"Harli" und sein Glück im neuen Basketball-Biotop

2.1.2012, 07:00 Uhr

© Mühling

Bundesliga-Basketball in Nürnberg ohne Stephan Harlander - man hat lange Zeit gedacht, das sei ein Ding der Unmöglichkeit. Aber vielleicht war gerade das die Triebfeder des Neuanfangs: Basketball ohne solch alte Kämpen, ohne diesen Stallgeruch der DJK Falke Nürnberg, der selbst in den beiden Erstligajahren, als die Mannschaft Sellbytell Baskets hieß, durch die Halle am Berliner Platz und später durch die Arena waberte.

2007, nach einem zähen Rechtsstreit mit den Brose Baskets Bamberg, die damals meinten, die Richtung im Nürnberger Basketball vorgeben zu können, ist Harlander von der Nürnberger Bühne abgetreten. Und während der ebenso hitzige wie charismatische Querkopf sich leicht angesäuert zurückzog, wuchs beim Nürnberger BC ein neues Basketball-Pflänzchen heran, das inzwischen immerhin wieder zweitklassig in der ProA spielt.

Und „Harli“ Harlander? Der war eigentlich nie wirklich weg vom Basketballsport, nur hatte er sich von Nürnberg sozusagen in die Provinz begeben, zum VfL Treuchtlingen, der damals, vor gut vier Jahren, in der Oberliga spielte. Dort, 15 Kilometer südlich von Weißenburg, fand Harlander ein ähnliches Basketball-Biotop vor, wie er es als Junge aus einfachen Verhältnissen bei der DJK Falke unter dem damaligen Abteilungsleiter Fritz Böhme schätzen gelernt hatte.

Was Böhme für die „Falken“ war, das ist in Treuchtlingen Josef Ferschl für die VfL-Basketballer. „Das war damals nach all dem Ärger um meine unschöne Kündigung ein Glücksfall für mich“, erinnert sich Harlander, der das Angebot Ferschls gerne annahm – und zunächst sogar unentgeltlich den Trainer gab. „Ich hatte ja mit den Bambergern noch einen Vertrag – auch wenn die meinten, man könne den einfach so ignorieren“, erzählt Stephan Harlander und zieht sich dabei wie zur Unterstreichung seines immer noch vorhandenen Ärgers kurz das T-Shirt von der Brust – eine Geste, die man früher schon auf dem Spielfeld von ihm gesehen hat, wenn er einem Gegner wieder einmal zeigen wollte, wo der Barthel den Most holt. Harlander sagt, das sei alles Vergangenheit, es belaste ihn nicht mehr, dass er damals einen nicht angemessenen Abgang von der Nürnberger Bühne hatte; und er habe die Erkenntnis daraus gezogen, dass er fachlich als Coach sehr wohl bundesligatauglich gewesen war. „Es gibt aber Eigenschaften, die mir dafür fehlen“, sagt er: „Ich kann mich einfach nicht verstellen.“

Das Herz auf der Zunge

Harlander meint damit eigentlich eher „verbiegen“, denn egal, ob ein Vorgesetzter Dirk Bauermann oder Wolfgang Heyder heißen mag, „Harli“ hat sein Herz meist auf der Zunge getragen. Diplomatie war seine Stärke nie, und wenn er es denn damit versuchte, hat man ihm meist angesehen, wie verkrampft er war.

In Treuchtlingen fand der erklärte Sozialromantiker Harlander ein Betätigungsfeld, das ihn als Basketballtrainer vor eine neue Aufgabe stellte: Ein Team zu formen aus lauter jungen, netten Sportlern, die für den oft schon in den unteren Klassen hitzigen Spielbetrieb eigentlich viel zu nett waren. „Wie weit kann man mit einem reinen Amateurverein kommen, wenn man die Trainingsarbeit professionell betreibt?“ Das war und ist die Frage, die Ferschl und Harlander reizt. Der Aufschwung ist unverkennbar. Seit Januar 2009 ist Harlander, der am 6. Januar 43 Jahre alt wird, hauptamtlicher Trainer der VfL-Basketballer und unterrichtet außerdem in der Treuchtlinger Senefelder-Gesamtschule Mathematik und Sport.

Drei Mannschaften betreut er insgesamt, und mit dem ersten Team des VfL ist er von der Oberliga erst in die 2. Regionalliga, dann sogar in die 1. Regionalliga aufgestiegen. In der vierthöchsten Klasse sind „Harlis“ Buben derzeit Vorletzter, was den Trainer vermutlich weniger stört als die Spieler. „Zum Gewinnen gehört das Verlieren. Ich will, dass wir uns als Mannschaft verbessern, und das ist nicht nur am Tabellenstand abzulesen“, sagt Harlander.

Ein bisschen wie früher

Ebenfalls nicht am Tabellenstand abzulesen ist die soziale Komponente. Das gemeinsame Kuchenbüfett vor den Spielen, die vielen VfL-Fußballer, die inzwischen bei den Basketballern zuschauen und die Bindung der Familien an das Team. „Wir haben keine bezahlten Spieler“, sagt Harlander, „und nur zwei Ausländer.“ Der eine ist der Sohn eines italienischen, der andere der Sohn eines griechischen Gastwirts. Beide sind in Deutschland geboren. „Es ist alles ein bisschen wie früher“, sagt der Nürnberger und blickt sich auch sichtlich stolz in seinem schmucken, neuen Haus in der Ketteler Siedlung um.

Und wer meint, er verkaufe sich in Treuchtlingen in seiner Qualität als Trainer unter Wert, der solle das ruhig tun. „Das“, sagt „Harli“, „ist mir dann eben wurscht.“ Hart, aber herzlich – so wie früher.

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