Ein Glücksfall ist längst nicht genug

11.9.2009, 00:00 Uhr
Ein Glücksfall ist längst nicht genug

© Günter Distler

Vielleicht hätte Milan Maric das Traumangebot annehmen sollen. Berlin oder Schwaig, Schwaig oder Berlin? Er hätte im Juni «Berlin» sagen können, dann würde mittelfristig sogar die Champions League winken. Aber er wählte Schwaig und blieb bei einem Team, das zu Beginn der Saison einmal mehr auf ein kleines Wunder hofft.

SV Schwaig statt SCC Berlin, das heißt: Am Volleyballnetz stehen Studenten, keine Profis. Schwaig statt Berlin, das bedeutet Zweite Bundesliga statt Erste, Herzblut statt Geld, und vor allem bedeutet es, dass man immer wieder hoffen muss: auf einen talentierten Volleyballer, den es nach Schwaig zieht, und auf Sponsoren, mit denen sich ein solcher Spieler viel leichter ködern ließe. Aber Schwaig bedeutet immerhin auch, dass Milan Maric nicht in Berlin steckt, während sich seine Zwillingssöhne für das Übertrittszeugnis fürs Gymnasium plagen. «Ich hatte Angst, dass sie eines Tages sagen, wir haben es nicht geschafft, weil du nicht für uns da warst», sagt Maric.

Beim SV Schwaig weiß man, dass es ein absoluter Glücksfall ist, wenn einer wie Maric bleibt. Der ausgebildete Volleyball-Trainer, der als Spieler in seiner Heimat Serbien ganz oben mitmischte, ist in Franken heimisch geworden, als er zwischen 2000 und 2009 die unterfränkische SG Eltmann trainierte: einen Regionalligisten, der es in die Bundesliga schaffte - dank Maric. 2008 bekam Eltmann einen neuen Manager und einen Haufen Probleme – kurze Zeit später heuerte Maric beim SV Schwaig an.

Dort freute man sich über das kleine Wunder. Nicht nur, weil die Mannschaft mit dem neuen, starken Trainer souverän den Klassenverbleib schaffte, sondern auch weil man nun hoffen durfte, dass der Trainer mit dem großen Namen wie ein Magnet Spieler und Sponsoren anziehen würde.

Beides ist bislang noch nicht gelungen, was Maric zum Saisonauftakt Bauchschmerzen bereitet. Zwei starke Zugänge hatte er sich gewünscht, nachdem sein bester Diagonalspieler Marko Henke weggezogen ist und auch Ersatz für Zuspieler Sascha Kucera her muss: Um der Mannschaft zu helfen, reist der 31-Jährige, der nach dem Studium im Harz Arbeit gefunden hat, regelmäßig zu den Spielen an; eine Dauerlösung kann das nicht sein.

Mit Dominik Egerer (vorher SV Schwaig II) und Oliver Bauer (vorher SG Eltmann II) wurde der Kader zwar um talentierte Spieler erweitert, «das Loch» aber nicht ganz gestopft, wie Maric sagt. Beiden fehlt die Erfahrung eines Marko Henke und eines Sascha Kucera - in einer Saison, in der die Liga «enger» geworden sei.

Spieler mit der nötigen Erfahrung haben bislang noch nicht angebissen, als man ihnen beim SV Schwaig eine «klasse Mannschaft» und einen «Top-Trainer», jedoch kein Geld versprechen konnte. Ein junger Mann, Absolvent eines Volleyball-Internats, kam zum Probetraining, entschied sich aber für Leipzig. Ob das am Geld lag oder Leipzig die bessere Uni hat - Abteilungsleiter Hans-Peter Ehrbar weiß es nicht.

Was er hingegen weiß, ist, dass ein Hauptsponsor nach wie vor fehlt. «Mit 5000 bis 10 000 Euro wär man bei uns der Größte», sagt Teamsprecher Benjamin Kucera, der sich zurzeit mehr mit ausgefallenen Marketing-Ideen beschäftigt als mit seinem Innenarchitektur-Studium. Die üblichen Verdächtigen - Bande, Netzkante, Trikotwerbung - spielen dabei eine untergeordnete Rolle. «Dem einen hilft es, wenn wir Erfahrungsberichte über seine Trampolins schreiben», sagt Kucera, « einem anderen vielleicht, wenn ihm mit uns zehn Models für Trainingsbilder zur Verfügung stünden.»

Unterdessen hofft Kucera, dass es einen Volleyballer zwecks Studium in die Region verschlägt, der talentiert und erfahren ist und mit Herzblut spielt, auch wenn es dafür kein Geld gibt. Ein Glücksfall wie Maric, das wäre was.