Hans Meyer: "Club ist nur sehr schwer zu schlagen"

22.9.2011, 06:58 Uhr
Hans Meyer:

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Herr Meyer, sind Sie schon ein bisschen unruhig?

Meyer: Warum sollte ich es sein?

Nun, am Samstag spielt Mönchengladbach gegen Nürnberg. Für beide Vereine haben Sie sehr erfolgreich gearbeitet. Insgesamt über sieben Jahre, die...

Meyer: Ich war  auch in Enschede und Jena sehr gerne Trainer. Aber ich denke, dass ich grundsätzlich nicht ganz normal war.

Nicht ganz normal?

Meyer: Ich war auf der Bank angespannt, wollte natürlich auch den Sieg, aber mit normalen Empfindungen. Vergleichsweise emotionslos. So ist das auch heute noch.

Emotionslos? Sie?

Meyer: Ich habe zumindest stets versucht, eine gewisse Distanz zu wahren.

Aber einige Ihrer Wutausbrüche an der Seitenlinie sind doch schon fast legendär, wie der damals in Aachen.

Meyer: Aachen?

Ihr Club hätte 7:0 oder 8:0 führen müssen, kassierte aber in der letzten Minute und in  Überzahl das 1:1. Die arme Wasserflasche. Und von ihrer Frisur war auch nicht mehr viel übrig.

Meyer: Stimmt, ich erinnere mich. Ähnlich lief es 1973 im Pokal. Wir führten mit Jena bis zur 88. Minute 4:0 gegen Rostock, Endstand 4:1, okay. Im Rückspiel hieß es nach 70 Minuten 0:0. Endstand 3:0 für Rostock. Wir waren draußen. Und ich hätte mich am liebsten eingegraben. Was ich damit sagen will: Es gibt Wichtigeres als Fußball.

Trotzdem werden Sie derzeit gerne auf die obere Tabellenhälfte blicken: Mönchengladbach ist Dritter, der Club Achter. Welcher Verein hat Sie zuletzt mehr überrascht?

Meyer: Beide Mannschaften machen es ausgezeichnet. Nach dem erneuten Umbruch im Sommer ist die Nürnberger Leistung für mich noch überraschender als der Erfolgslauf meiner Borussia.

Vielleicht auch, weil die Borussia seit 2009 einen zweistelligen Millionenbetrag in neues Personal stecken konnte?

Meyer: Einen Vergleich würde ich so nicht ziehen wollen. Aber es stimmt schon, Gladbach scheint über mehrere Jahre den wirtschaftlich  besseren Weg gegangen zu sein.

Wie meinen Sie das?

Meyer: Die Vermarktung ist höchst professionell. Die Eigenverantwortung ohne dazwischen geschalteten Vermarkter wie in Nürnberg wurde richtig gut ausgenutzt.



Sind Sie auch deshalb seit ein paar Monaten endlich Präsidiumsmitglied bei Borussia? Wie man hört, war man schon seit drei Jahren hinter Ihnen her.

Meyer: Das Theater im Sommer (Putschversuch von Stefan Effenberg und seiner Mannschaft, d. Red.) hat mich auch ein wenig motiviert, dort mitzumachen. Nur  einiges lief sachlich ab, eine Menge unüberlegt und unqualifiziert.

Hat Ihre Entscheidung für die Borussia auch ein bisschen mit Liebe zu tun?

Meyer: So etwas höre ich nicht gerne, aber ich habe eine besondere Beziehung zu Borussia, das schon. Als ich im September 1999 in Mönchengladbach anfing, lag der Verein am Boden. Null Punkte nach drei Spielen, und mein Einstand ging ebenfalls fürchterlich in die Hose. Daheim gegen Aachen,1:2.  Und jetzt schätzen Sie mal, wie viele Gladbach-Fans eine Woche später mit nach St. Pauli gefahren sind?

Hmmm, vielleicht 800? 1000?

Meyer: 4000! Obwohl wir Letzter in der 2. Liga waren. Seit den 70er Jahren ist dieser Verein einfach so unglaublich populär. Aber natürlich hat auch der Club Fans auf der ganzen Welt.

Die wieder viel Spaß haben an ihrer Elf, seit Dieter Hecking Trainer ist in Nürnberg. Erläutern Sie uns kurz sein Erfolgsgeheimnis.

Meyer: Er hat wieder Ordnung reingebracht, die Basis für mittlerweile fast zwei fantastische Jahre. Das ist alles sensationeller, als es draußen ankommt. Wie Dieter vor allem gegen den Ball spielen lässt, macht Nürnberg zu einem unbequemen Gegner. Für jede Mannschaft. Und sie sind weiter als vor einem Jahr. Das habe ich schon nach dem Test gegen Amsterdam gesagt. Der Club ist nur sehr schwer zu schlagen.

Auch für Borussia?

Meyer: Natürlich, trotz der großartigen Serie. Aber ich hoffe natürlich, dass wir gewinnen.

Wir?

Meyer: Ich bin im Präsidium, da kann ich doch nicht mehr neutral sein. Aber nochmal: Es ist alles möglich.

Wie überhaupt in der Liga?

Meyer: Es gibt nicht mehr so viele Überraschungen wie noch vor einem Jahr. Als ein Thomas Tuchel mit Mainz, ein Robin Dutt mit Freiburg und ein Dieter Hecking mit Nürnberg plötzlich viel weiter oben mitmischten als erwartet. Das war schon richtig stark.

Also vor allem jüngere Trainer. Nervt Sie die Generationen-Diskussion nicht manchmal?

Meyer: Das ist so weltfremd. Lucien Favre, der zurecht gelobt wird, ist 53. Und wer steht ganz oben? Jupp Heynckes mit seinen 66 Jahren. Die Erfahrung spielt schon auch noch eine große Rolle.

Also wird es eines Tages wieder den Trainer Hans Meyer geben?

Meyer: Das Thema ist doch seit zwei Jahren durch. Eigentlich wollte ich schon nach Nürnberg aufhören. Mönchengladbach (2008/2009, d. Red.) war nur noch eine Zugabe. Und jetzt mache ich mich eben mal in einem Präsidium nützlich.

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