trainer?
Gerling:
Ein ganz wichtiges Derby war das Spiel um den Aufstieg in die Bayernliga. Fürth spielte damals nach dem Abstieg in der Landesliga, die damals die vierte Liga war. Das war für uns zu wenig, für die Club-Amateure war die Landesliga okay. Dort war damals Fritz Popp Trainer beim Club. Wir traten im Entscheidungsspiel um den Aufstieg 1991 in Bayreuth an. Gepfiffen hat damals übrigens Manfred Amerell. Da haben wir souverän gespielt und 2:1 gewonnen. Das ist mir gut in Erinnerung geblieben. Früher als Spieler, als ich noch beim Club war, wussten wir, dass wir gegen Fürth nicht verlieren können, die hatten immer die Hosen schon vorher voll. Dann hat sich das eine Zeit lang gewandelt, so vor vier, fünf Jahren: Da haben die Fürther immer gewonnen. In den letzten zwei Jahren hat sich das allerdings wieder gedreht.

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