FCN-Defensivschwäche nimmt bedrohliche Ausmaße an

6.12.2016, 17:00 Uhr
Das große Manko beim 1. FC Nürnberg scheint klar: Der Ball landet einfach zu oft im eigenen Gehäuse.

© Sportfoto Zink / DaMa Das große Manko beim 1. FC Nürnberg scheint klar: Der Ball landet einfach zu oft im eigenen Gehäuse.

Das Problem bringt den 1. FC Nürnberg schon seit dem Abstieg im Mai 2014 immer wieder mal durcheinander. Wahr ist aber auch, dass erst kürzlich, zwischen dem 30. September und dem 23. Oktober, dreimal in Folge, wie man so schön sagt, hinten die Null stand - und das auch noch gegen zumindest zwei ambitionierte Teams (Union, Karlsruhe, Hannover).

Umso schlimmer liest sich der Rest der Datensammlung. 17 Gegentore waren es nach dem sechsten, 28 Gegentore sind es seit dem vergangenen, dem 15. Spieltag. So oft mussten Raphael Schäfer und Thorsten Kirschbaum im bisherigen Rundenverlauf den Ball schon aus dem Netz fischen, im Durchschnitt also fast zweimal pro Partie. "Wir kriegen viel zu viele", betont auch Trainer Schwartz, "da muss man richtig dran arbeiten." Die Flut lässt sich nur zum Teil mit Pech erklären; insgesamt viermal fälschte ein Vordermann die Kugel unhaltbar ab, ein Eigentor (Bulthuis) und eine mit Strafstoß belohnte Schwalbe des Bochumers Eisfeld komplettieren die Schicksalsbilanz.

Das ist aber bei weitem nicht mal die halbe Wahrheit. Mittlerweile sind grobe Abwehrfehler wie vor dem 0:1 gegen Sandhausen, als Bulthuis die Angelegenheit mit einer (fürchterlich missratenen) Grätsche nahe der Seitenlinie klären wollte, eher die Regel als die Ausnahme. Auch fünf Tage zuvor in Stuttgart ließen sich die gelernten Defensivspezialisten beim 0:1 und 0:2 ausspielen wie die Schulbuben, vor dem Elfmeter für Würzburg genügte ein Steilpass, um den kompletten Block auseinanderzunehmen. Und so weiter und so fort.

Warum der 1. FC Nürnberg offensichtlich hinten nicht mehr ganz dicht ist, hat viele Gründe. Dass Zahlen allein trügerisch sein können, zeigen folgende: Die mit Abstand beste Zweikampfquote schaffte bisher Hovland. Von 179 direkten Duellen entschied er satte 116 für sich, also 64,8 Prozent. Auch die anderen aus der Nürnberger Viererkette liegen mehr oder weniger deutlich im positiven Bereich (Brecko: 55,43; Bulthuis: 53,40; Sepsi: 51,74).

Club-Abwehr nach Kontern anfällig

Leider sagt die Statistik wenig bis gar nichts aus über die Folgenschwere ihrer zahllosen Nachlässigkeiten. Vor allem Bulthuis und Sepsi, die meist den linken Flügel der Verteidigungsreihe bilden, kamen im bisherigen Rundenverlauf schon signifikant oft zu spät oder verhielten sich in der Gefahrenzone zu passiv.

Auch Brecko und Hovland sahen mitunter im Eins gegen Eins nicht besonders gut aus; der komplette Defensivblock inklusive der defensiven Mittelfeldakteure Behrens und Petrak gerät gar regelmäßig außer Kontrolle, wenn der Gegner nach Ballgewinnen zügig und mit flinken Leuten das Nürnberger Tor ansteuert oder die Kugel in hohem Tempo zirkulieren lässt.

Es fällt auf: Wenn die Kompaktheit in Nürnbergs taktischer Aufstellung verloren geht, ist es häufig schon zu spät. Gerade auf längeren Strecken lassen sich die individuellen Schnelligkeitsdefizite nicht mehr kaschieren.

Da hilft auch die ganze Erfahrung nicht mehr viel; Bulthuis ist mit seinen 26 Jahren der Jüngste da hinten, Brecko (32) der Älteste. Qualität bemisst sich jedoch an anderen Parametern. Offensivkollege Möhwald klagte nach dem 1:3 in Stuttgart und dem 1:3 in Sandhausen: "Wir kriegen unsere Gegentore viel zu einfach." Neuerdings sogar in Unterzahl.

So viele können sie vorn gar nicht schießen, wie sie hinten kassieren. Hoffnung macht höchstens die jüngere Vergangenheit: Zum vergleichbaren Zeitpunkt der vergangenen Saison hatte sich der spätere Relegationsteilnehmer auch schon 25 Gegentore eingefangen, im Jahr davor gar 26. In ähnlicher Besetzung.

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