"Eishockey-Gott" Markus Schwindl: Er kann nicht anders

9.4.2020, 10:21 Uhr

© FOTO: Richard Reinl

Um Schwindl zu sehen, sind sie ins Eisstadion gegangen. In Amberg, in Schweinfurt, in Nürnberg, in Deggendorf und Dingolfing. Und überall haben sie ihn ausgepfiffen, beleidigt und sich insgeheim gewünscht, dass er in ihrer Mannschaft spielte und nicht immer nur für Pegnitz. Und in Pegnitz haben sie ihn dafür geliebt, dass er dem Eislaufverein treu geblieben ist und wohl auch, dass er mehr als 500 Tore geschossen hat.

Die Geschichte von Markus Schwindl, den sie in Pegnitz Gary rufen, was Unwissende in anderen Eisstadien vermuten ließ, dieser beeindruckende Stürmer mit der Nummer 97 könnte in Ontario geboren sein und nicht in Oberfranken, diese Geschichte also, könnte von einem unerfüllten Versprechen handeln. Denn natürlich hatte Gary Schwindl das Talent für höhere Klassen als die Ober- und die Bayernliga.

Zu Beginn seiner Karriere hatte er genau das mit dem SV Bayreuth in der 2. Liga bereits bewiesen. Schwindl hat ein Gefühl für das Spiel, das sich andere in vielen Trainingseinheiten anzueignen versuchen – und dennoch daran scheitern. Er war Torjäger und Vorbereiter und immer mittendrin und am Ende wieder alleine vor dem Torhüter.

Dass er den Puck abschirmen konnte wie kein Zweiter und sich so immer wieder den Abwehrversuchen seiner Gegner widersetzte, war aber vielleicht zugleich auch der Grund, warum er bis zur Oberliga zwar alle Klassen dominierte, aber eben nur bis zur Oberliga. Schwindl hatte den Körper, um die Scheibe fürsorglich zu beschützen.

Dass sich die Fans der gegnerischen Mannschaften genau darüber lustig machten, störte ihn nicht. Er machte sich ja selbst über sich lustig. Im Eisstadion in Pegnitz hing sein großer Kopf unter einem nicht ganz so groß wirkenden Helm an der Holzbande über der Werbung für eine Gaststätte. Daneben stand: "Weil’s schmeckt."

Schwindl blieb in Pegnitz, immer wieder. Hier schoss er seine Tore, manchmal neun in einem Spiel. Hier schmeckte es ihm. Hier, in diesem hübsch-hässlichen Kunsteisstadion auf Betonstelzen, war er zu Hause. Hier ließ sich der Bürgermeister in seinem Trikot sehen. Hier bereitete er die Eisfläche auf, hier flickte er die feinen Netze der Tore. Am Abend ließ er sich an dem dicken Netz feiern, das die Fans vor den Pucks schützt.

Unvergessen bei den Fans ist bis heute, wie Schwindl in einem Bayernliga-Match gegen den Deggendorfer SC mit Thomas Greilinger einen der besten deutschen Eishockey-Cracks regelrecht an die Wand gespielt hat, so dass dieser nach dem ersten Drittel erst gar nicht mehr angetreten, sondern in der Kabine geblieben ist. Greilinger, der damals nach schweren Verletzungen kurzfristig zu seinem Heimatverein zurückgekehrt war, avancierte später zum Spieler des Jahres und zum Top-Scorer in der DEL sowie zum WM-Teilnehmer mit der Nationalmannschaft. Für Insider ist das ein Beleg, was aus Schwindl hätte werden können, wenn nur etwas intesiver trainiert hätte. 

Mittlerweile hat der Pegnitzer  seine Karriere beendet. 42 Jahre war er alt. Noch in seiner letzten Saison schimpften die Trainer der Gegner, dass es doch nicht sein könne, "dass ein Eishockey-Opa wie Schwindl ungebremst durch unsere komplette Abwehr fährt". Aber genauso war es. Genauso ist es immer noch. Gary Schwindl spielt weiterhin Eishockey in einer ambitionierten Hobbymannschaft. Er schießt weiterhin Tore. Er kann nicht anders.

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