FCN-Trainer Weiler hat "brutale Wahrheiten" für seine Profis

15.1.2015, 06:00 Uhr
"Sorry, heute habe ich kein Leibchen für dich": Rene Weiler ist mit einigen Spielern unzufrieden.

© Sportfoto Zink "Sorry, heute habe ich kein Leibchen für dich": Rene Weiler ist mit einigen Spielern unzufrieden.

Einige seiner Wackelkandidaten forderte René Weiler gestern gleich zum Duell, beim vier gegen vier, auf zwei große Tore – und der Trainer mittendrin. Der 41-Jährige zählte zu den auffälligsten Spielern auf dem Kleinfeld.

Zumindest fiel der ehemalige Profi nicht ab, was nicht unbedingt für die Qualität der anderen spricht. Die auf maximal zwölf, 13 Mann begrenzte, obere Leistungsdichte in seinem Kader bereitet ihm Kopfzerbrechen, so ähnlich sagte Weiler das auch nach dem 0:2 beim VfB Stuttgart. Einen wirklich ernstzunehmenden Konkurrenzkampf gibt es derzeit praktisch nicht beim 1. FC Nürnberg. Das merkte man am Dienstag auch an den Wechseln in und nach der Pause.

Die vorerst Perspektivlosen nahm er erst gar nicht mit nach Stuttgart. Es fehlten unter anderem Dave Bulthuis, Cristian Ramirez, Manuel Bihr, Maximilian Dittgen oder Özgür Özdemir, Daniel Candeias kam erst ab Mitte der zweiten Halbzeit zum Einsatz. Und zeigte – herzlich wenig. Es scheint, als werde der Club gerade mal wieder von seiner umstrittenen Transferpolitik vom vergangenen Sommer eingeholt.

Aktuell hat der Trainer tatsächlich nicht viele bis eigentlich gar keine Alternativen zur Stammformation, an deren Zusammenstellung sich deshalb nicht viel ändern dürfte. Patrick Rakovsky wird beim Rückrundenstart wieder die Nummer eins sein, auch die Abwehrreihe bleibt vorerst unverändert, links hinten hat Javier Pinola "sicher gute Karten", wie Weiler sagt. Ebenfalls gesetzt sind Ondrej Petrak und Jan Polak im defensiven Mittelfeld, weiter vorn müssen sich Niclas Füllkrug, Alessandro Schöpf, Sebastian Kerk und Jakub Sylvestr nicht übertrieben um ihren Platz sorgen. An der internen Reihenfolge könnte wohl höchstens der eine oder andere Zugang rütteln, jedoch hat Weiler derzeit "nicht das Gefühl, dass in den nächsten Tagen etwas passiert". Stattdessen versucht er einfach, das ihm zur Verfügung stehende Personal von Tag zu Tag etwas besser zu machen.

"Zu sehr Individualist"

30 Berufsfußballer hat der 1. FC Nürnberg derzeit unter Vertrag, drei davon sind verliehen, immerhin fünf sind geliehen. Darunter Daniel Candeias, der seinen Vorgesetzten bislang überhaupt nicht überzeugen konnte. Dabei hat der Portugiese einiges drauf, ist schnell und kann auch mit dem Ball etwas anfangen. Leider häufig nur für sich und nicht für den Erfolg der Gruppe.

Auch wegen der sprachlichen Barriere ist ihm Candeias "zu isoliert, zu sehr Individualist, zu wenig gefährlich nach vorn", so lautet Weilers Zwischenzeugnis für den formschwachen Flügelflitzer, auch das Zusammenspiel mit seinen Kollegen bietet Weiler Anlass zu Kritik. Kurzum: So reicht es einfach nicht. Wie bei einigen anderen auch.

"Ich beurteile, was ich in meiner Zeit hier gesehen habe", sagt Weiler; also in nunmehr neun Wochen. Seit Mitte November versucht er, die individuellen Fähigkeiten auszuloten, ebenso mögliche Kombinationsvarianten. Mit der Konsequenz, dass er jetzt bei einigen den Daumen senkt. "Ich möchte noch keine definitiven Schlüsse ziehen", versichert Weiler, nach wie vor darf ihn jeder beim täglichen Üben vom Gegenteil überzeugen. Nur ist seine Geduld begrenzt; die zuletzt Aussortierten würden schon spüren, "dass sie im Moment nicht die beste Ausgangsposition haben" (Weiler).

Dass bereits am Dienstag einige zu Hause bleiben mussten, erklärt Weiler pragmatisch. "Beschäftigungstherapien für Spieler, die dann zuschauen", lehnt er grundsätzlich ab, das ergibt seiner Meinung nach einfach keinen Sinn. Entscheidungen wie vor dem Stuttgart-Spiel bezeichnet er als "non-verbale Zeichen", die ihm niemand übel nehmen müsse. "Ich werde mit den Spielern immer ehrlich sein", sagt Weiler, "ich bevorzuge im Leben allgemein lieber brutale Wahrheiten als tröstende Lügen."

Deshalb wird schon in der Vorbereitung auf die restlichen 15 Zweitliga-Partien viel und regelmäßig Klartext gesprochen. Wer sich heute ganz hinten anstellen muss, wird es auch in den nächsten Monaten schwer haben; Weiler ist gerade dabei, seinen Club auf den ergänzenden Plätzen etwas umzukrempeln.

"Ich spiele mit denen, von denen ich das Gefühl habe, dass sie als Mannschaft die Besten sind", sagt Weiler, im gestrigen Trainingsmatch holte er sich Özgür Özdemir, Maximilian Dittgen und Manuel Bihr ins Team. Den Nachwuchskräften sollte nicht viel gelingen, aber so ist das nun mal, beim Fußball. Und vor allem als Profi. "Das", findet nicht nur Ex-Profi Weiler, "ist doch ein Traumberuf." Der auch seine Schattenseiten haben kann.

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