„Für verrückte Amis“

18.10.2003, 00:00 Uhr
„Für verrückte Amis“

© rtr

Heute feiert der Ausdauerklassiker in Kailua-Kona an der Westküste von Big Island sein 25-jähriges Jubiläum, und diesmal sind es wie schon seit Jahren 1600 Triathleten und Triathletinnen, die die Ultra-Distanz in Angriff nehmen. Deutsche Asse wie Lothar Leder und Thomas Hellrigel, 1997 bislang der einzige deutsche Hawaii-Sieger, zählen wieder zum Favoritenkreis, aber ganz oben auf der Liste der Sieganwärter steht der Amerikaner Tim deBoom, der in den vergangenen beiden Jahren auf dem Alii-Drive als Sieger den Blumenkranz um den Hals gehängt bekam.

Der Hawaii-Ironman, also jene Tagestortour für echte Eisenmänner, faszinierte Anfang der 80er Jahre auch einen Nürnberger, der von seinem in den USA lebenden Bruder von der neuen ultimativen Herausforderung erfahren hatte. Manuel Debus, bis dahin sportlich als Springreiter aktiv, wusste spätestens nach einem Fernsehbericht 1981: „Da muss ich hin, das will ich packen.“ Doch während der Hawaii-Triathlon heute seine Starter mittels eines weltweiten, enorm prosperierenden Netzes aus 15 Qualifikationswettbewerben ermittelt, waren die Amerikaner damals an ausländischen Gästen nicht sonderlich interessiert. Die Idee war zwar geboren, aber dass dahinter auch ein großes Geschäft stecken könnte, erkannte man damals noch nicht einmal im Land der unbegrenzten Möglichkeiten.

„Die wollten sich ihren Ironman als geschlossene Veranstaltung für verrückte Amis bewahren und haben meine massenweisen Anfragen nach Informationen gar nicht beantwortet“, berichtet Debus. Irgendwann allerdings gab Valerie Silk, die damalige Ausrichterin, doch nach und schickte zwei Anmeldeformulare gen Nürnberg, mit der Bedingung, eine bayerische Fahne mitzubringen. Die wurde dann im Oktober 1982 auch tatsächlich für die ersten beiden deutschen Starter auf Hawaii gehisst: Manuel Debus und sein Freund Detlef Kühnel, der später den Ironman in Roth installierte und damit dem Triathlon-Sport in Deutschland seine bis heute wichtigste Plattform baute.

„Zwölf Stunden und ein paar Zerquetschte“, so erinnert sich Debus, habe er damals für die Schinderei gebraucht, er, der vom Typ her überhaupt kein Ausdauersportler war, nur als Jugendlicher einige Radrennen gefahren war. „Ich bin mit einer Winterjacke nach Hawaii gefahren, wir wussten überhaupt nicht, was uns erwartet“, erzählt der heute 55 Jahre alte Nürnberger, der eine Praxis für Physiotherapie betreibt. Aber der Ausdauerbazillus hatte ihn damals gepackt, und so kehrte er bis 1987 noch vier Mal als Athlet nach Hawaii zurück und weitere fünf Mal als Trainer von Ute Mückel.

Die beste Zeit, die er bei seinen fünf Starts erzielt hat, weiß er aus dem Kopf nicht mehr, aber dass der Triathlonsport sein Leben verändert, in neue Bahnen gelenkt hat, das steht für ihn fest. „In den Anfangsjahren hatten wir tolle Erlebnisse und viele Bekanntschaften haben sich zu Freundschaften entwickelt.“ So auch zum sechsmaligen Hawaii-Sieger Dave Scott, in den USA wegen seiner Aura schlicht „The Man“ genannt. „Er ist für mich trotz eines Mark Allen immer noch der Größte. Er hat eine Professionalität in den Triathlonsport gebracht, die damals bahnbrechend war“, sagt Debus über Dave Scott, dem er auch viel von seinem Wissen als Trainer verdankt.

Und heute, beim 25-jährigen Jubiläum, sitzt der Nürnberger da ab 19 Uhr vor dem Computerbildschirm und verfolgt via Internet-Live-Ticker (www.ironmanlive.com) das Rennen? „Na ja“, sagt er, „ich bin innerlich schon ein bisschen weg vom Ironman. Mich interessiert es noch, aber ich kann bis Sonntag zur Sportschau warten.“ Vom Ausdauersport hat Debus allerdings nie mehr ganz gelassen. Kürzlich war er mit Detlef Kühnel ein paar Tage im Urlaub, „und da haben wir gemeinsam ein paar nette Läufchen gemacht“. Ganz ohne Stress, einfach nur so zum Spaß. Die Zeit der harten Duelle der beiden mittelfränkischen Triathlonpioniere auf Hawaii ist längst vorbei; der brennende Ehrgeiz zweier Mitdreißiger hat sich in genießerische Gelassenheit zweier Mitfünfziger verwandelt.