Weltfußballer des Jahres

Am Ende gewinnt (meistens) Barca

18.1.2022, 15:51 Uhr
Der Beste? Robert Lewandoski hat das jetzt von einer Jury bestätigt bekommen.

© Bernd Thissen/dpa Der Beste? Robert Lewandoski hat das jetzt von einer Jury bestätigt bekommen.

Mateusz Morawiecki gab sich auf Facebook der Euphorie hin. Robert Lewandowski ist, schrieb Morawiecki, „der beste Botschafter Polens und ein Vorbild für junge Leute – und zwar nicht nur für die, die Fußball spielen.“ Morawiecki ist der Ministerpräsident Polens, der beste Botschafter des Landes aber ist Lewandowski – und der spielt: Fußball. Morawieckis Worte sagen sehr viel über die Erhöhung des Fußballs und sehr wenig über die gesellschaftspolitische Bedeutung Lewandowskis.


Der spielt aber so gut Fußball, dass ihn die Fifa am Montag zum besten Fußballer des Planeten gekürt hat, nach einer Wahl durch eine Jury, zusammengesetzt aus allen Trainern der Männer-Nationalmannschaften, deren Kapitänen, einigen Journalisten und – laut Weltverband – „den auf Fifa.com registrierten Fans“. Das sagt sehr viel über die Erhöhung des Einzelnen im Fußball und sehr wenig über den Sport an sich.

Die Mannschaft gewinnt?

Lewandowski gewann die Wahl mit 48 Stimmen vor Lionel Messi (44). Er verteidigte damit seinen Titel aus dem Vorjahr und gab sich in seiner Dankesrede staatsmännisch. Er freue sich immer über individuelle Preise, weil diese auch „bedeuteten, dass die Mannschaft gewonnen hat“, sagte Lewandowski. Er sprach damit bewusst oder unbewusst einen von einigen Punkten an, warum diese Wahl vielleicht ehrlich albern, auf jeden Fall aber maximal eine nette Spielerei ist.


Der beste Trainer, den keiner kennt: Pitso Mosimane bekam keinen Preis.

Der beste Trainer, den keiner kennt: Pitso Mosimane bekam keinen Preis. © imago sportfotodienst, NN

Es hatte ja nicht die Mannschaft Lewandowskis gewonnen, nicht der FC Bayern, nicht die polnische Nationalmannschaft. Im Mannschaftssport Fußball soll Lewandowski der Beste sein. Das lässt sich natürlich seriös so nicht bestimmen. Es ist diese Wahl deshalb immer ein Ausdruck der Heldenverehrung – von der sich offensichtlich auch Nationaltrainer und -spieler nicht frei machen können. Der letzte Spieler, der anerkanntermaßen keine allzu schillernde Figur im Weltfußball ist und die Wahl dennoch gewann, war der Kroate Luka Modric 2018.


Davor hieß der Sieger zehn Jahre lang entweder Lionel Messi oder Cristiano Ronaldo, zwei überragende Fußballspieler, aber eben längst auch globale Marken. Im Jahr nach Modric übernahm wieder Messi, dann schoss Lewandowski auch dank seiner Kollegen beim FC Bayern so viele Tore, dass es schwer fiel, ihn nicht zu wählen mit diesem begrenzten Blick auf das Spiel.

Preise nur für offensives Spektakel

Gäbe es diesen Blick nicht, es hätte mit Sicherheit Andres Iniesta diese Wahl einmal gewonnen, als er beim FC Barcelona eine Ära prägen half – mit Xavi und, dummerweise, dem alles überstrahlenden Messi. Die auch medial produzierten Superstars des Sports werden durch die Wahl in dieser Form nur weiter bestätigt in ihrem Superstar-Sein.


Und, ein weiteres Muster, es sind fast immer die, die für das offensive Spektakel auf dem Platz sorgen, die den Titel unter sich ausmachen. Der bislang einzige, ausschließlich defensiv denkende Titelträger war der italienische Weltmeister Fabio Cannavaro 2006. Cannavaro spielte damals bis zum Sommer für Juventus Turin und danach für Real Madrid. Für zwei von nur sechs Vereinen auf der Welt, die bislang einen Weltfußballer des Jahres gestellt haben. Neben Real und Juventus sind das noch der FC Bayern, die beiden Mailänder Vereine und der FC Barcelona, der am Ende fast immer gewinnt, diese Rangliste jedenfalls mit zwölf Titeln anführt.

Pitso wer?

Während dieser Eurozentrismus noch zu verstehen ist, weil der Kontinent (Englands Premier League, das ist immerhin ein guter Witz, hat noch nie den besten Spieler der Welt gestellt) seit jeher als Traumziel der besten Spieler des Planeten gilt, macht sich ein anderer Makel der Preisvergabe an der Wahl von Thomas Tuchel zum Trainer des Jahres bemerkbar. Sicher, Tuchel hat mit dem FC Chelsea die Champions League gewonnen, aber macht ihn das zu einem besseren Trainer als einen, der unter komplizierteren Umständen irgendwo auf der Welt mit einem miserablen Team einen Zweitliga-Klassenverbleib schafft?

Oder macht ihn das zu einem besseren Trainer als Pitso Mosimane? Pitso wer? Mosimane ist Südafrikaner und hat mit dem ägyptischen Klub Al Ahly aus Kairo gerade innerhalb von nur acht Monaten zweimal die afrikanische Champions League gewonnen. Mosimane hat noch nicht einmal einen deutschsprachigen Wikipedia-Eintrag und wurde bei der Kür der Welttrainer sehr gekonnt ignoriert. Das Magazin 11 Freunde hat ihn gerade zum „weltbesten Trainer, den niemand kennt“ gekürt.
Eine schöne Wahl.

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