Nach Rowes Wutrede

Fünf Probleme der Ice Tigers und wie sie zu lösen sind

Sebastian Böhm

Sportredaktion

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12.12.2022, 18:03 Uhr
" Aber irgendwann ist Schluss": Tom Rowe schlägt einen anderen Ton an. 

© Thomas Hahn, Sportfoto Zink " Aber irgendwann ist Schluss": Tom Rowe schlägt einen anderen Ton an. 

Die Jugend: Danjo Leonhardt wurde schon vor seinem Wechsel nach Nürnberg zum Nationalspieler. Tim Fleischer und Julius Karrer wurden zum Deutschland Cup berufen. Roman Kechter vertritt Deutschland bei der U20-WM in Kanada. Es schien, als sollte es sich auszahlen, jungen Spielern in Nürnberg nicht nur Eiszeit bieten, sondern auch Verantwortung zu übertragen. „Ich weiß, dass jeder begeistert ist von unseren jungen Spielern“, sagte Tom Rowe nun am Sonntag. „Aber diese jungen Spieler müssen anfangen, Tore zu schießen.“ Leonhardt, Fleischer, Lobach, Karrer und Kechter haben jeweils erst einmal getroffen. „Sie können rumsitzen und sich bemitleiden, sagen, dass sie zu wenig Eiszeit bekommen, was Bullshit ist. Sie bekommen genug Eiszeit, um abzuliefern. Genau das müssen sie jetzt machen.“ So ist es. Nur gilt das auch für die Führungsebene. Talenten Eiszeit zu geben, ist ein guter Anfang. Jetzt erst zeigt sich, wie konsequent man bereit ist, diese Mannschaft an Erfahrungen wachsen zu lassen.

Harte Zeiten: Auch Danjo Leonhardt kann sich derzeit kaum konstruktiv einbringen. 

Harte Zeiten: Auch Danjo Leonhardt kann sich derzeit kaum konstruktiv einbringen.  © Sportfoto Zink / Thomas Hahn, Sportfoto Zink / ThHa

Die Erwartungen: Im Oktober 2021 kam Tom Rowe nach Nürnberg, seitdem sind die Ice Tigers eine Playoff-Mannschaft - gefühlt, statistisch und tatsächlich. Dass er selbst nach dem Aus gegen Düsseldorf von der Meisterschaft in den kommenden drei Jahren sprach, war überraschend, aber eigentlich konsequent. Dass sich Stefan Ustorf auf dem Transfermarkt zurückhalten musste, war wiederum aufgrund der kaum kalkulierbaren Kostenexplosion nachvollziehbar. Rowe sprach trotzdem noch von einem Platz unter den ersten Sechs. Dazu fehlen den Ice Tigers derzeit 0,27 Punkte pro Spiel. Möglich ist immer noch alles. Der Vorsprung auf einen möglichen Abstiegsplatz ist aber geringer (0,25). Die Ice Tigers brauchen Punkte, am Mittwoch in Mannheim und am Freitag (jeweils 19.30 Uhr/MagentaSport) in Straubing ist das nicht realistisch. Die Ice Tigers werden sich mit den Gefahren auseinandersetzen müssen - und sollten diese allmählich auch so formulieren.

Warum nicht Meister? So feierte Tom Rowe im Frühjahr noch mit den Fans. 

Warum nicht Meister? So feierte Tom Rowe im Frühjahr noch mit den Fans.  © Thomas Hahn, Sportfoto Zink

Die Stimmung: „Manchmal kommt man hier an und es fühlt sich wie eine verdammte Party an.“ Von den vielen harten Sätzen Tom Rowes war dieser der überraschendste. Denn gerade die Arbeitsatmosphäre galt immer als Standortvorteil. Patrick Reimer schwärmte kürzlich noch vom Zusammenhalt. Aber offenbar schadet die Wohlfühlatmosphäre den Leistungen auf dem Eis. Das wird sich ändern. Das Lachen wird erst mit den Siegen zurückkehren.

Könnte besser sein: Die Tage der Wohlfühloase sind erst einmal vorbei. 

Könnte besser sein: Die Tage der Wohlfühloase sind erst einmal vorbei.  © Sportfoto Zink / Thomas Hahn, Sportfoto Zink / ThHa

Die Torhüter: Niklas Treutle ist der Stolz der Eishockeystadt Nürnberg: Noch im Lindestadion lernte er das Schlittschuh laufen, danach wurde er zum DEL-Torhüter, zum Nationaltorhüter, zum NHL-Torhüter, zum immer freundlichen, unterhaltsamen und selbstkritischen Publikumsliebling. Vielleicht hat es auch deshalb so lange gedauert, bis Tom Rowe feststellte, dass „Turtle schon eine ganze Zeit lang nicht besonders gut“ gewesen sei. Die Torhüterleistungen nannte er „fürchterlich“. Das bestätigt die Statistik: Im Vergleich zum Durchschnittstorhüter der DEL schneiden sowohl Treutle als auch Leon Hungerecker verheerend ab. Der 31-Jährige wird sich steigern müssen, die Ice Tigers hätten noch eine Lizenz für einen Importtorhüter frei.

Abgang: Auch Niklas Treutle verließ das Eis enttäuscht. 

Abgang: Auch Niklas Treutle verließ das Eis enttäuscht.  © Sportfoto Zink / Thomas Hahn, Sportfoto Zink / ThHa

Der Trainer: Souverän, offen, ehrlich, freundlich, authentisch – Tom Rowe selbst sprach häufig von seiner Wandlung von einem Trainerdinosaurier zu einer modernen Führungskraft. So wandelte er auch den Eishockeystandort Nürnberg und wurde dafür von allen Seiten gelobt. In der Vorbereitung aber brach einmal bereits der alte Rowe durch und seine Wutrede am Sonntag war auch nicht die erste in dieser Saison. Dass die Ice Tigers weiterhin die schlechtesten Unter- und Überzahlformationen der Liga stellen, ist nicht allein das Problem der Spieler. Zudem gab Rowe jungen Spielern zwar weiterhin viel Eiszeit, der 66-Jährige mischt routiniert und talentiert aber nicht mehr. Seine Wut galt sicher auch ihm selbst. Um die Mannschaft nach diesen harten Worten wieder hinter sich zu versammeln, wird er die Hilfe von Co-Trainer Manuel Kofler und Kapitän Reimer brauchen. Überstehen die Ice Tigers diese Krise gemeinsam werden sie besser als zuvor sein.

Auch gefragt: Manuel Kofler könnte zwischen Mannschaft und Cheftrainer vermitteln. 

Auch gefragt: Manuel Kofler könnte zwischen Mannschaft und Cheftrainer vermitteln.  © Sportfoto Zink / Thomas Hahn, Sportfoto Zink / ThHa

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