Feuer im Tigerauge

31.10.2011, 20:27 Uhr
Feuer im Tigerauge

© Nordphoto

Tim Schüle war bereits ein gefragter Gesprächspartner, als er lediglich davon hat berichten können, wie sich so ein Spiel in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) von der Bank aus anfühlt. Neuerdings kann man dem jüngsten Verteidiger der Thomas Sabo Ice Tigers aber auch die klassische Frage des Rolf-Töpperwien-Sportjournalismus stellen: Herr Schüle, nicht nur dass Sie seit dem Trainerwechsel stets zu den auffälligsten Nürnberger Spielern zählen, nein, heute haben Sie auch noch ein Tor erzielt — wie fühlen Sie sich?

Am Sonntagabend, nach dem in der Chefloge, auf den Rängen und in der Kabine Euphorie auslösendem 6:4 gegen die Düsseldorfer EG, entgegnete Schüle dann jene Antwort, die auch Rolf Töpperwien meist zu hören bekam: „Wer die Tore macht, ist doch wirklich scheißegal – in erster Linie zählt doch die Mannschaft.“ Seinen Worten war also nicht zu entnehmen, wie er diesen Moment in der 20. Minute empfunden hatte, den beide Trainer später als spielentscheidend einstufen sollten. Aber ob seiner Mimik, seines Auftritts mit breiter Brust konnte er kaum verbergen, wie stolz er war, stolz und erleichtert.

Schüle, 21 Jahre jung, ist die Symbolfigur des zarten Aufwärtstrends bei den Ice Tigers. Unter der Führung von Andreas Brockmann sollte der Abwehrspieler mit dem angeborenen Offensivdrang sachte an das DEL-Niveau herangeführt werden. Sachte hieß vor allem, dass Schüle keine Fehler machen durfte. Nun zählt zu den Stärken von Schüles Spiel aber, dass er zugunsten von Schnelligkeit und Kreativität das Risiko eingeht, Fehler zu machen, weshalb er meist von der Bank aus dabei zusah, wie routinierte Verteidiger beim Fehler vermeiden andere Fehler machten. Seit dem Trainerwechsel ist Schüle nun ganz selbstverständlich Teil der Verteidigerrotation – zuletzt mussten TJ Kemp und der NHL-erfahrene Sven Butenschön aussetzen. Schüle aber spielte, setzte Akzente und machte keine Fehler.

Reden, reden, reden, reden

„Es ist schön, so viel Eiszeit zu bekommen. Heute hatte ich fast mehr Einsätze als in der gesamten letzten Saison“, sagte Schüle und — das meinte er wohl im Wortsinn: „Ich genieße das Vertrauen der Trainer.“ Und die neue Gesprächskultur bei den Ice Tigers. „Die Trainer reden viel mehr mit uns, loben uns, sagen aber auch ganz klar, wenn etwas nicht so gut ist.“ Das soll auch so bleiben und sich nicht als kurzfristiger Effekt des Wechsels verflüchtigen. „Wir werden einen Teufel tun und glauben, dass wir jetzt über den Berg sind“, sagt Peter Draisaitl. „Die Kommunikation wird bei uns immer ein großes Thema bleiben.“

Unabhängig vom erneut enttäuschenden 1:5 am Freitag in Wolfsburg und dem ansehnlichen 6:4 gegen die DEG hat der Trainer erfreut festgestellt, dass nicht mehr nur er selbst und sein Assistent Herbert Hohenberger kommunizieren. „Es ist schön zu sehen, dass im Training, auf dem Eis und auf der Bank endlich wieder miteinander geredet wird. Das beizubehalten, wird entscheidend sein.“ Auf Tim Schüle wird er sich dabei verlassen können — vor allem, wenn er ihn weiterhin in der Öffentlichkeit so ausdrücklich lobt wie am Sonntagabend: „Gewinnen ist Joberhalt, Verlieren tut immer weh, aber es gibt für einen Trainer nichts Schöneres, als mit Typen wie Tim Schüle und (Torhüter) Andreas Jenike zu arbeiten. Die wollen, die haben das Feuer in den Augen — das macht richtig Spaß.“

Entscheidend abgefälscht

An diesem Sonntagabend scheint es sich wieder gut angefühlt zu haben, ein Ice Tiger zu sein. Für die Szene zur Gefühlslage sorgte Tim Schüle. Das erste Drittel war beinahe Geschichte, da zog er noch einmal ab. Der Puck wurde von Düsseldorfer Schlittschuhen mit dem Ertönen der Drittelsirene zum 2:1 ins Tor abgelenkt, Schüle riss die Arme nach oben und drehte ab, selbstvergessen und glücklich.

Mehr über die Ice Tigers: http://blog.nn-online.de/7blogger/

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