FCN: Risiken und Nebenwirkungen der Schuldenfalle

9.10.2017, 10:00 Uhr
Schwarze Null, von wegen! Michael Meeske präsentierte am Sonntag die aktuellen Zahlen auf der Jahreshauptversammlung des 1. FC Nürnberg.

© Sportfoto Zink / DaMa Schwarze Null, von wegen! Michael Meeske präsentierte am Sonntag die aktuellen Zahlen auf der Jahreshauptversammlung des 1. FC Nürnberg.

Eigentlich ist in den vergangenen zwei Jahren nicht viel passiert. Als Meeske im September 2015 seinen Dienst antrat, drückten den FCN über 16 Millionen Euro Schulden. Weil die meisten Fußballer im damaligen Aufgebot zwar mittlerweile zweitklassig Fußball spielten, aber immer noch erstklassig verdienten, klafften Aufwand und Ertrag nicht unerheblich auseinander.

So geht das bis heute, wenn auch in abgeschwächter Form. Einige Topverdiener haben den Verein zwischenzeitlich verlassen, so dass der Kaufmännische Vorstand für das zurückliegende Geschäftsjahr sogar auf eine schwarze Null hoffen durfte. Allerdings nicht lange. Wie so oft trübten insbesondere nicht eingeplante Sonderausgaben das wirtschaftliche Gesamtbild im Nachhinein doch gewaltig ein.

Weniger Zuschauer

Die Entlassung von Trainer Alois Schwartz hat einen Haufen Geld gekostet, die vorgezogene Restrukturierung des gesamten Merchandising, auch die Insolvenz von Wöhrl, einem früheren Mäzen, zog nicht spurlos am Club vorüber. Und natürlich der spürbare Rückgang der Zuschauerzahlen; "ein hoher sechsstelliger Betrag", sagt Meeske, würde deshalb fehlen, zum Teil auch wegen ungünstiger Ansetzungen der DFL. Das kleine Derby gegen 1860 München an einem Montag, das große Derby gegen Fürth an einem Dienstag, schon sind einige Tausend weniger im Stadion.

Unter dem Strich sind die Verbindlichkeiten mal wieder gestiegen, von 17,7 auf 20,8 Millionen Euro; existenzbedrohend, sagt Meeske, seien die tiefroten Zahlen nicht, spätestens im Oktober 2018 möchte er wieder einen kleinen Gewinn ausweisen. Schließlich sind die im Sommer erzielten Transfererlöse für Stefan Kutschke (FC Ingolstadt) und Abdelhamid Sabiri (Huddersfield Town), zusammen etwa drei Millionen Euro, im laufenden Geschäftsjahr verbucht, zudem nimmt der Club wegen des neuen, deutlich lukrativeren TV-Vertrags auch etwa drei bis vier Millionen pro Saison mehr ein. Meeske spricht deshalb mit Blick auf die nächste Zeit bereits von einem "klaren Turnaround". Von einem insgesamt positiven Trend.

Das Schlimmste scheint tatsächlich überstanden. Als "mindestens schwierig" bezeichnete Meeske die Lage vor zwei Jahren, jetzt ist sie "wirtschaftlich herausfordernd". Auf Befreiungsschläge wird der eingetragene Verein aber wohl vergeblich warten, wenn nicht zeitnah der sportliche Aufstieg gelingen sollte. Oder eben die Lizenzspielerabteilung in eine Kapitalgesellschaft ausgegliedert wird. Ansonsten müsste der 1. FC Nürnberg wohl eher lang- als mittelfristig einen enormen Wettbewerbsnachteil mit sich herumschleppen. Und würde früher oder später auf dem dynamischen Wachstumsmarkt Profifußball endgültig den Anschluss verlieren.

In der Zweitklassigkeit würde die Tilgung jedenfalls Jahrzehnte dauern, mit den üblichen Risiken und Nebenwirkungen. "Das ist nicht ganz so einfach, aus dem klassischen Liga-Geschäftsbetrieb heraus", sagt Meeske, ein paar Hunderttausend pro Runde wären mit einer straffen Finanzplanung und aus eigener Kraft drin, mehr nicht. "Wir sind auf einem guten Weg", sagt Meeske dennoch, "aber wir wissen, dass der Weg auch Grenzen hat." Oder, mit anderen Worten: Der Club steckt tief in der Schuldenfalle.

Um sich daraus wieder zu befreien und die zurzeit doch arg eingeengten Handlungsspielräume der Verantwortlichen spürbar zu erweitern, müsste schon ein Wunder passieren. "Wir haben noch keinen wirklichen Plan, wie wir diese Verbindlichkeiten strukturell abbauen wollen", sagt Meeske während der Bilanzpressekonferenz, was natürlich nicht stimmt. Der Plan liegt längst in der Schublade - und soll, wenn es nach Meeske geht, im nächsten Jahr umgesetzt werden.

Auch Bochum gliedert aus

Dem Kaufmännischen Vorstand schwebt nach wie vor eine GmbH & Co. KG vor; der Verkauf von 24,9 Prozent der Anteile an ein paar Investoren könnte bis zu 20 Millionen in die Kassen spülen. Frisches Geld, mit dem künftig auch Mitbewerber VfL Bochum kalkulieren darf, nachdem am Samstag über 80 Prozent der anwesenden Mitglieder einer Umstrukturierung in eine aktienbasierte Kapitalgesellschaft zugestimmt hatten. Nicht nur in Kaiserslautern denken sie ebenfalls laut darüber nach, die Konkurrenzfähigkeit mittels kräftiger Anschubfinanzierung wieder merklich zu erhöhen.

Ob es auch am Standort Nürnberg dazu kommt, dürften wahrscheinlich schon die nächsten Monate zeigen; nur extrem sparsam zu sein, zulasten der sportlichen Erfolgsperspektive, wird wahrscheinlich nicht reichen, um der immensen Altlasten Herr zu werden, von einem nachhaltigen Vermögensaufbau ganz zu schweigen.

"Die hohe Kante", antwortete Meeske am Sonntagmittag auf eine entsprechende Frage, "haben wir in der Form nicht."

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