Erlanger BMX-Talent und ihr Vorbild Nadja Pries

3.7.2016, 18:25 Uhr
Erlanger BMX-Talent und ihr Vorbild Nadja Pries

© Fotos: Harald Sippel

Über den Helm sagt sie immer, dass er Glück bringt. Es ist kein normaler Helm, kein durchschnittlicher gebrauchter Kopfschutz. Der Helm von Jennifer Rosenmüller hat früher einmal Nadja Pries gehört und ja, auch der Helm ist damit Vize-Weltmeister. Und irgendwann soll er es wieder werden, oder noch viel mehr.

Ganz unwahrscheinlich ist das nicht. Wobei, wenn Rosenmüller einmal zu einer WM fährt, dann möchte sie schon gerne Erste werden. Die Zwölfjährige ist ehrgeizig, aber nicht verbissen. Und sie ist überaus talentiert. Seit drei Jahren fährt sie für den RC 50 Erlangen BMX-Rennen in ihrer Altersklasse, zunächst in der Bayernliga, dann in der Bundesliga. „Aber in Deutschland habe ich mittlerweile keine Konkurrenz mehr.“ Keine Konkurrenz? „Nein, ich bin immer Erste. Die anderen freuen sich schon, wenn ich mal nicht komme.“

+++ Nadja Pries hat am Sonntag die Deutsche BMX-Meisterschaft in Berlin gewonnen. Insgesamt holte der RC 50 Erlangen neun Gold-, drei Silber- und zwei Bronzemedaillen. Auch Jennifer Rosenmüller siegte in ihrer Altersklasse.+++

Wenn Rosenmüller das sagt, klingt das keinesfalls arrogant, sondern zurückhaltend, als wäre es ihr unangenehm, es so direkt auszusprechen. Dass sie immer Erste sein will, daran lässt sie dennoch keinen Zweifel aufkommen. Auf ihrem Talent ausruhen möchte sie sich auch nicht. Stattdessen trainiert sie fast jeden Tag auf der BMX-Rennbahn in Spardorf und ist auf die Nürnberger Sportschule Bertolt Brecht gewechselt.

An normalen Tagen steht die Jugendliche um 5.30 Uhr auf, fährt mit dem Zug von Bubenreuth zur Schule. Dort trainiert sie zwei Stunden, dann beginnt der Unterricht. Anschließend geht es zurück nach Erlangen und direkt vom Bahnhof zur BMX-Strecke in Spardorf. „Wenn etwas ausfällt, dann liege ich auch mal auf der Couch.“ Oft passiert das nicht.

An den Freitagen geht es meist direkt von der Schule los zu den Wettkämpfen. Zeit für andere Hobbys hat die Zwölfjährige kaum. „Ich bin ständig weg, viele Freunde habe ich hier nicht, dafür aber meine BMX-Freunde bei den Rennen.“ Die Teilnehmer gehen selten ins Hotel, stattdessen campen sie neben der Strecke.

Begonnen hat für Jennifer Rosenmüller alles durch einen Zufall. „Mein Bruder und ich sind mit unseren normalen Fahrrädern vorbeigekommen und haben die Bahn ausprobiert.“ Allerdings dürfen nur Vereinsmitglieder darauf fahren. Also haben sich die Beiden beim RC 50 angemeldet. Ihr erstes eigenes BMX-Rad hatte Rosenmüller bereits im zweiten Jahr, nach und nach kaufte ihre Mutter die Ausrüstung zusammen. Meistens gebraucht, Jennifer ist eines von drei Geschwistern, ihre Mutter alleinerziehend.

Erlanger BMX-Talent und ihr Vorbild Nadja Pries

Spaß haben alle Rosenmüllers auf der BMX-Bahn. Bei der Zwölfjährigen hatte sich aber schnell herausgestellt, dass sich etwas entwickelt. „Ich habe mich immer wohl gefühlt. Mein erstes Rennen habe ich gleich gewonnen.“ Auch Trainer Andreas Endlein erkannte früh das Talent: „Sie hat das Zeug dazu, so gut zu werden wie ihr Vorbild.“

Das heißt Nadja Pries. Die Erlangerin hat sich für die Olympischen Spiele in Rio qualifiziert. Beide haben oft auf einer Bahn trainiert. „Ich habe mich aber nicht getraut, sie anzusprechen“, sagt Rosenmüller. Bis einmal Nadja Pries selbst auf die Nachwuchs-Fahrerin zuging. „Man sieht früh, wie jemand auf dem Rad sitzt“, sagt die 22-Jährige. „Bei Jenny sah das locker aus, ohne Angst.“ Also bot sie an, ihre Erfahrung im Einzeltraining weiterzugeben.

„Das hat mich damals sehr gefreut“, sagt Rosenmüller. Von Pries kam auch der Tipp, mehr internationale Rennen zu fahren. In der Europa League war das Erlanger Talent in der Altersklasse der Elf- und Zwölfjährigen zuletzt Dritte. „Es war mein erstes internationales Rennen“, sagt sie. Da ist sie auch zufrieden, obwohl es (noch) nicht für den ersten Platz gereicht hat. „Ich kann das einschätzen, es geht schon ernster zu dort.“ Nervös wird Rosenmüller dennoch nicht. Sie profitiert von ihrer lockeren Art, die durch ihre lässig geflochtenen Zöpfe in der Wirkung nach außen noch verstärkt wird. An diesem Wochenende startete sie bei den Deutschen Meisterschaften, dann reist sie zur Europameisterschaft.

„2015 habe ich die DM verpasst“, sagt Rosenmüller. Auf ihrer Heimbahn in Spardorf ging plötzlich der Lenker ihres Fahrrads kaputt, sie stürzte und brach sich beide Arme. Sechs Wochen musste sie pausieren. Eine lange Zeit. Das Mädchen aber ist wieder aufgestanden, hat gekämpft. „Schon wenn ich einen Tag Pause habe, freue ich mich dann wieder auf mein BMX-Rad.“ Meistens steht es nachts in ihrem Zimmer. Es ist ihr liebstes Stück, Garant für den Erfolg. Wie der Helm, der einst Nadja Pries gehörte.

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