Erlangens 365-Tage-Kletterzentrum: Das plant der DAV

15.12.2020, 06:04 Uhr
Erlangens 365-Tage-Kletterzentrum: Das plant der DAV

© Foto: Harald Sippel

Kai Lenfert klingt fast ein wenig wehmütig: „In 55 Minuten würde es losgehen." Mehr als drei Jahre hatten der Vorsitzende der Sektion Erlangen des Deutschen Alpenvereins (DAV) und sein Team auf diesen Moment hingefiebert. Am vergangenen Freitagmittag sollte es soweit sein. Die neue Sparkassen Bergwelt sollte feierlich eröffnet werden. Doch der Festakt musste abgesagt werden – Corona machte dem DAV einen Strich durch die Rechnung. Klettern ist momentan nicht möglich.

Einer Großbaustelle gleicht das Areal an der Hartmannstraße immer noch, schließlich wird an der Vierfach-Sporthalle des künftigen Bürgerbegegnungszentrum (BBGZ) noch kräftig gewerkelt. Auch die Außenanlagen des neuen Kletterzentrums werden erst 2021 fertig gestellt.

Dann sollen auch die großen Bauplanen verschwinden, die derzeit den unteren Bereich des Gebäudes verhüllen. Aus Sicherheitsgründen, erläutert DAV-Geschäftsführer Torsten Hans. Denn die Außenkletteranlage ist grundsätzlich betriebsbereit. Und solange nur Bauzäune das Areal umgeben, sollen die Hüllen unbefugte Kletterei mit all ihren Gefahren verhindern.

Zu 95 Prozent sind die Arbeiten am neuen Kletter- und Vereinszentrum des DAV laut Lenfert abgeschlossen. Am vergangenen Samstag hätte der reguläre Kletterbetrieb beginnen sollen, fürs Wochenende war ein Tag der offenen Tür geplant. "Wir machen jetzt das Beste draus, nutzen die Zeit und geben dem Ganzen noch mehr Feinschliff", tröstet er sich und hofft darauf, vielleicht im Januar loslegen zu können.

DAV plant mit 30 Mitarbeitern

Erlangens 365-Tage-Kletterzentrum: Das plant der DAV

© Foto: Harald Sippel

Etwa 30 Mitarbeiter wird der DAV beschäftigen, wenn der Betrieb laufen wird. Ein Drittel wird in der Verwaltung tätig sein, der Rest im Klettersektor. Schließlich soll die Bergwelt laut Hans an 365 Tagen im Jahr zwischen 9 und 23 Uhr geöffnet sein. Bis zu 15 Minijobber will der Verein einsetzen, um allen Sicherheitsvorschriften gerecht zu werden. Dabei profitiert man vom nahen Sportwissenschaftlichen Institut und seinen Studierenden, die im Kletterzentrum Erfahrungen sammeln und ein wenig Geld verdienen können.

160 Routen können Sportler nach der Eröffnung zunächst klettern, etwa 100 weitere sollen bald dazu kommen. "Für die Erstausstattung haben wir 15 000 Schrauben sowie knapp 10 000 Griffe und Tritte eingekauft – das ist die Grundausstattung, die noch auf knapp das Doppelte ausgeweitet werden kann", berichtet Hans, der den Bau seit 2017 als Projektleiter begleitet hat.

Auch an Spitzensport gedacht

Mindestens zweimal im Jahr sollen die Routen verändert werden, damit es auch Dauer-Klettergästen nicht langweilig wird. Das als Wachstumsprojekt angelegte Kletterzentrum "ist für die Kunden, Gäste und Mitglieder total spannend, wenn sie dann wieder neue Griffformen vorfinden", ist Hans überzeugt. Den Begriff "Trendsportart" mag er ebenso wenig wie Lenfert, da Trends kommen und gehen. Und das wird, sind beide überzeugt, beim boomenden Klettern nicht der Fall sein.

Das neue DAV-Zentrum steht für den Boom ebenso wie die nahegelegenen Boulder-Hallen in Neunkirchen/ Brand und demnächst Bubenreuth, wohin die in Dechsendorf beheimateten "Blockhelden" ziehen werden. Als Konkurrenz sehe man sich nicht, betont Lenfert. "Wir sind auf das klassische Seilklettern fokussiert, auch als Training für alpines Klettern – die Kollegen zielen ja mehr auf den Breitensport, das Bouldern ohne Seil mit deutlich weniger Aufwand."

Hoch hinauf bis auf 20 Meter

Im neuen Zentrum könne man knapp 20 Meter hoch klettern. "Wir haben bei der Gestaltung zudem Wert darauf gelegt, neben dem Breiten- auch dem Spitzensport die Ausbildung bieten können", sagt Lenfert. Damit nach der Olympia-Hoffnung Alexander Megos vielleicht wieder ein international erfolgreicher Spitzenkletterer aus der Erlanger Nachwuchsarbeit hervorgeht.

Den veranschlagten Zeit- und Kostenrahmen von 4,3 Millionen Euro hat der DAV mit seiner neuen Bergwelt eingehalten, darauf sind Hans und Lenfert stolz. Wie auf das gesamte Projekt. "Der Verein erhält jetzt eine ganz andere Perspektive", formuliert es der Vorsitzende. Schließlich verfüge er nun über eine Begegnungsstätte für alle Mitglieder des Mehrspartenvereins, die bislang fehlte.

Komplett barrierefrei

Besonders stolz sind beide Macher aber auch darauf, dass der gesamte Komplex nachhaltig und barrierefrei gebaut wurde, so dass inklusiver Sport möglich ist. Auch Rollstuhlfahrer werden in der Bergwelt klettern können. Und eher beiläufig erwähnt Lenfert noch, dass der DAV – anders als die meisten anderen Sportvereine – von Mitgliederschwund bislang kaum betroffen sei. Im Gegenteil: Im Sommer habe man vom Drang in die Natur und in die Berge profitiert.

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